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Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669.

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bey seinem Abscheid beraubt seyn müste/ bekümmere
ihn solches im geringsten nichts/ wann er nur GOtt
zum Freunde hab; so lang er bey den Menschen in
der Welt gewesen/ hätte er jeweils mehr Vertruß
von Feinden als vernüegungen von Freunden em-
pfangen/ und machten einen die Freund selbst offt
mehr Ungelegenheit als einer Freundschafft von
ihnen zuhoffen; hätte er hier keine Freund die ihn
liebten und bedienten/ so hätte er doch auch keine
Feinde die ihn hassen/ welche beyde Art der Men-
schen einen jeden zum sündigen bringen könten/
deren er aber beyder überhoben/ und also GOtt
desto geruhiger dienen könte; zwar hätte er anfäng-
lich vil versuchungen beydes von ihm selbsten und
den Erbfeind aller Menschen erdulten und über-
stehen müssen/ er hätte aber allwegen durch Gött-
liche Gnad in den Wunden seines Erlösers (dahin
noch sein einiger Zuflucht gestelt seye) Hilff/ Trost
und Errettung gefunden und empfangen;

Mit solchem und gleichmässigen mehrerem
Gespräch brachte ich mein Zeit mit dem Teutschen
zu in dessen wurde es mit unseren krancken von
Stund zu Stund besser so das wir den vierten Tag
auch kein eintztgen mehr hatten der sich klagt; wir
besserten im Schiff was zubessern war/ nahmen
frisch Wasser und anders von der Jnsul ein/ und
fuhren/ nach dem wir 6. Tag sich auff der Jnsul
genugsamb ergetzt und erfrischt/ den 7. Tag aber
gegen der Jnsul S. Helenae/ allwo wir theils Schiff
von unserer Armada fanden/ die auch ihren
Krancken pflegten und der überigen Schiff erwar-
teten; von dannen wir nachgehents glücklich allhier
in Holland ankommen;

Hie-

bey ſeinem Abſcheid beraubt ſeyn muͤſte/ bekuͤm̃ere
ihn ſolches im geringſten nichts/ wann er nur GOtt
zum Freunde hab; ſo lang er bey den Menſchen in
der Welt geweſen/ haͤtte er jeweils mehr Vertruß
von Feinden als vernuͤegungen von Freunden em-
pfangen/ und machten einen die Freund ſelbſt offt
mehr Ungelegenheit als einer Freundſchafft von
ihnen zuhoffen; haͤtte er hier keine Freund die ihn
liebten und bedienten/ ſo haͤtte er doch auch keine
Feinde die ihn haſſen/ welche beyde Art der Men-
ſchen einen jeden zum ſuͤndigen bringen koͤnten/
deren er aber beyder uͤberhoben/ und alſo GOtt
deſto geruhiger dienen koͤnte; zwar haͤtte er anfaͤng-
lich vil verſuchungen beydes von ihm ſelbſten und
den Erbfeind aller Menſchen erdulten und uͤber-
ſtehen muͤſſen/ er haͤtte aber allwegen durch Goͤtt-
liche Gnad in den Wunden ſeines Erloͤſers (dahin
noch ſein einiger Zuflucht geſtelt ſeye) Hilff/ Troſt
und Errettung gefunden und empfangen;

Mit ſolchem und gleichmaͤſſigen mehrerem
Geſpraͤch brachte ich mein Zeit mit dem Teutſchen
zu in deſſen wurde es mit unſeren krancken von
Stund zu Stund beſſer ſo das wir den vierten Tag
auch kein eintztgen mehr hatten der ſich klagt; wir
beſſerten im Schiff was zubeſſern war/ nahmen
friſch Waſſer und anders von der Jnſul ein/ und
fuhren/ nach dem wir 6. Tag ſich auff der Jnſul
genugſamb ergetzt und erfriſcht/ den 7. Tag aber
gegen der Jnſul S. Helenæ/ allwo wir theils Schiff
von unſerer Armada fanden/ die auch ihren
Krancken pflegten und der uͤberigen Schiff erwar-
teten; von dannen wir nachgehents gluͤcklich allhier
in Holland ankommen;

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[0164] bey ſeinem Abſcheid beraubt ſeyn muͤſte/ bekuͤm̃ere ihn ſolches im geringſten nichts/ wann er nur GOtt zum Freunde hab; ſo lang er bey den Menſchen in der Welt geweſen/ haͤtte er jeweils mehr Vertruß von Feinden als vernuͤegungen von Freunden em- pfangen/ und machten einen die Freund ſelbſt offt mehr Ungelegenheit als einer Freundſchafft von ihnen zuhoffen; haͤtte er hier keine Freund die ihn liebten und bedienten/ ſo haͤtte er doch auch keine Feinde die ihn haſſen/ welche beyde Art der Men- ſchen einen jeden zum ſuͤndigen bringen koͤnten/ deren er aber beyder uͤberhoben/ und alſo GOtt deſto geruhiger dienen koͤnte; zwar haͤtte er anfaͤng- lich vil verſuchungen beydes von ihm ſelbſten und den Erbfeind aller Menſchen erdulten und uͤber- ſtehen muͤſſen/ er haͤtte aber allwegen durch Goͤtt- liche Gnad in den Wunden ſeines Erloͤſers (dahin noch ſein einiger Zuflucht geſtelt ſeye) Hilff/ Troſt und Errettung gefunden und empfangen; Mit ſolchem und gleichmaͤſſigen mehrerem Geſpraͤch brachte ich mein Zeit mit dem Teutſchen zu in deſſen wurde es mit unſeren krancken von Stund zu Stund beſſer ſo das wir den vierten Tag auch kein eintztgen mehr hatten der ſich klagt; wir beſſerten im Schiff was zubeſſern war/ nahmen friſch Waſſer und anders von der Jnſul ein/ und fuhren/ nach dem wir 6. Tag ſich auff der Jnſul genugſamb ergetzt und erfriſcht/ den 7. Tag aber gegen der Jnſul S. Helenæ/ allwo wir theils Schiff von unſerer Armada fanden/ die auch ihren Krancken pflegten und der uͤberigen Schiff erwar- teten; von dannen wir nachgehents gluͤcklich allhier in Holland ankommen; Hie-

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Zitationshilfe: Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_continuatio_1669/164>, abgerufen am 24.11.2024.