Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

Bild:
<< vorherige Seite

Deß Abentheurl. Simplicissimi
von einem Corporal mit noch sechs andern Kerlen/
die uns auffheben sollen/ überfallen worden/ dadurch
mein Camerad mit noch sechsen vom Gegentheil auff
dem Platz geblieben/ der fiebend aber so wol als ich/
und zwar jeder zu seiner Partey/ entloffen seye; von
dem aber/ daß ich nacher L. in Westphalen zu mei-
nem Weib gewolt/ und daß ich zwey so wolgesütterte
Hinder- und Vorderstück an hatte/ schwieg ich stock-
still/ und zwar so machte ich mir auch kein Gewissen
darumb/ daß ichs verhelete/ dann was giengs ihn an?
Er fragte mich auch nit einmal darumb/ sondern ver-
wunderte sich vielmehr/ und wolts fast nit glauben/
daß ich und Olivier solten 6 Mann nider gemacht/
und den siebenden verjagt haben/ ob zwar mein Ca-
merad mit eingebüst. Mit solchem Gespräch gabs
Gelegenheit von Oliviers Schwerd zu reden/ so ich
lobte/ und an der Seiten hatte/ das gefiel ihm so wol/
daß ichs ihm/ wolte ich anders mit guter Manier
von ihm kommen/ und Paß erlangen/ gegen einem
andern Degen/ den er mir gab/ überlassen musie; in
Warheit aber/ so war dasselbe trefflich schön und
gut/ es war ein gantzer ewigwährender Calender da-
rauff geetzet/ und lasse ich mir nicht außreden/ daß es
nicht in Hora Martis von Vulcano selbst geschmidet/
und allerdings zugerichtet worden seye/ wie im Hel-
denschatz eins beschrieben wird/ worvon alle andere
Klingen entzwey springen/ und die behertzteste Feinde
und Löwen-Gemüter/ wie forchtsame Hasen entlauf-
fen müssen. Nachdem er mich nun entliesse/ und be-
fohlen/ einen Paß vor mich zu schreiben/ gienge ich
den nächsten Weg ins Wirthshauß/ und wuste nit/
ob ich am ersten schlaffen oder essen solte? denn es

war

Deß Abentheurl. Simpliciſſimi
von einem Corporal mit noch ſechs andern Kerlen/
die uns auffheben ſollen/ uͤberfallen worden/ dadurch
mein Camerad mit noch ſechſen vom Gegentheil auff
dem Platz geblieben/ der fiebend aber ſo wol als ich/
und zwar jeder zu ſeiner Partey/ entloffen ſeye; von
dem aber/ daß ich nacher L. in Weſtphalen zu mei-
nem Weib gewolt/ und daß ich zwey ſo wolgeſuͤtterte
Hinder- und Vorderſtuͤck an hatte/ ſchwieg ich ſtock-
ſtill/ und zwar ſo machte ich mir auch kein Gewiſſen
darumb/ daß ichs verhelete/ dann was giengs ihn an?
Er fragte mich auch nit einmal darumb/ ſondern ver-
wunderte ſich vielmehr/ und wolts faſt nit glauben/
daß ich und Olivier ſolten 6 Mann nider gemacht/
und den ſiebenden verjagt haben/ ob zwar mein Ca-
merad mit eingebuͤſt. Mit ſolchem Geſpraͤch gabs
Gelegenheit von Oliviers Schwerd zu reden/ ſo ich
lobte/ und an der Seiten hatte/ das gefiel ihm ſo wol/
daß ichs ihm/ wolte ich anders mit guter Manier
von ihm kommen/ und Paß erlangen/ gegen einem
andern Degen/ den er mir gab/ uͤberlaſſen muſie; in
Warheit aber/ ſo war daſſelbe trefflich ſchoͤn und
gut/ es war ein gantzer ewigwaͤhrender Calender da-
rauff geetzet/ und laſſe ich mir nicht außreden/ daß es
nicht in Hora Martis von Vulcano ſelbſt geſchmidet/
und allerdings zugerichtet worden ſeye/ wie im Hel-
denſchatz eins beſchrieben wird/ worvon alle andere
Klingen entzwey ſpringen/ und die behertzteſte Feinde
und Loͤwen-Gemuͤter/ wie forchtſame Haſen entlauf-
fen muͤſſen. Nachdem er mich nun entlieſſe/ und be-
fohlen/ einen Paß vor mich zu ſchreiben/ gienge ich
den naͤchſten Weg ins Wirthshauß/ und wuſte nit/
ob ich am erſten ſchlaffen oder eſſen ſolte? denn es

