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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Drittes Buch.
und zuckte mein Aextlein/ damit ich den Trog auffge-
macht/ und hatte doch das Hertz nicht/ ihm solches
in Kopff zu hauen; er aber knyete nider/ bud die
Händ auff/ und sagte: Min leve Heer/ ick bitte
ju doer Gott/ schinckt mi min Levent!
Da hö-
rete ich erst/ daß es kein Teuffel war/ weil er von Gott
redet/ und umb sein Leben bat; sagte demnach/ er
solte sich auß dem Trog geheyen/ das thät er/ und
gieng mit mir so nackend/ wie ihn GOtt erschaffen
hatte. Jch schnitte ein Stück von meinem Wachs/
und gabs ihm mir zu leuchten/ das thät er gehorsam-
lich/ und führet mich in ein Stüblein/ da ich den
Haußvatter fande/ der sampt seinem Gesind diß lu-
stige Spectacul ansahe/ und mit Zittern umb Gnad
bate! Diese erhielte er leicht/ weil wir den Burgern
ohne das nichts thun dorfften/ und er mir deß Ritt-
meisters Bagage, darunter ein zimlich wolgespickt
verschlossen Felleisen war/ einhändigte/ mit Bericht/
daß der Rittmeister und seine Leut/ biß auff einen
Knecht und gegenwärtigen Mohren/ sich zu wehren
auff ihre Posten gangen wären; indessen hatte der
Spring-ins feld besagten Knecht auch mit sechs ge-
sattelten schönen Pferden auch im Stall erwischt/
die stellten wir ins Hauß/ verrigelten solches/ und
liessen den Mohren sich anziehen/ den Wirth aber
aufftragen/ was er vor seinen Rittmeister zurichten
müssen. Als aber die Thor geöffnet/ die Posten be-
setzt/ und unser General Feldzeugmeister Herr Graf
von der Wahl eingelassen wurde/ nam er sein Logi-
ment
in eben demselben Hauß darinn wir uns befan-
den/ darumb musten wir bey finsterer Nacht wieder
ein ander Quartier suchen. Das fanden wir bey un-

sern
N vij

Drittes Buch.
und zuckte mein Aextlein/ damit ich den Trog auffge-
macht/ und hatte doch das Hertz nicht/ ihm ſolches
in Kopff zu hauen; er aber knyete nider/ bud die
Haͤnd auff/ und ſagte: Min leve Heer/ ick bitte
ju doer Gott/ ſchinckt mi min Levent!
Da hoͤ-
rete ich erſt/ daß es kein Teuffel war/ weil er von Gott
redet/ und umb ſein Leben bat; ſagte demnach/ er
ſolte ſich auß dem Trog geheyen/ das thaͤt er/ und
gieng mit mir ſo nackend/ wie ihn GOtt erſchaffen
hatte. Jch ſchnitte ein Stuͤck von meinem Wachs/
und gabs ihm mir zu leuchten/ das thaͤt er gehorſam-
lich/ und fuͤhret mich in ein Stuͤblein/ da ich den
Haußvatter fande/ der ſampt ſeinem Geſind diß lu-
ſtige Spectacul anſahe/ und mit Zittern umb Gnad
bate! Dieſe erhielte er leicht/ weil wir den Burgern
ohne das nichts thun dorfften/ und er mir deß Ritt-
meiſters Bagage, darunter ein zimlich wolgeſpickt
verſchloſſen Felleiſen war/ einhaͤndigte/ mit Bericht/
daß der Rittmeiſter und ſeine Leut/ biß auff einen
Knecht und gegenwaͤrtigen Mohren/ ſich zu wehren
auff ihre Poſten gangen waͤren; indeſſen hatte der
Spring-ins feld beſagten Knecht auch mit ſechs ge-
ſattelten ſchoͤnen Pferden auch im Stall erwiſcht/
die ſtellten wir ins Hauß/ verꝛigelten ſolches/ und
lieſſen den Mohren ſich anziehen/ den Wirth aber
aufftragen/ was er vor ſeinen Rittmeiſter zurichten
muͤſſen. Als aber die Thor geoͤffnet/ die Poſten be-
ſetzt/ und unſer General Feldzeugmeiſter Herꝛ Graf
von der Wahl eingelaſſen wurde/ nam er ſein Logi-
ment
in eben demſelben Hauß darinn wir uns befan-
den/ darumb muſten wir bey finſterer Nacht wieder
ein ander Quartier ſuchen. Das fanden wir bey un-

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[299/0305] Drittes Buch. und zuckte mein Aextlein/ damit ich den Trog auffge- macht/ und hatte doch das Hertz nicht/ ihm ſolches in Kopff zu hauen; er aber knyete nider/ bud die Haͤnd auff/ und ſagte: Min leve Heer/ ick bitte ju doer Gott/ ſchinckt mi min Levent! Da hoͤ- rete ich erſt/ daß es kein Teuffel war/ weil er von Gott redet/ und umb ſein Leben bat; ſagte demnach/ er ſolte ſich auß dem Trog geheyen/ das thaͤt er/ und gieng mit mir ſo nackend/ wie ihn GOtt erſchaffen hatte. Jch ſchnitte ein Stuͤck von meinem Wachs/ und gabs ihm mir zu leuchten/ das thaͤt er gehorſam- lich/ und fuͤhret mich in ein Stuͤblein/ da ich den Haußvatter fande/ der ſampt ſeinem Geſind diß lu- ſtige Spectacul anſahe/ und mit Zittern umb Gnad bate! Dieſe erhielte er leicht/ weil wir den Burgern ohne das nichts thun dorfften/ und er mir deß Ritt- meiſters Bagage, darunter ein zimlich wolgeſpickt verſchloſſen Felleiſen war/ einhaͤndigte/ mit Bericht/ daß der Rittmeiſter und ſeine Leut/ biß auff einen Knecht und gegenwaͤrtigen Mohren/ ſich zu wehren auff ihre Poſten gangen waͤren; indeſſen hatte der Spring-ins feld beſagten Knecht auch mit ſechs ge- ſattelten ſchoͤnen Pferden auch im Stall erwiſcht/ die ſtellten wir ins Hauß/ verꝛigelten ſolches/ und lieſſen den Mohren ſich anziehen/ den Wirth aber aufftragen/ was er vor ſeinen Rittmeiſter zurichten muͤſſen. Als aber die Thor geoͤffnet/ die Poſten be- ſetzt/ und unſer General Feldzeugmeiſter Herꝛ Graf von der Wahl eingelaſſen wurde/ nam er ſein Logi- ment in eben demſelben Hauß darinn wir uns befan- den/ darumb muſten wir bey finſterer Nacht wieder ein ander Quartier ſuchen. Das fanden wir bey un- ſern N vij

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/305>, abgerufen am 22.11.2024.