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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Zweytes Buch.
Fürstlich dargereicht/ bey welcher der junge Hertz-
bruder auffzuwarten ersucht ward/ und weil er sich
auß Höflichkeit gern einstellete/ war solches dem
Olivier ein erwünschte Gelegenheit/ sein Schelmen-
stück/ mit welchem er lang schwanger gangen/ auff
die Welt zu bringen: Dann als nun alles vorüber
war/ manglete meines Obristen grosser verguldter
Tisch-Becher/ welchen er so leichtlich nicht verlo-
ren haben wolte/ weil er noch vorhanden gewesen/
da alle fremde Gäst schon hinweg waren; der Page
sagte zwar/ daß er ihn das letzte mal bey dem Oli-
vier
gesehen/ er war dessen aber nicht geständig;
Hierauff wurde der Provos geholet/ der Sachen
Rath zu schaffen/ und wurde ihm benebens anbefoh-
len/ wann er durch seine Kunst den Diebstal wieder
herzu könte bringen/ daß er das Werck so einrichten
solte/ damit der Dieb sonst niemand/ als dem Obri-
sten kund würde/ weil noch Officier von seinem Regi-
ment vorhanden waren/ welche er/ wenn sich viel-
leicht einer darvon übersehen hätte/ nicht gerne zu
schanden machen wolte.

Weil sich nun jeder unschuldig wuste/ so kamen
wir auch alle lustig in deß Obristen grosses Zelt/ da
der Zauberer die Sach vornam/ da sahe je einer den
andern an/ und verlangte zu vernehmen/ was es end-
lich abgeben/ und wo der verlorne Becher doch her-
kommen würde: Als er nun etliche Wort gemurmelt
hatte/ sprangen einem hier/ dem andern dort ein/ zwey/
drey/ auch mehr junge Hündlein auß den Hosen-sä-
cken/ Ermeln/ Stieffeln/ Hosen-Schlitzen/ und
wo sonst die Kleidungen offen waren: Diese wuselten
behend in der Zelt hin und wieder herumb/ waren

alle

Zweytes Buch.
Fuͤrſtlich dargereicht/ bey welcher der junge Hertz-
bruder auffzuwarten erſucht ward/ und weil er ſich
auß Hoͤflichkeit gern einſtellete/ war ſolches dem
Olivier ein erwuͤnſchte Gelegenheit/ ſein Schelmen-
ſtuͤck/ mit welchem er lang ſchwanger gangen/ auff
die Welt zu bringen: Dann als nun alles voruͤber
war/ manglete meines Obriſten groſſer verguldter
Tiſch-Becher/ welchen er ſo leichtlich nicht verlo-
ren haben wolte/ weil er noch vorhanden geweſen/
da alle fremde Gaͤſt ſchon hinweg waren; der Page
ſagte zwar/ daß er ihn das letzte mal bey dem Oli-
vier
geſehen/ er war deſſen aber nicht geſtaͤndig;
Hierauff wurde der Provos geholet/ der Sachen
Rath zu ſchaffen/ und wurde ihm benebens anbefoh-
len/ wann er durch ſeine Kunſt den Diebſtal wieder
herzu koͤnte bringen/ daß er das Werck ſo einrichten
ſolte/ damit der Dieb ſonſt niemand/ als dem Obri-
ſten kund wuͤrde/ weil noch Officier von ſeinem Regi-
ment vorhanden waren/ welche er/ wenn ſich viel-
leicht einer darvon uͤberſehen haͤtte/ nicht gerne zu
ſchanden machen wolte.

Weil ſich nun jeder unſchuldig wuſte/ ſo kamen
wir auch alle luſtig in deß Obriſten groſſes Zelt/ da
der Zauberer die Sach vornam/ da ſahe je einer den
andern an/ und verlangte zu vernehmen/ was es end-
lich abgeben/ und wo der verlorne Becher doch her-
kom̃en wuͤrde: Als er nun etliche Woꝛt gemurmelt
hatte/ ſprangen einem hier/ dem andern doꝛt ein/ zwey/
drey/ auch mehr junge Huͤndlein auß den Hoſen-ſaͤ-
cken/ Ermeln/ Stieffeln/ Hoſen-Schlitzen/ und
wo ſonſt die Kleidungen offen waren: Dieſe wuſelten
behend in der Zelt hin und wieder herumb/ waren

alle
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[211/0217] Zweytes Buch. Fuͤrſtlich dargereicht/ bey welcher der junge Hertz- bruder auffzuwarten erſucht ward/ und weil er ſich auß Hoͤflichkeit gern einſtellete/ war ſolches dem Olivier ein erwuͤnſchte Gelegenheit/ ſein Schelmen- ſtuͤck/ mit welchem er lang ſchwanger gangen/ auff die Welt zu bringen: Dann als nun alles voruͤber war/ manglete meines Obriſten groſſer verguldter Tiſch-Becher/ welchen er ſo leichtlich nicht verlo- ren haben wolte/ weil er noch vorhanden geweſen/ da alle fremde Gaͤſt ſchon hinweg waren; der Page ſagte zwar/ daß er ihn das letzte mal bey dem Oli- vier geſehen/ er war deſſen aber nicht geſtaͤndig; Hierauff wurde der Provos geholet/ der Sachen Rath zu ſchaffen/ und wurde ihm benebens anbefoh- len/ wann er durch ſeine Kunſt den Diebſtal wieder herzu koͤnte bringen/ daß er das Werck ſo einrichten ſolte/ damit der Dieb ſonſt niemand/ als dem Obri- ſten kund wuͤrde/ weil noch Officier von ſeinem Regi- ment vorhanden waren/ welche er/ wenn ſich viel- leicht einer darvon uͤberſehen haͤtte/ nicht gerne zu ſchanden machen wolte. Weil ſich nun jeder unſchuldig wuſte/ ſo kamen wir auch alle luſtig in deß Obriſten groſſes Zelt/ da der Zauberer die Sach vornam/ da ſahe je einer den andern an/ und verlangte zu vernehmen/ was es end- lich abgeben/ und wo der verlorne Becher doch her- kom̃en wuͤrde: Als er nun etliche Woꝛt gemurmelt hatte/ ſprangen einem hier/ dem andern doꝛt ein/ zwey/ drey/ auch mehr junge Huͤndlein auß den Hoſen-ſaͤ- cken/ Ermeln/ Stieffeln/ Hoſen-Schlitzen/ und wo ſonſt die Kleidungen offen waren: Dieſe wuſelten behend in der Zelt hin und wieder herumb/ waren alle

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/217>, abgerufen am 23.11.2024.