German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.Zweytes Buch. bey Freunden und Feinden bekant/ und so berühmt/daß beyde Theil viel von mir hielten/ allermassen mir die gefährlichste Anschläg zu verrichten/ und zu sol- chem End gantze Parteyen zu commandiren anver- traut wurden/ da fienge ich an zuzugreiffen wie ein Böhm/ und wann ich etwas namhafftes erschnapp- te/ gab ich meinen Officiern so reiche Part darvon/ daß ich selbig Handwerck auch an verbottenen Orten treiben dorffte/ weil mir überall durch geholffen wur- de. Der General Graf von Götz hatte in Westpha- len drey feindliche Guarnisonen übrig gelassen/ nem- lich zu Dorsten/ Lippstatt und Coeßfeld/ denen war ich gewaltig molest, dann ich lag ihnen mit geringen Partheyen bald hier bald dort schier täglich vor den Thoren/ und erhaschte manche gute Beut/ und weil ich überall glücklich durch kam/ hielten die Leut von mir/ ich könte mich unsichtbar machen/ und wäre so vest wie Eisen und Stahl/ davon wurde ich geförcht wie die Pest/ und schämten sich 30. Mann vom Ge- gentheil nicht/ vor mir durchzugehen/ wann sie mich nur mit 15. in der Nähe wusten. Zuletzt kam es da- hin/ wo nur ein Ort in Contribution zu setzen war/ daß ich solches alles verrichten muste/ davon wurde mein Beutel so groß als mein Nahm/ meine Officier und Cameraden liebten ihren Jäger/ die vornehmste Parteygäuger vom Gegentheil entsetzten sich/ und den Landmann hielt ich durch Forcht und Liebe auff meiner Seiten/ dann ich wuste meine Widerwertige zu straffen/ und die so mir nur den geringsten Dienst thäten/ reichlich zu belohnen/ allermassen ich bey nahe die Helffte meiner Beuten wieder verspendirte/ und auff Kundschafften außlegte. Solcher Ursachen halber L v
Zweytes Buch. bey Freunden und Feinden bekant/ und ſo beruͤhmt/daß beyde Theil viel von mir hielten/ allermaſſen mir die gefaͤhrlichſte Anſchlaͤg zu verꝛichten/ und zu ſol- chem End gantze Parteyen zu commandiren anver- traut wurden/ da fienge ich an zuzugreiffen wie ein Boͤhm/ und wann ich etwas namhafftes erſchnapp- te/ gab ich meinen Officiern ſo reiche Part darvon/ daß ich ſelbig Handwerck auch an verbottenen Orten treiben dorffte/ weil mir uͤberall durch geholffen wur- de. Der General Graf von Goͤtz hatte in Weſtpha- len drey feindliche Guarniſonen uͤbrig gelaſſen/ nem- lich zu Dorſten/ Lippſtatt und Coeßfeld/ denen war ich gewaltig moleſt, dann ich lag ihnen mit geringen Partheyen bald hier bald dort ſchier taͤglich vor den Thoren/ und erhaſchte manche gute Beut/ und weil ich uͤberall gluͤcklich durch kam/ hielten die Leut von mir/ ich koͤnte mich unſichtbar machen/ und waͤre ſo veſt wie Eiſen und Stahl/ davon wurde ich gefoͤrcht wie die Peſt/ und ſchaͤmten ſich 30. Mann vom Ge- gentheil nicht/ vor mir durchzugehen/ wann ſie mich nur mit 15. in der Naͤhe wuſten. Zuletzt kam es da- hin/ wo nur ein Ort in Contribution zu ſetzen war/ daß ich ſolches alles verꝛichten muſte/ davon wurde mein Beutel ſo groß als mein Nahm/ meine Officier und Cameraden liebten ihren Jaͤger/ die vornehmſte Parteygaͤuger vom Gegentheil entſetzten ſich/ und den Landmann hielt ich durch Forcht und Liebe auff meiner Seiten/ dann ich wuſte meine Widerwertige zu ſtraffen/ und die ſo mir nur den geringſten Dienſt thaͤten/ reichlich zu belohnen/ allermaſſen ich bey nahe die Helffte meiner Beuten wieder verſpendirte/ und auff Kundſchafften außlegte. Solcher Urſachen halber L v
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Zweytes Buch.
bey Freunden und Feinden bekant/ und ſo beruͤhmt/
daß beyde Theil viel von mir hielten/ allermaſſen mir
die gefaͤhrlichſte Anſchlaͤg zu verꝛichten/ und zu ſol-
chem End gantze Parteyen zu commandiren anver-
traut wurden/ da fienge ich an zuzugreiffen wie ein
Boͤhm/ und wann ich etwas namhafftes erſchnapp-
te/ gab ich meinen Officiern ſo reiche Part darvon/
daß ich ſelbig Handwerck auch an verbottenen Orten
treiben dorffte/ weil mir uͤberall durch geholffen wur-
de. Der General Graf von Goͤtz hatte in Weſtpha-
len drey feindliche Guarniſonen uͤbrig gelaſſen/ nem-
lich zu Dorſten/ Lippſtatt und Coeßfeld/ denen war
ich gewaltig moleſt, dann ich lag ihnen mit geringen
Partheyen bald hier bald dort ſchier taͤglich vor den
Thoren/ und erhaſchte manche gute Beut/ und weil
ich uͤberall gluͤcklich durch kam/ hielten die Leut von
mir/ ich koͤnte mich unſichtbar machen/ und waͤre ſo
veſt wie Eiſen und Stahl/ davon wurde ich gefoͤrcht
wie die Peſt/ und ſchaͤmten ſich 30. Mann vom Ge-
gentheil nicht/ vor mir durchzugehen/ wann ſie mich
nur mit 15. in der Naͤhe wuſten. Zuletzt kam es da-
hin/ wo nur ein Ort in Contribution zu ſetzen war/
daß ich ſolches alles verꝛichten muſte/ davon wurde
mein Beutel ſo groß als mein Nahm/ meine Officier
und Cameraden liebten ihren Jaͤger/ die vornehmſte
Parteygaͤuger vom Gegentheil entſetzten ſich/ und
den Landmann hielt ich durch Forcht und Liebe auff
meiner Seiten/ dann ich wuſte meine Widerwertige
zu ſtraffen/ und die ſo mir nur den geringſten Dienſt
thaͤten/ reichlich zu belohnen/ allermaſſen ich bey
nahe die Helffte meiner Beuten wieder verſpendirte/
und auff Kundſchafften außlegte. Solcher Urſachen
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