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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Deß Abentheurl. Simplicissimi
zu entsetzen nit vermöcht haben: Weil denn nun deß-
wegen hin und wieder vor aller Welt sehr ungleich
geredt wird/ zumalen wol-ermeldter Graf/ sich zu
verantworten/ nach Wien citirt worden/ so lebe ich
beydes vor Scham und Forcht/ freywillig in dieser
Nidere/ und wünsche mir offt/ entweder in diesem
Elend zu sterben/ oder doch wenigst mich so lang ver-
borgen zu halten/ biß mehr-wolbesagter Graf seine
Unschuld an Tag gebracht/ dann so viel ich weiß/ ist
er dem Röm. Käiser allezeit getreu gewesen/ daß er
aber diesen verwichenen Sommer so gar kein Glück
gehabt/ ist meines Erachtens mehr der Göttlichen
Vorsehung (als welcher die Siege gibt wem er will)
als deß Grafen Ubersehen beyzumessen.

Da wir Breysach zu entsetzen im Werck waren/
und ich sahe/ daß es unser seits so schläfferig hergieng/
armirte ich mich selbst/ und gieng dergestalt auff die
Schiffbrücke mit an/ als ob ichs allein hätte vollen-
den wollen/ da es doch damals weder mein Profession
noch Schuldigkeit war; Jch thäts aber den andern
zum Exempel/ und weil wir den vergangenen Som-
mer so gar nichts außgericht hatten/ das Glück/ oder
vielmehr das Unglück wolte mir/ daß ich unter den
ersten Angängern dem Feind auch am ersten auff der
Brücken das Weiß in Augen sahe/ da es denn scharff
her gieng/ und gleich wie ich im Angriff der erste ge-
wesen/ also wurde ich/ da wir der Frantzosen unge-
stümmem Ansetzen nicht mehr widerstunden/ der aller-
letzte/ und kam dem Feind am ersten in die Hände:
ich empfieng zugleich einen Schuß in meinen rechten
Arm/ und den andern in Schenckel/ also daß ich we-
der außreissen/ noch meinen Degen mehr gebranchen

konte/

Deß Abentheurl. Simpliciſſimi
zu entſetzen nit vermoͤcht haben: Weil denn nun deß-
wegen hin und wieder vor aller Welt ſehr ungleich
geredt wird/ zumalen wol-ermeldter Graf/ ſich zu
verantwoꝛten/ nach Wien citirt worden/ ſo lebe ich
beydes vor Scham und Forcht/ freywillig in dieſer
Nidere/ und wuͤnſche mir offt/ entweder in dieſem
Elend zu ſterben/ oder doch wenigſt mich ſo lang ver-
borgen zu halten/ biß mehr-wolbeſagter Graf ſeine
Unſchuld an Tag gebracht/ dann ſo viel ich weiß/ iſt
er dem Roͤm. Kaͤiſer allezeit getreu geweſen/ daß er
aber dieſen verwichenen Sommer ſo gar kein Gluͤck
gehabt/ iſt meines Erachtens mehr der Goͤttlichen
Vorſehung (als welcher die Siege gibt wem er will)
als deß Grafen Uberſehen beyzumeſſen.

Da wir Breyſach zu entſetzen im Werck waren/
und ich ſahe/ daß es unſer ſeits ſo ſchlaͤfferig hergieng/
armirte ich mich ſelbſt/ und gieng dergeſtalt auff die
Schiffbruͤcke mit an/ als ob ichs allein haͤtte vollen-
den wollen/ da es doch damals weder mein Profeſſion
noch Schuldigkeit war; Jch thaͤts aber den andern
zum Exempel/ und weil wir den vergangenen Som-
mer ſo gar nichts außgericht hatten/ das Gluͤck/ oder
vielmehr das Ungluͤck wolte mir/ daß ich unter den
erſten Angaͤngern dem Feind auch am erſten auff der
Bruͤcken das Weiß in Augen ſahe/ da es denn ſcharff
her gieng/ und gleich wie ich im Angriff der erſte ge-
weſen/ alſo wurde ich/ da wir der Frantzoſen unge-
ſtuͤm̃em Anſetzen nicht mehr widerſtunden/ der aller-
letzte/ und kam dem Feind am erſten in die Haͤnde:
ich empfieng zugleich einen Schuß in meinen rechten
Arm/ und den andern in Schenckel/ alſo daß ich we-
der außreiſſen/ noch meinen Degen mehr gebranchen

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[490/0496] Deß Abentheurl. Simpliciſſimi zu entſetzen nit vermoͤcht haben: Weil denn nun deß- wegen hin und wieder vor aller Welt ſehr ungleich geredt wird/ zumalen wol-ermeldter Graf/ ſich zu verantwoꝛten/ nach Wien citirt worden/ ſo lebe ich beydes vor Scham und Forcht/ freywillig in dieſer Nidere/ und wuͤnſche mir offt/ entweder in dieſem Elend zu ſterben/ oder doch wenigſt mich ſo lang ver- borgen zu halten/ biß mehr-wolbeſagter Graf ſeine Unſchuld an Tag gebracht/ dann ſo viel ich weiß/ iſt er dem Roͤm. Kaͤiſer allezeit getreu geweſen/ daß er aber dieſen verwichenen Sommer ſo gar kein Gluͤck gehabt/ iſt meines Erachtens mehr der Goͤttlichen Vorſehung (als welcher die Siege gibt wem er will) als deß Grafen Uberſehen beyzumeſſen. Da wir Breyſach zu entſetzen im Werck waren/ und ich ſahe/ daß es unſer ſeits ſo ſchlaͤfferig hergieng/ armirte ich mich ſelbſt/ und gieng dergeſtalt auff die Schiffbruͤcke mit an/ als ob ichs allein haͤtte vollen- den wollen/ da es doch damals weder mein Profeſſion noch Schuldigkeit war; Jch thaͤts aber den andern zum Exempel/ und weil wir den vergangenen Som- mer ſo gar nichts außgericht hatten/ das Gluͤck/ oder vielmehr das Ungluͤck wolte mir/ daß ich unter den erſten Angaͤngern dem Feind auch am erſten auff der Bruͤcken das Weiß in Augen ſahe/ da es denn ſcharff her gieng/ und gleich wie ich im Angriff der erſte ge- weſen/ alſo wurde ich/ da wir der Frantzoſen unge- ſtuͤm̃em Anſetzen nicht mehr widerſtunden/ der aller- letzte/ und kam dem Feind am erſten in die Haͤnde: ich empfieng zugleich einen Schuß in meinen rechten Arm/ und den andern in Schenckel/ alſo daß ich we- der außreiſſen/ noch meinen Degen mehr gebranchen konte/

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 490. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/496>, abgerufen am 25.11.2024.