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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Deß Abenth. Simplicissimi
grossen Herren an sich genommen/ weil er gleichsam
täglich mit Fürsten umbgieng/ und ihnen alles nach-
äffte; Sein Hauß war wie eines Grafen Hofhal-
tung/ in welcher kein anderer Mangel erschiene/ als
daß man ihn nit auch einen gnäd. Herrn nennete/ und
seine Imagination war so groß/ daß er auch einem
Marquis, da ihn etwan einer zu besuchen kam/ nicht
höher/ als seines gleichen tractirte; er theilte zwar
geringen Leuten auch von seinen Mitteln mit/ er nam
aber kein gering Geld/ sondern schenckte ihnen eher
ihre Schuldigkeit/ damit er einen grossen Nahmen
haben möchte. Weil ich zimlich cueios war/ und
wuste/ daß er mit meiner Person prangte/ wenn ich
neben andern Dienern hinder ihm her tratte/ und er
Krancke besuchte/ als halff ich ihm auch stets in sei-
nem Laboratorio artzneyen/ davon wurde ich zimlich
gemein mit ihm/ wie er dann ohne das die Teutsche
Sprach gern redete/ sagte derowegen einsmals zu
ihm: Warumb er sich nit von seinem Adelichen Sitz
schreibe/ den er neulich nahend Pariß umb 20000.
Cronen gekaufft hätte? item/ warumb er lauter Do-
ctores
auß seinen Söhnen zu machen gedencke/ und
sie so streng studiren lasse/ ob nicht besser wäre/ daß er
ihnen (in dem er doch den Adel schon hätte) wie an-
dere Cavallier, irgends Aempter kauffe/ und sie also
vollkommen in den Adelichen Stand tretten lasse?
Nein/ antwortet er/ wenn ich zu einem Fürsten komme/
so heists: Herr Doctor, er setze sich nieder; zum Edel-
mann aber wird gesagt: Wart auff! Jch sagte/ weiß
aber der Herr Doctor nicht/ daß ein Artzt dreyerley
Angesichter hat/ das erste eines Engels/ wann ihn
der Krancke ansichtig wird/ das ander eines GOttes/

wenn

Deß Abenth. Simpliciſſimi
groſſen Herꝛen an ſich genommen/ weil er gleichſam
taͤglich mit Fuͤrſten umbgieng/ und ihnen alles nach-
aͤffte; Sein Hauß war wie eines Grafen Hofhal-
tung/ in welcher kein anderer Mangel erſchiene/ als
daß man ihn nit auch einen gnaͤd. Herꝛn nennete/ und
ſeine Imagination war ſo groß/ daß er auch einem
Marquis, da ihn etwan einer zu beſuchen kam/ nicht
hoͤher/ als ſeines gleichen tractirte; er theilte zwar
geringen Leuten auch von ſeinen Mitteln mit/ er nam
aber kein gering Geld/ ſondern ſchenckte ihnen eher
ihre Schuldigkeit/ damit er einen groſſen Nahmen
haben moͤchte. Weil ich zimlich cueioſ war/ und
wuſte/ daß er mit meiner Perſon prangte/ wenn ich
neben andern Dienern hinder ihm her tratte/ und er
Krancke beſuchte/ als halff ich ihm auch ſtets in ſei-
nem Laboratorio artzneyen/ davon wurde ich zimlich
gemein mit ihm/ wie er dann ohne das die Teutſche
Sprach gern redete/ ſagte derowegen einsmals zu
ihm: Warumb er ſich nit von ſeinem Adelichen Sitz
ſchreibe/ den er neulich nahend Pariß umb 20000.
Cronen gekaufft haͤtte? item/ warumb er lauter Do-
ctores
auß ſeinen Soͤhnen zu machen gedencke/ und
ſie ſo ſtreng ſtudiren laſſe/ ob nicht beſſer waͤre/ daß er
ihnen (in dem er doch den Adel ſchon haͤtte) wie an-
dere Cavallier, irgends Aempter kauffe/ und ſie alſo
vollkommen in den Adelichen Stand tretten laſſe?
Nein/ antwortet er/ wenn ich zu einem Fuͤrſten kom̃e/
ſo heiſts: Herꝛ Doctor, er ſetze ſich nieder; zum Edel-
mann aber wird geſagt: Wart auff! Jch ſagte/ weiß
aber der Herꝛ Doctor nicht/ daß ein Artzt dreyerley
Angeſichter hat/ das erſte eines Engels/ wann ihn
der Krancke anſichtig wird/ das ander eines GOttes/

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[392/0398] Deß Abenth. Simpliciſſimi groſſen Herꝛen an ſich genommen/ weil er gleichſam taͤglich mit Fuͤrſten umbgieng/ und ihnen alles nach- aͤffte; Sein Hauß war wie eines Grafen Hofhal- tung/ in welcher kein anderer Mangel erſchiene/ als daß man ihn nit auch einen gnaͤd. Herꝛn nennete/ und ſeine Imagination war ſo groß/ daß er auch einem Marquis, da ihn etwan einer zu beſuchen kam/ nicht hoͤher/ als ſeines gleichen tractirte; er theilte zwar geringen Leuten auch von ſeinen Mitteln mit/ er nam aber kein gering Geld/ ſondern ſchenckte ihnen eher ihre Schuldigkeit/ damit er einen groſſen Nahmen haben moͤchte. Weil ich zimlich cueioſ war/ und wuſte/ daß er mit meiner Perſon prangte/ wenn ich neben andern Dienern hinder ihm her tratte/ und er Krancke beſuchte/ als halff ich ihm auch ſtets in ſei- nem Laboratorio artzneyen/ davon wurde ich zimlich gemein mit ihm/ wie er dann ohne das die Teutſche Sprach gern redete/ ſagte derowegen einsmals zu ihm: Warumb er ſich nit von ſeinem Adelichen Sitz ſchreibe/ den er neulich nahend Pariß umb 20000. Cronen gekaufft haͤtte? item/ warumb er lauter Do- ctores auß ſeinen Soͤhnen zu machen gedencke/ und ſie ſo ſtreng ſtudiren laſſe/ ob nicht beſſer waͤre/ daß er ihnen (in dem er doch den Adel ſchon haͤtte) wie an- dere Cavallier, irgends Aempter kauffe/ und ſie alſo vollkommen in den Adelichen Stand tretten laſſe? Nein/ antwortet er/ wenn ich zu einem Fuͤrſten kom̃e/ ſo heiſts: Herꝛ Doctor, er ſetze ſich nieder; zum Edel- mann aber wird geſagt: Wart auff! Jch ſagte/ weiß aber der Herꝛ Doctor nicht/ daß ein Artzt dreyerley Angeſichter hat/ das erſte eines Engels/ wann ihn der Krancke anſichtig wird/ das ander eines GOttes/ wenn

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/398>, abgerufen am 22.11.2024.