war
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0492" n="486"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Deß Abentheurl. <hi rendition="#aq">Simplici&#x017F;&#x017F;imi</hi></hi></fw><lb/>
von einem <hi rendition="#aq">Corporal</hi> mit noch &#x017F;echs andern Kerlen/<lb/>
die uns auffheben &#x017F;ollen/ u&#x0364;berfallen worden/ dadurch<lb/>
mein Camerad mit noch &#x017F;ech&#x017F;en vom Gegentheil auff<lb/>
dem Platz geblieben/ der fiebend aber &#x017F;o wol als ich/<lb/>
und zwar jeder zu &#x017F;einer Partey/ entloffen &#x017F;eye; von<lb/>
dem aber/ daß ich nacher L. in We&#x017F;tphalen zu mei-<lb/>
nem Weib gewolt/ und daß ich zwey &#x017F;o wolge&#x017F;u&#x0364;tterte<lb/>
Hinder- und Vorder&#x017F;tu&#x0364;ck an hatte/ &#x017F;chwieg ich &#x017F;tock-<lb/>
&#x017F;till/ und zwar &#x017F;o machte ich mir auch kein Gewi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
darumb/ daß ichs verhelete/ dann was giengs ihn an?<lb/>
Er fragte mich auch nit einmal darumb/ &#x017F;ondern ver-<lb/>
wunderte &#x017F;ich vielmehr/ und wolts fa&#x017F;t nit glauben/<lb/>
daß ich und <hi rendition="#aq">Olivier</hi> &#x017F;olten 6 Mann nider gemacht/<lb/>
und den &#x017F;iebenden verjagt haben/ ob zwar mein Ca-<lb/>
merad mit eingebu&#x0364;&#x017F;t. Mit &#x017F;olchem Ge&#x017F;pra&#x0364;ch gabs<lb/>
Gelegenheit von <hi rendition="#aq">Oliviers</hi> Schwerd zu reden/ &#x017F;o ich<lb/>
lobte/ und an der Seiten hatte/ das gefiel ihm &#x017F;o wol/<lb/>
daß ichs ihm/ wolte ich anders mit guter Manier<lb/>
von ihm kommen/ und Paß erlangen/ gegen einem<lb/>
andern Degen/ den er mir gab/ u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en mu&#x017F;ie; in<lb/>
Warheit aber/ &#x017F;o war da&#x017F;&#x017F;elbe trefflich &#x017F;cho&#x0364;n und<lb/>
gut/ es war ein gantzer ewigwa&#x0364;hrender Calender da-<lb/>
rauff geetzet/ und la&#x017F;&#x017F;e ich mir nicht außreden/ daß es<lb/>
nicht <hi rendition="#aq">in Hora Martis</hi> von <hi rendition="#aq">Vulcano</hi> &#x017F;elb&#x017F;t ge&#x017F;chmidet/<lb/>
und allerdings zugerichtet worden &#x017F;eye/ wie im Hel-<lb/>
den&#x017F;chatz eins be&#x017F;chrieben wird/ worvon alle andere<lb/>
Klingen entzwey &#x017F;pringen/ und die behertzte&#x017F;te Feinde<lb/>
und Lo&#x0364;wen-Gemu&#x0364;ter/ wie forcht&#x017F;ame Ha&#x017F;en entlauf-<lb/>
fen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Nachdem er mich nun entlie&#x017F;&#x017F;e/ und be-<lb/>
fohlen/ einen Paß vor mich zu &#x017F;chreiben/ gienge ich<lb/>
den na&#x0364;ch&#x017F;ten Weg ins Wirthshauß/ und wu&#x017F;te nit/<lb/>
ob ich am er&#x017F;ten &#x017F;chlaffen oder e&#x017F;&#x017F;en &#x017F;olte? denn es<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">war</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[486/0492] Deß Abentheurl. Simpliciſſimi von einem Corporal mit noch ſechs andern Kerlen/ die uns auffheben ſollen/ uͤberfallen worden/ dadurch mein Camerad mit noch ſechſen vom Gegentheil auff dem Platz geblieben/ der fiebend aber ſo wol als ich/ und zwar jeder zu ſeiner Partey/ entloffen ſeye; von dem aber/ daß ich nacher L. in Weſtphalen zu mei- nem Weib gewolt/ und daß ich zwey ſo wolgeſuͤtterte Hinder- und Vorderſtuͤck an hatte/ ſchwieg ich ſtock- ſtill/ und zwar ſo machte ich mir auch kein Gewiſſen darumb/ daß ichs verhelete/ dann was giengs ihn an? Er fragte mich auch nit einmal darumb/ ſondern ver- wunderte ſich vielmehr/ und wolts faſt nit glauben/ daß ich und Olivier ſolten 6 Mann nider gemacht/ und den ſiebenden verjagt haben/ ob zwar mein Ca- merad mit eingebuͤſt. Mit ſolchem Geſpraͤch gabs Gelegenheit von Oliviers Schwerd zu reden/ ſo ich lobte/ und an der Seiten hatte/ das gefiel ihm ſo wol/ daß ichs ihm/ wolte ich anders mit guter Manier von ihm kommen/ und Paß erlangen/ gegen einem andern Degen/ den er mir gab/ uͤberlaſſen muſie; in Warheit aber/ ſo war daſſelbe trefflich ſchoͤn und gut/ es war ein gantzer ewigwaͤhrender Calender da- rauff geetzet/ und laſſe ich mir nicht außreden/ daß es nicht in Hora Martis von Vulcano ſelbſt geſchmidet/ und allerdings zugerichtet worden ſeye/ wie im Hel- denſchatz eins beſchrieben wird/ worvon alle andere Klingen entzwey ſpringen/ und die behertzteſte Feinde und Loͤwen-Gemuͤter/ wie forchtſame Haſen entlauf- fen muͤſſen. Nachdem er mich nun entlieſſe/ und be- fohlen/ einen Paß vor mich zu ſchreiben/ gienge ich den naͤchſten Weg ins Wirthshauß/ und wuſte nit/ ob ich am erſten ſchlaffen oder eſſen ſolte? denn es war

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der angegebene Verlag (Fillion) ist fiktiv. Die k… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/492
Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 486. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/492>, abgerufen am 25.11.2024.