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Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669.

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Verehrungen besuchten/ da hatte ich an Brodt/ But-
ter/ Saltz/ Keß/ Speck/ Eyern und dergleichen nit
allein keinen Mangel/ sonder auch einen Vberfluß;
wurde aber darumb nit desto gottseliger/ sonder je
länger je kälter/ saumseliger und schlimmer/ also
daß man mich beynahe einem Heuchler oder heili-
gen Schalck hett nennen mögen; doch underliesse ich
nicht/ die Tugenden und Laster zubetrachten/ und
zugedencken was mir zuthun seyn möchte/ wann ich
in Himmel wolte; Es geschahe aber alles unorden-
lich/ ohne rechtschaffenen Rath und einen vesten
Vorsatz/ hierzu einen Ernst anzulegen/ welchen
mein Stand und dessen Verbesserung von mir er-
forderte.

Das II. Capitel.

WJr lesen daß vor zeiten bey dem GOtt ergebe-
nen heiligen Gliedern der Christlichen Kir-
chen die Mortification oder Abtödtung deß Flei-
sches/ vornemblich in betten/ fasten und wachen
bestanden; gleichwie nun aber ich mich der ersten
beyden Stuck wenig befliesse; also liese ich mich auch
die süste Betöherung deß Schlaffs stracks überwin-
den/ so offt mir nur zugemuthet ward/ solche Schul-
digkeit (daß wir dann mit allen Thieren gemein ha-
ben) der Natur abzulegen; einmahls faullentzte ich
unter einer Thannen im Schatten/ vnd gab meinen
unnützen Gedancken gehör/ die mich fragten/ ob der
Geitz oder die Verschwendung das gröste oder ärgste
Laster seye? ich habe gesagt meinen unnützen Gedancken!
und das sag ich noch! dann lieber was hatte ich mich
umb die Verschwendung zubekümmern/ da ich doch
nichts zu verschwenden vermochte? und was gieng

mich

Verehrungen beſuchten/ da hatte ich an Brodt/ But-
ter/ Saltz/ Keß/ Speck/ Eyern und dergleichen nit
allein keinen Mangel/ ſonder auch einen Vberfluß;
wurde aber darumb nit deſto gottſeliger/ ſonder je
laͤnger je kaͤlter/ ſaumſeliger und ſchlimmer/ alſo
daß man mich beynahe einem Heuchler oder heili-
gen Schalck hett nennen moͤgen; doch underlieſſe ich
nicht/ die Tugenden und Laſter zubetrachten/ und
zugedencken was mir zuthun ſeyn moͤchte/ wann ich
in Himmel wolte; Es geſchahe aber alles unorden-
lich/ ohne rechtſchaffenen Rath und einen veſten
Vorſatz/ hierzu einen Ernſt anzulegen/ welchen
mein Stand und deſſen Verbeſſerung von mir er-
forderte.

Das II. Capitel.

WJr leſen daß vor zeiten bey dem GOtt ergebe-
nen heiligen Gliedern der Chriſtlichen Kir-
chen die Mortification oder Abtoͤdtung deß Flei-
ſches/ vornemblich in betten/ faſten und wachen
beſtanden; gleichwie nun aber ich mich der erſten
beyden Stuck wenig beflieſſe; alſo lieſe ich mich auch
die ſuͤſte Betoͤherung deß Schlaffs ſtracks uͤberwin-
den/ ſo offt mir nur zugemuthet ward/ ſolche Schul-
digkeit (daß wir dann mit allen Thieren gemein ha-
ben) der Natur abzulegen; einmahls faullentzte ich
unter einer Thannen im Schatten/ vnd gab meinen
unnuͤtzen Gedancken gehoͤr/ die mich fragten/ ob der
Geitz oder die Verſchwendung das groͤſte oder aͤrgſte
Laſter ſeye? ich habe geſagt meinẽ unnuͤtzẽ Gedancken!
und das ſag ich noch! dann lieber was hatte ich mich
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[0014] Verehrungen beſuchten/ da hatte ich an Brodt/ But- ter/ Saltz/ Keß/ Speck/ Eyern und dergleichen nit allein keinen Mangel/ ſonder auch einen Vberfluß; wurde aber darumb nit deſto gottſeliger/ ſonder je laͤnger je kaͤlter/ ſaumſeliger und ſchlimmer/ alſo daß man mich beynahe einem Heuchler oder heili- gen Schalck hett nennen moͤgen; doch underlieſſe ich nicht/ die Tugenden und Laſter zubetrachten/ und zugedencken was mir zuthun ſeyn moͤchte/ wann ich in Himmel wolte; Es geſchahe aber alles unorden- lich/ ohne rechtſchaffenen Rath und einen veſten Vorſatz/ hierzu einen Ernſt anzulegen/ welchen mein Stand und deſſen Verbeſſerung von mir er- forderte. Das II. Capitel. WJr leſen daß vor zeiten bey dem GOtt ergebe- nen heiligen Gliedern der Chriſtlichen Kir- chen die Mortification oder Abtoͤdtung deß Flei- ſches/ vornemblich in betten/ faſten und wachen beſtanden; gleichwie nun aber ich mich der erſten beyden Stuck wenig beflieſſe; alſo lieſe ich mich auch die ſuͤſte Betoͤherung deß Schlaffs ſtracks uͤberwin- den/ ſo offt mir nur zugemuthet ward/ ſolche Schul- digkeit (daß wir dann mit allen Thieren gemein ha- ben) der Natur abzulegen; einmahls faullentzte ich unter einer Thannen im Schatten/ vnd gab meinen unnuͤtzen Gedancken gehoͤr/ die mich fragten/ ob der Geitz oder die Verſchwendung das groͤſte oder aͤrgſte Laſter ſeye? ich habe geſagt meinẽ unnuͤtzẽ Gedancken! und das ſag ich noch! dann lieber was hatte ich mich umb die Verſchwendung zubekuͤmmern/ da ich doch nichts zu verſchwenden vermochte? und was gieng mich

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Zitationshilfe: Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_continuatio_1669/14>, abgerufen am 21.11.2024.