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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Deß Abenth. Simplicissimi
Das XXII. Capitel.

ALs Olivier seinen Discurs dergestalt vollführete/
konte ich mich nicht genugsam über die Göttliche
Vorsehung verwundern! Jch konte greiffen/ wie
mich der liebe Gott hiebevor in Westphalen vor die-
sem Unmenschen nit allein vätterlich bewahret/ son-
dern noch darzu versehen hatte/ daß er sich vor mir
entsetzt: Damals sahe ich erst/ was ich dem Olivier
vor ein Possen erwiesen/ darvon ihm der Alte Hertz-
bruder prophezeyet/ welches er Olivier aber selbst/
wie hiervon im 16. Capitel zu sehen/ zu meinem gros-
sen Vortel anders außgelegt/ dann solte diese Bestia
gewust haben/ daß ich der Jäger von Soest gewesen
wäre/ so hätte er mir gewißlich wieder eingetränckt/
was ich ihm hiebevor auff der Schäferey gethan; ich
betrachtete auch/ wie weislich und obscur Hertzbru-
der seine Weißsagungen geben/ und gedachte bey mir
selber/ ob zwar seine Wahrsagungen gemeinlich un-
fehlbar einzutreffen pflegten/ daß es dennoch schwer
fallen würde/ und seltzam hergehen müste/ da ich eines
solchen Todt/ der Galgen und Rad verdient hätte/
rächen solte; ich befand auch/ daß mirs trefflich ge-
sund gewesen/ daß ich ihm meinen Lebenslauff nicht
zu erst erzehlt/ denn mit der Weis hätte ich ihm ja
selber gesagt/ womit ich ihn hiebevor beleydigt. Jn
dem ich nun solche Gedancken machte/ wurde ich in
Oliviers Angesicht etlicher Ritz gewahr/ die er vor
Magdeburg noch nit gehabt/ bildete mir derhalben
ein/ dieselbe Narden seyen noch die Wahrzeichen deß
Spring-ins-feld/ als er ihm hiebevor in Gestalt ei-
nes Teuffels das Angesicht so zerkratzte/ fragte ihn

der-
Deß Abenth. Simpliciſſimi
Das XXII. Capitel.

ALs Olivier ſeinen Diſcurs dergeſtalt vollfuͤhrete/
konte ich mich nicht genugſam uͤber die Goͤttliche
Vorſehung verwundern! Jch konte greiffen/ wie
mich der liebe Gott hiebevor in Weſtphalen vor die-
ſem Unmenſchen nit allein vaͤtterlich bewahret/ ſon-
dern noch darzu verſehen hatte/ daß er ſich vor mir
entſetzt: Damals ſahe ich erſt/ was ich dem Olivier
vor ein Poſſen erwieſen/ darvon ihm der Alte Hertz-
bruder prophezeyet/ welches er Olivier aber ſelbſt/
wie hiervon im 16. Capitel zu ſehen/ zu meinem groſ-
ſen Vortel anders außgelegt/ dann ſolte dieſe Beſtia
gewuſt haben/ daß ich der Jaͤger von Soeſt geweſen
waͤre/ ſo haͤtte er mir gewißlich wieder eingetraͤnckt/
was ich ihm hiebevor auff der Schaͤferey gethan; ich
betrachtete auch/ wie weislich und obſcur Hertzbru-
der ſeine Weißſagungen geben/ und gedachte bey mir
ſelber/ ob zwar ſeine Wahrſagungen gemeinlich un-
fehlbar einzutreffen pflegten/ daß es dennoch ſchwer
fallen wuͤrde/ und ſeltzam hergehen muͤſte/ da ich eines
ſolchen Todt/ der Galgen und Rad verdient haͤtte/
raͤchen ſolte; ich befand auch/ daß mirs trefflich ge-
ſund geweſen/ daß ich ihm meinen Lebenslauff nicht
zu erſt erzehlt/ denn mit der Weis haͤtte ich ihm ja
ſelber geſagt/ womit ich ihn hiebevor beleydigt. Jn
dem ich nun ſolche Gedancken machte/ wurde ich in
Oliviers Angeſicht etlicher Ritz gewahr/ die er vor
Magdeburg noch nit gehabt/ bildete mir derhalben
ein/ dieſelbe Narden ſeyen noch die Wahrzeichen deß
Spring-ins-feld/ als er ihm hiebevor in Geſtalt ei-
nes Teuffels das Angeſicht ſo zerkratzte/ fragte ihn

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[472/0478] Deß Abenth. Simpliciſſimi Das XXII. Capitel. ALs Olivier ſeinen Diſcurs dergeſtalt vollfuͤhrete/ konte ich mich nicht genugſam uͤber die Goͤttliche Vorſehung verwundern! Jch konte greiffen/ wie mich der liebe Gott hiebevor in Weſtphalen vor die- ſem Unmenſchen nit allein vaͤtterlich bewahret/ ſon- dern noch darzu verſehen hatte/ daß er ſich vor mir entſetzt: Damals ſahe ich erſt/ was ich dem Olivier vor ein Poſſen erwieſen/ darvon ihm der Alte Hertz- bruder prophezeyet/ welches er Olivier aber ſelbſt/ wie hiervon im 16. Capitel zu ſehen/ zu meinem groſ- ſen Vortel anders außgelegt/ dann ſolte dieſe Beſtia gewuſt haben/ daß ich der Jaͤger von Soeſt geweſen waͤre/ ſo haͤtte er mir gewißlich wieder eingetraͤnckt/ was ich ihm hiebevor auff der Schaͤferey gethan; ich betrachtete auch/ wie weislich und obſcur Hertzbru- der ſeine Weißſagungen geben/ und gedachte bey mir ſelber/ ob zwar ſeine Wahrſagungen gemeinlich un- fehlbar einzutreffen pflegten/ daß es dennoch ſchwer fallen wuͤrde/ und ſeltzam hergehen muͤſte/ da ich eines ſolchen Todt/ der Galgen und Rad verdient haͤtte/ raͤchen ſolte; ich befand auch/ daß mirs trefflich ge- ſund geweſen/ daß ich ihm meinen Lebenslauff nicht zu erſt erzehlt/ denn mit der Weis haͤtte ich ihm ja ſelber geſagt/ womit ich ihn hiebevor beleydigt. Jn dem ich nun ſolche Gedancken machte/ wurde ich in Oliviers Angeſicht etlicher Ritz gewahr/ die er vor Magdeburg noch nit gehabt/ bildete mir derhalben ein/ dieſelbe Narden ſeyen noch die Wahrzeichen deß Spring-ins-feld/ als er ihm hiebevor in Geſtalt ei- nes Teuffels das Angeſicht ſo zerkratzte/ fragte ihn der-

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 472. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/478>, abgerufen am 22.12.2024.