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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Fünfftes Buch.
auß der Geißhaut kommen liesse/ der durch seinen
Dieb dergestalt tribulirte/ daß er das gesiolene Cut
wieder in eigener Person an seine Gehörde liefern
muste/ deßwegen der Hexenmeister dann 10. Reichs-
thaler zur Verehrung bekam.

Diesen Schwartzkünstler hätte ich gern gesehen/
und mit ihm conferirt/ es mochte aber/ wie ich dar-
vor hielte/ ohne Schmälerung meines Ansehens
(dann ich dünckte mich damals keine Sau seyn) nit
geschehen/ derhalben stellte ich meinen Knecht an/
mit ihm denselben Abend zu sauffen/ weil ich vernom-
men/ daß er ein Außbund eines Weinbeissers seyn
solte/ umb zu sehen/ ob ich vielleicht hierdurch mit ihm
in Kundschafft kommen möchte/ dann es wurden mir
so viel seltzame Sachen von ihm erzehlt/ die ich nit
glauben konte/ ich hätte sie dann selbst von ihm ver-
nommen; ich verkleidete mich wie ein Landfahrer/
der Salben feil hat/ setzte mich zu ihm an Tisch/ und
wolte vernehmen/ ob er errathen/ oder ihm der Teuf-
fel eingeben wurde/ wer ich wäre? aber ich konte nit
das geringste an ihm spüren/ dann er soff immer hin/
und hielte mich vor einen/ wie me[i]ne Kleider anzeig-
ten/ also daß er mir auch etliche Gläser zubrachte/
und doch meinen Knecht höher als mich respectirte/
demselben erzehlte er vertraulich/ wann der jenige so
den Schweitzer bestolen/ nur das geringste darvon
in ein fliessend Wasser geworffen/ und also dem ley-
digen Teuffel auch Partem geben hätte/ so wäre un-
müglich gewesen/ weder den Dieb zu nennen/ nvch
das verlorne wieder zur Hand zu bringen.

Diese närrische Possen hörte ich an/ und verwun-
dert mich/ daß der heimtückische und tausendlistige

Feind

Fuͤnfftes Buch.
auß der Geißhaut kommen lieſſe/ der durch ſeinen
Dieb dergeſtalt tribulirte/ daß er das geſiolene Cut
wieder in eigener Perſon an ſeine Gehoͤrde liefern
muſte/ deßwegen der Hexenmeiſter dann 10. Reichs-
thaler zur Verehrung bekam.

Dieſen Schwartzkuͤnſtler haͤtte ich gern geſehen/
und mit ihm conferirt/ es mochte aber/ wie ich dar-
vor hielte/ ohne Schmaͤlerung meines Anſehens
(dann ich duͤnckte mich damals keine Sau ſeyn) nit
geſchehen/ derhalben ſtellte ich meinen Knecht an/
mit ihm denſelben Abend zu ſauffen/ weil ich vernom-
men/ daß er ein Außbund eines Weinbeiſſers ſeyn
ſolte/ umb zu ſehen/ ob ich vielleicht hierdurch mit ihm
in Kundſchafft kommen moͤchte/ dann es wurden mir
ſo viel ſeltzame Sachen von ihm erzehlt/ die ich nit
glauben konte/ ich haͤtte ſie dann ſelbſt von ihm ver-
nommen; ich verkleidete mich wie ein Landfahrer/
der Salben feil hat/ ſetzte mich zu ihm an Tiſch/ und
wolte vernehmen/ ob er erꝛathen/ oder ihm der Teuf-
fel eingeben wurde/ wer ich waͤre? aber ich konte nit
das geringſte an ihm ſpuͤren/ dann er ſoff immer hin/
und hielte mich vor einen/ wie me[i]ne Kleider anzeig-
ten/ alſo daß er mir auch etliche Glaͤſer zubrachte/
und doch meinen Knecht hoͤher als mich reſpectirte/
demſelben erzehlte er vertraulich/ wann der jenige ſo
den Schweitzer beſtolen/ nur das geringſte darvon
in ein flieſſend Waſſer geworffen/ und alſo dem ley-
digen Teuffel auch Partem geben haͤtte/ ſo waͤre un-
muͤglich geweſen/ weder den Dieb zu nennen/ nvch
das verlorne wieder zur Hand zu bringen.

Dieſe naͤrꝛiſche Poſſen hoͤrte ich an/ und verwun-
dert mich/ daß der heimtuͤckiſche und tauſendliſtige

Feind
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[521/0527] Fuͤnfftes Buch. auß der Geißhaut kommen lieſſe/ der durch ſeinen Dieb dergeſtalt tribulirte/ daß er das geſiolene Cut wieder in eigener Perſon an ſeine Gehoͤrde liefern muſte/ deßwegen der Hexenmeiſter dann 10. Reichs- thaler zur Verehrung bekam. Dieſen Schwartzkuͤnſtler haͤtte ich gern geſehen/ und mit ihm conferirt/ es mochte aber/ wie ich dar- vor hielte/ ohne Schmaͤlerung meines Anſehens (dann ich duͤnckte mich damals keine Sau ſeyn) nit geſchehen/ derhalben ſtellte ich meinen Knecht an/ mit ihm denſelben Abend zu ſauffen/ weil ich vernom- men/ daß er ein Außbund eines Weinbeiſſers ſeyn ſolte/ umb zu ſehen/ ob ich vielleicht hierdurch mit ihm in Kundſchafft kommen moͤchte/ dann es wurden mir ſo viel ſeltzame Sachen von ihm erzehlt/ die ich nit glauben konte/ ich haͤtte ſie dann ſelbſt von ihm ver- nommen; ich verkleidete mich wie ein Landfahrer/ der Salben feil hat/ ſetzte mich zu ihm an Tiſch/ und wolte vernehmen/ ob er erꝛathen/ oder ihm der Teuf- fel eingeben wurde/ wer ich waͤre? aber ich konte nit das geringſte an ihm ſpuͤren/ dann er ſoff immer hin/ und hielte mich vor einen/ wie meine Kleider anzeig- ten/ alſo daß er mir auch etliche Glaͤſer zubrachte/ und doch meinen Knecht hoͤher als mich reſpectirte/ demſelben erzehlte er vertraulich/ wann der jenige ſo den Schweitzer beſtolen/ nur das geringſte darvon in ein flieſſend Waſſer geworffen/ und alſo dem ley- digen Teuffel auch Partem geben haͤtte/ ſo waͤre un- muͤglich geweſen/ weder den Dieb zu nennen/ nvch das verlorne wieder zur Hand zu bringen. Dieſe naͤrꝛiſche Poſſen hoͤrte ich an/ und verwun- dert mich/ daß der heimtuͤckiſche und tauſendliſtige Feind

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 521. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/527>, abgerufen am 25.11.2024.