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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Deß Abentheurl. Simplicissimi
das Blut zu Mund/ Nas und Ohren herauß sprang.
Jn Summa/ es hatte jeder sein eigene invention, die
Bauren zu peinigen/ und also auch jeder Bauer seine
sonderbare Marter: Allein mein Knan war meinem
damaligen Beduncken nach der glückseeligste/ weil
er mit lachendem Mund bekennete/ was andere mit
Schmertzen und jämmerlicher Weheklag sagen mu-
sten/ und solche Ehre widerfuhr ihm ohne Zweiffel
darumb/ weil er der Haußvatter war/ dann sie setzten
ihn zu einem Feuer/ banden ihn/ daß er weder Händ
noch Füß regen konte/ und rieben seine Fußsolen mit
angefeuchtem Saltz/ welches ihm unser alte Geiß
wieder ablecken/ und dardurch also kützeln muste/ daß
er vor lachen hätte zerbersten mögen; das kam so art-
lich/ daß ich Gesellschafft halber/ oder weil ichs nicht
besser verstunde/ von Hertzen mit lachen muste: Jn
solchem Gelächter bekante er seine Schuldigkeit/
und öffnet den verborgenen Schatz/ welcher von
Gold/ Perlen und Cleinodien viel reicher war/ als
man hinder Bauren hätte suchen mögen. Von den
gefangenen Weibern/ Mägden und Töchtern/ weiß
ich sonderlich nichts zu sagen/ weil mich die Krieger
nicht zusehen liessen/ wie sie mit ihnen umbgiengen:
Das weiß ich noch wol/ daß man theils hin und wi-
der in den Winckeln erbärmlich schreyen hörte/ schä-
tze wol/ es sey meiner Meüder und unserm Ursele nit
besser gangen/ als den andern. Mitten in diesem
Elend wendet ich Braten/ und halff Nachmittag die
Pferd träncken/ durch welches Mittel ich zu unserer
Magd in Stall kam/ welche wunderwercklich zer-
strobelt außsahe/ ich kennete sie nicht/ sie aber sprach
zu mir mit kräncklichter Stimm: O Bub lauff weg/

sonst

Deß Abentheurl. Simpliciſſimi
das Blut zu Mund/ Nas und Ohren herauß ſprang.
Jn Summa/ es hatte jeder ſein eigene invention, die
Bauren zu peinigen/ und alſo auch jeder Bauer ſeine
ſonderbare Marter: Allein mein Knan war meinem
damaligen Beduncken nach der gluͤckſeeligſte/ weil
er mit lachendem Mund bekennete/ was andere mit
Schmertzen und jaͤmmerlicher Weheklag ſagen mu-
ſten/ und ſolche Ehre widerfuhr ihm ohne Zweiffel
darumb/ weil er der Haußvatter war/ dann ſie ſetzten
ihn zu einem Feuer/ banden ihn/ daß er weder Haͤnd
noch Fuͤß regen konte/ und rieben ſeine Fußſolen mit
angefeuchtem Saltz/ welches ihm unſer alte Geiß
wieder ablecken/ und dardurch alſo kuͤtzeln muſte/ daß
er vor lachen haͤtte zerberſten moͤgen; das kam ſo art-
lich/ daß ich Geſellſchafft halber/ oder weil ichs nicht
beſſer verſtunde/ von Hertzen mit lachen muſte: Jn
ſolchem Gelaͤchter bekante er ſeine Schuldigkeit/
und oͤffnet den verborgenen Schatz/ welcher von
Gold/ Perlen und Cleinodien viel reicher war/ als
man hinder Bauren haͤtte ſuchen moͤgen. Von den
gefangenen Weibern/ Maͤgden und Toͤchtern/ weiß
ich ſonderlich nichts zu ſagen/ weil mich die Krieger
nicht zuſehen lieſſen/ wie ſie mit ihnen umbgiengen:
Das weiß ich noch wol/ daß man theils hin und wi-
der in den Winckeln erbaͤrmlich ſchreyen hoͤrte/ ſchaͤ-
tze wol/ es ſey meiner Meuͤder und unſerm Urſele nit
beſſer gangen/ als den andern. Mitten in dieſem
Elend wendet ich Braten/ und halff Nachmittag die
Pferd traͤncken/ durch welches Mittel ich zu unſerer
Magd in Stall kam/ welche wunderwercklich zer-
ſtrobelt außſahe/ ich kennete ſie nicht/ ſie aber ſprach
zu mir mit kraͤncklichter Stimm: O Bub lauff weg/

ſonſt
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[20/0026] Deß Abentheurl. Simpliciſſimi das Blut zu Mund/ Nas und Ohren herauß ſprang. Jn Summa/ es hatte jeder ſein eigene invention, die Bauren zu peinigen/ und alſo auch jeder Bauer ſeine ſonderbare Marter: Allein mein Knan war meinem damaligen Beduncken nach der gluͤckſeeligſte/ weil er mit lachendem Mund bekennete/ was andere mit Schmertzen und jaͤmmerlicher Weheklag ſagen mu- ſten/ und ſolche Ehre widerfuhr ihm ohne Zweiffel darumb/ weil er der Haußvatter war/ dann ſie ſetzten ihn zu einem Feuer/ banden ihn/ daß er weder Haͤnd noch Fuͤß regen konte/ und rieben ſeine Fußſolen mit angefeuchtem Saltz/ welches ihm unſer alte Geiß wieder ablecken/ und dardurch alſo kuͤtzeln muſte/ daß er vor lachen haͤtte zerberſten moͤgen; das kam ſo art- lich/ daß ich Geſellſchafft halber/ oder weil ichs nicht beſſer verſtunde/ von Hertzen mit lachen muſte: Jn ſolchem Gelaͤchter bekante er ſeine Schuldigkeit/ und oͤffnet den verborgenen Schatz/ welcher von Gold/ Perlen und Cleinodien viel reicher war/ als man hinder Bauren haͤtte ſuchen moͤgen. Von den gefangenen Weibern/ Maͤgden und Toͤchtern/ weiß ich ſonderlich nichts zu ſagen/ weil mich die Krieger nicht zuſehen lieſſen/ wie ſie mit ihnen umbgiengen: Das weiß ich noch wol/ daß man theils hin und wi- der in den Winckeln erbaͤrmlich ſchreyen hoͤrte/ ſchaͤ- tze wol/ es ſey meiner Meuͤder und unſerm Urſele nit beſſer gangen/ als den andern. Mitten in dieſem Elend wendet ich Braten/ und halff Nachmittag die Pferd traͤncken/ durch welches Mittel ich zu unſerer Magd in Stall kam/ welche wunderwercklich zer- ſtrobelt außſahe/ ich kennete ſie nicht/ ſie aber ſprach zu mir mit kraͤncklichter Stimm: O Bub lauff weg/ ſonſt

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/26>, abgerufen am 28.12.2024.