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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Drittes Buch.
wenn sie diese Kranckheit anstieß/ so verstellten sie die
Gesichter wie die Teuffel/ brülleten wie die Löwen/
kratzten wie die Katzen/ schlugen umb sich wie die
Beeren/ bissen drein wie die Hund/ und damit sie sich
ärger stellen möchten als die rasende Thier/ warffen
sie auch mit allem das sie in die Hände kriegten/ umb
sich wie die Narren. Man sagt/ diese Kranckheit komme
von der Gall her/ aber ich glaube/ daß sie ihren Ur-
sprung daher habe/ wenn ein Narr hoffärtig seye/
derhalben wenn du einen Zornigen rasen hörest/ son-
derlich über ein gering Ding/ so halt kecklich darvor/
daß er mehr stoltz als klug seye. Auß dieser Kranck-
heit folget unzehlich viel Unglück/ so wol dem Kran-
cken selbst als andern; dem Krancken zwar endlich
die Lähme/ Gicht/ und ein frühzeitiger/ wo nicht gar
ewiger Todt! Und kan man diese Krancken/ ob sie
schon gefährlich kranck seyn/ mit gutem Gewissen kei-
ne Patienten nennen/ weil ihnen die Patientz am aller-
meisten mangelt. Etliche sahe ich am Neid darnider
ligen/ von welchen man sagt/ daß sie ihr eigen Hertz
fressen/ weil sie immer so bleich und traurig daher tret-
ten. Diese Kranckheit halte ich vor die aller-gefähr-
lichste/ weil sie vom Teuffel ihren Ursprung hat/ wie-
wol sie von lauter Glück herrühret/ das deß Krancken
Feind hat/ und welcher einen solchen von Grund auß
curirt/ der dörffte sich bey nahe rühmen/ er hätte einen
Verlornen zum Christlichen Glauben bekehrt/ weil
diese Kranckheit keinen rechtschaffenen Christen an-
stöst/ als die da nur die Sünd und Laster neiden. Die
Spielsucht halte ich auch vor eine Kranckheit/ nicht
allein weil es der Nahm mit sich bringt/ sondern weil
die jenige so damit behafftet/ gantz gifftig darauff ver-

picht

Drittes Buch.
wenn ſie dieſe Kranckheit anſtieß/ ſo verſtellten ſie die
Geſichter wie die Teuffel/ bruͤlleten wie die Loͤwen/
kratzten wie die Katzen/ ſchlugen umb ſich wie die
Beeren/ biſſen drein wie die Hund/ und damit ſie ſich
aͤrger ſtellen moͤchten als die raſende Thier/ warffen
ſie auch mit allem das ſie in die Haͤnde kriegten/ umb
ſich wie die Narꝛen. Man ſagt/ dieſe Kranckheit kom̃e
von der Gall her/ aber ich glaube/ daß ſie ihren Ur-
ſprung daher habe/ wenn ein Narꝛ hoffaͤrtig ſeye/
derhalben wenn du einen Zornigen raſen hoͤreſt/ ſon-
derlich uͤber ein gering Ding/ ſo halt kecklich darvor/
daß er mehr ſtoltz als klug ſeye. Auß dieſer Kranck-
heit folget unzehlich viel Ungluͤck/ ſo wol dem Kran-
cken ſelbſt als andern; dem Krancken zwar endlich
die Laͤhme/ Gicht/ und ein fruͤhzeitiger/ wo nicht gar
ewiger Todt! Und kan man dieſe Krancken/ ob ſie
ſchon gefaͤhrlich kranck ſeyn/ mit gutem Gewiſſen kei-
ne Patienten nennen/ weil ihnen die Patientz am aller-
meiſten mangelt. Etliche ſahe ich am Neid darnider
ligen/ von welchen man ſagt/ daß ſie ihr eigen Hertz
freſſen/ weil ſie im̃er ſo bleich und traurig daher tret-
ten. Dieſe Kranckheit halte ich vor die aller-gefaͤhr-
lichſte/ weil ſie vom Teuffel ihren Urſprung hat/ wie-
wol ſie von lauter Gluͤck herꝛuͤhret/ das deß Krancken
Feind hat/ und welcher einen ſolchen von Grund auß
curirt/ der doͤrffte ſich bey nahe ruͤhmen/ er haͤtte einen
Verlornen zum Chriſtlichen Glauben bekehrt/ weil
dieſe Kranckheit keinen rechtſchaffenen Chriſten an-
ſtoͤſt/ als die da nur die Suͤnd und Laſter neiden. Die
Spielſucht halte ich auch vor eine Kranckheit/ nicht
allein weil es der Nahm mit ſich bringt/ ſondern weil
die jenige ſo damit behafftet/ gantz gifftig darauff ver-

picht
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[375/0381] Drittes Buch. wenn ſie dieſe Kranckheit anſtieß/ ſo verſtellten ſie die Geſichter wie die Teuffel/ bruͤlleten wie die Loͤwen/ kratzten wie die Katzen/ ſchlugen umb ſich wie die Beeren/ biſſen drein wie die Hund/ und damit ſie ſich aͤrger ſtellen moͤchten als die raſende Thier/ warffen ſie auch mit allem das ſie in die Haͤnde kriegten/ umb ſich wie die Narꝛen. Man ſagt/ dieſe Kranckheit kom̃e von der Gall her/ aber ich glaube/ daß ſie ihren Ur- ſprung daher habe/ wenn ein Narꝛ hoffaͤrtig ſeye/ derhalben wenn du einen Zornigen raſen hoͤreſt/ ſon- derlich uͤber ein gering Ding/ ſo halt kecklich darvor/ daß er mehr ſtoltz als klug ſeye. Auß dieſer Kranck- heit folget unzehlich viel Ungluͤck/ ſo wol dem Kran- cken ſelbſt als andern; dem Krancken zwar endlich die Laͤhme/ Gicht/ und ein fruͤhzeitiger/ wo nicht gar ewiger Todt! Und kan man dieſe Krancken/ ob ſie ſchon gefaͤhrlich kranck ſeyn/ mit gutem Gewiſſen kei- ne Patienten nennen/ weil ihnen die Patientz am aller- meiſten mangelt. Etliche ſahe ich am Neid darnider ligen/ von welchen man ſagt/ daß ſie ihr eigen Hertz freſſen/ weil ſie im̃er ſo bleich und traurig daher tret- ten. Dieſe Kranckheit halte ich vor die aller-gefaͤhr- lichſte/ weil ſie vom Teuffel ihren Urſprung hat/ wie- wol ſie von lauter Gluͤck herꝛuͤhret/ das deß Krancken Feind hat/ und welcher einen ſolchen von Grund auß curirt/ der doͤrffte ſich bey nahe ruͤhmen/ er haͤtte einen Verlornen zum Chriſtlichen Glauben bekehrt/ weil dieſe Kranckheit keinen rechtſchaffenen Chriſten an- ſtoͤſt/ als die da nur die Suͤnd und Laſter neiden. Die Spielſucht halte ich auch vor eine Kranckheit/ nicht allein weil es der Nahm mit ſich bringt/ ſondern weil die jenige ſo damit behafftet/ gantz gifftig darauff ver- picht

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/381>, abgerufen am 25.11.2024.