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Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669.

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lich wider in menschliche Gestalten verändert/ und
dieselbe öffter verwechselt/ als solche gedachter Hanß
Sachs von ihm beschriben; und weil ich von so un-
derschidlichen schnellen Verwandlungen weder im
Ovidio noch sonsten nirgends gelesen (dann den
mehrgedachten Hanß Sachsen hatte ich damahls
noch nit gesehen) gedachte ich der alte Protheus sey
wider von den Todten aufferstanden/ mich mit seiner
Gauckeley zuäffen; oder es sey villeicht der Teuffel
selbst/ mich als einen Einsidler zuversuchen/ und
zubetrügen; nachdem ich aber von ihm verstanden/
daß er mit bessern Ehren den Mon in seinem Wap-
pen führe/ als der Türckisch Käiser/ item daß die
Unbeständigkeit sein Auffenthalt: die Beständigkeit
aber seine ärgste Feindin seye/ umb welche er sich
gleichwol keine Schnall schere/ weil er mehrentheils
sie flüchtig mache; verändert er sich in einen Vogel/
flohe schnell darvon/ und liesse mir das nachsehen.

Darauff setzte ich mich nider in das Graß/ und
fieng an die jenige Wort zubetrachten/ die mir Bald-
anders hinderlassen hatte/ die Kunst so ich von ihm
zulernen darauß zubegreiffen/ ich hatte aber nit das
Hertz selbige außzusprechen/ weil sie mir vorkamen/
wie die jenige damit die Teuffelsbanner die höllische
Geister beschweren/ und andere Zauberey treiben/
massen sie dann auch eben so seltzamb/ unteutsch
und unverständlich scheinen ich sagte zu mir selber/
wirstu sie anfahen zureden/ wer weiß was dir alß-
dann vor Hexengespenst damit herbey lockest; vil-
leicht ist dieser Baldanders der Sathan gewest/ der
dich hierdurch verführen will; weistu nit wie es den
alten Einsidlern ergangen? Aber gleichwol under-

liesse

lich wider in menſchliche Geſtalten veraͤndert/ und
dieſelbe oͤffter verwechſelt/ als ſolche gedachter Hanß
Sachs von ihm beſchriben; und weil ich von ſo un-
derſchidlichen ſchnellen Verwandlungen weder im
Ovidio noch ſonſten nirgends geleſen (dann den
mehrgedachten Hanß Sachſen hatte ich damahls
noch nit geſehen) gedachte ich der alte Protheus ſey
wider von den Todten aufferſtanden/ mich mit ſeiner
Gauckeley zuaͤffen; oder es ſey villeicht der Teuffel
ſelbſt/ mich als einen Einſidler zuverſuchen/ und
zubetruͤgen; nachdem ich aber von ihm verſtanden/
daß er mit beſſern Ehren den Mon in ſeinem Wap-
pen fuͤhre/ als der Tuͤrckiſch Kaͤiſer/ item daß die
Unbeſtaͤndigkeit ſein Auffenthalt: die Beſtaͤndigkeit
aber ſeine aͤrgſte Feindin ſeye/ umb welche er ſich
gleichwol keine Schnall ſchere/ weil er mehrentheils
ſie fluͤchtig mache; veraͤndert er ſich in einen Vogel/
flohe ſchnell darvon/ und lieſſe mir das nachſehen.

Darauff ſetzte ich mich nider in das Graß/ und
fieng an die jenige Wort zubetrachten/ die mir Bald-
anders hinderlaſſen hatte/ die Kunſt ſo ich von ihm
zulernen darauß zubegreiffen/ ich hatte aber nit das
Hertz ſelbige außzuſprechen/ weil ſie mir vorkamen/
wie die jenige damit die Teuffelsbanner die hoͤlliſche
Geiſter beſchweren/ und andere Zauberey treiben/
maſſen ſie dann auch eben ſo ſeltzamb/ unteutſch
und unverſtaͤndlich ſcheinen ich ſagte zu mir ſelber/
wirſtu ſie anfahen zureden/ wer weiß was dir alß-
dann vor Hexengeſpenſt damit herbey lockeſt; vil-
leicht iſt dieſer Baldanders der Sathan geweſt/ der
dich hierdurch verfuͤhren will; weiſtu nit wie es den
alten Einſidlern ergangen? Aber gleichwol under-

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[0058] lich wider in menſchliche Geſtalten veraͤndert/ und dieſelbe oͤffter verwechſelt/ als ſolche gedachter Hanß Sachs von ihm beſchriben; und weil ich von ſo un- derſchidlichen ſchnellen Verwandlungen weder im Ovidio noch ſonſten nirgends geleſen (dann den mehrgedachten Hanß Sachſen hatte ich damahls noch nit geſehen) gedachte ich der alte Protheus ſey wider von den Todten aufferſtanden/ mich mit ſeiner Gauckeley zuaͤffen; oder es ſey villeicht der Teuffel ſelbſt/ mich als einen Einſidler zuverſuchen/ und zubetruͤgen; nachdem ich aber von ihm verſtanden/ daß er mit beſſern Ehren den Mon in ſeinem Wap- pen fuͤhre/ als der Tuͤrckiſch Kaͤiſer/ item daß die Unbeſtaͤndigkeit ſein Auffenthalt: die Beſtaͤndigkeit aber ſeine aͤrgſte Feindin ſeye/ umb welche er ſich gleichwol keine Schnall ſchere/ weil er mehrentheils ſie fluͤchtig mache; veraͤndert er ſich in einen Vogel/ flohe ſchnell darvon/ und lieſſe mir das nachſehen. Darauff ſetzte ich mich nider in das Graß/ und fieng an die jenige Wort zubetrachten/ die mir Bald- anders hinderlaſſen hatte/ die Kunſt ſo ich von ihm zulernen darauß zubegreiffen/ ich hatte aber nit das Hertz ſelbige außzuſprechen/ weil ſie mir vorkamen/ wie die jenige damit die Teuffelsbanner die hoͤlliſche Geiſter beſchweren/ und andere Zauberey treiben/ maſſen ſie dann auch eben ſo ſeltzamb/ unteutſch und unverſtaͤndlich ſcheinen ich ſagte zu mir ſelber/ wirſtu ſie anfahen zureden/ wer weiß was dir alß- dann vor Hexengeſpenſt damit herbey lockeſt; vil- leicht iſt dieſer Baldanders der Sathan geweſt/ der dich hierdurch verfuͤhren will; weiſtu nit wie es den alten Einſidlern ergangen? Aber gleichwol under- lieſſe

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Zitationshilfe: Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_continuatio_1669/58>, abgerufen am 24.11.2024.