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Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669.

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ein stück Geld mit auff den Weg annehmen/ wann
ich je in solchem armseeligen Habit meine Wallfart
zu vollenden bedacht wäre; wer weiß sagte er/ wo
es der Herr bedarff? ich muste lachen/ und sagte
mein Herr/ es gibt mich wunder wie er mich einen
Herrn nennen mag/ da er doch siehet daß ich mir
fleiß ein armer Bethler zuverbleiben suche; wohl:
antwortet er/ so verbleibe er dann sein Lebtag bey
mir/ und nehme sein Allmosen täglich an meiner
Tafel; Herr/ sagte ich hingegen/ wann ich solches
thät/ so wäre ich ein grösserer Herr als er selbsten?
wie würde aber alsdann mein thierlicher Leib beste-
hen/ wann er so ohne Sorg wie der Reiche Mann
auff den alten Kayser hinein lebte/ würden ihn so
gute Tage nicht gumpen machen? will mein Herr
mir aber je eine Verehrung thun/ so bitte ich er las-
se mir meinen Rock fürtern weil es jetzt auff den
Winter loß gehet: Nun GOtt lob/ antwortet er/
daß sich gleichwol etwas findet meine Danckbarkeit
zubezeugen/ darauff liese er mir einen Schlaffbeltz
geben/ biß mein Rock gefütert wurde/ welches mit
wüllenem Tuch geschahe/ weil ich kein ander Futer
annehmen wolte; Als solches geschehen/ liese er
mich passiren und gab mir etliche Schreiben mit/
selbige unterwegs an seine Verwandte zubestellen/
mehr mich ihnen zu recommendiren als daß er viel
nöthigs zuberichten gehabt hätte.

Das XVII. Capitel.

ALso wandert ich dahin/ deß Vorsatzes die aller-
heiligste und berümbteste Oerter der Welt in
solchem Armen Stand zubesuchen/ dann ich bildete
mir ein daß Gott einen sonderbaren gnädigen Blick

auff
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ein ſtuͤck Geld mit auff den Weg annehmen/ wann
ich je in ſolchem armſeeligen Habit meine Wallfart
zu vollenden bedacht waͤre; wer weiß ſagte er/ wo
es der Herꝛ bedarff? ich muſte lachen/ und ſagte
mein Herꝛ/ es gibt mich wunder wie er mich einen
Herꝛn nennen mag/ da er doch ſiehet daß ich mir
fleiß ein armer Bethler zuverbleiben ſuche; wohl:
antwortet er/ ſo verbleibe er dann ſein Lebtag bey
mir/ und nehme ſein Allmoſen taͤglich an meiner
Tafel; Herꝛ/ ſagte ich hingegen/ wann ich ſolches
thaͤt/ ſo waͤre ich ein groͤſſerer Herꝛ als er ſelbſten?
wie wuͤrde aber alsdann mein thierlicher Leib beſte-
hen/ wann er ſo ohne Sorg wie der Reiche Mann
auff den alten Kayſer hinein lebte/ wuͤrden ihn ſo
gute Tage nicht gumpen machen? will mein Herꝛ
mir aber je eine Verehrung thun/ ſo bitte ich er laſ-
ſe mir meinen Rock fuͤrtern weil es jetzt auff den
Winter loß gehet: Nun GOtt lob/ antwortet er/
daß ſich gleichwol etwas findet meine Danckbarkeit
zubezeugen/ darauff lieſe er mir einen Schlaffbeltz
geben/ biß mein Rock gefuͤtert wurde/ welches mit
wuͤllenem Tuch geſchahe/ weil ich kein ander Futer
annehmen wolte; Als ſolches geſchehen/ lieſe er
mich paſſiren und gab mir etliche Schreiben mit/
ſelbige unterwegs an ſeine Verwandte zubeſtellen/
mehr mich ihnen zu recommendiren als daß er viel
noͤthigs zuberichten gehabt haͤtte.

Das XVII. Capitel.

ALſo wandert ich dahin/ deß Vorſatzes die aller-
heiligſte und beruͤmbteſte Oerter der Welt in
ſolchem Armen Stand zubeſuchen/ dann ich bildete
mir ein daß Gott einen ſonderbaren gnaͤdigen Blick

auff
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[0105] ein ſtuͤck Geld mit auff den Weg annehmen/ wann ich je in ſolchem armſeeligen Habit meine Wallfart zu vollenden bedacht waͤre; wer weiß ſagte er/ wo es der Herꝛ bedarff? ich muſte lachen/ und ſagte mein Herꝛ/ es gibt mich wunder wie er mich einen Herꝛn nennen mag/ da er doch ſiehet daß ich mir fleiß ein armer Bethler zuverbleiben ſuche; wohl: antwortet er/ ſo verbleibe er dann ſein Lebtag bey mir/ und nehme ſein Allmoſen taͤglich an meiner Tafel; Herꝛ/ ſagte ich hingegen/ wann ich ſolches thaͤt/ ſo waͤre ich ein groͤſſerer Herꝛ als er ſelbſten? wie wuͤrde aber alsdann mein thierlicher Leib beſte- hen/ wann er ſo ohne Sorg wie der Reiche Mann auff den alten Kayſer hinein lebte/ wuͤrden ihn ſo gute Tage nicht gumpen machen? will mein Herꝛ mir aber je eine Verehrung thun/ ſo bitte ich er laſ- ſe mir meinen Rock fuͤrtern weil es jetzt auff den Winter loß gehet: Nun GOtt lob/ antwortet er/ daß ſich gleichwol etwas findet meine Danckbarkeit zubezeugen/ darauff lieſe er mir einen Schlaffbeltz geben/ biß mein Rock gefuͤtert wurde/ welches mit wuͤllenem Tuch geſchahe/ weil ich kein ander Futer annehmen wolte; Als ſolches geſchehen/ lieſe er mich paſſiren und gab mir etliche Schreiben mit/ ſelbige unterwegs an ſeine Verwandte zubeſtellen/ mehr mich ihnen zu recommendiren als daß er viel noͤthigs zuberichten gehabt haͤtte. Das XVII. Capitel. ALſo wandert ich dahin/ deß Vorſatzes die aller- heiligſte und beruͤmbteſte Oerter der Welt in ſolchem Armen Stand zubeſuchen/ dann ich bildete mir ein daß Gott einen ſonderbaren gnaͤdigen Blick auff E 3

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Zitationshilfe: Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_continuatio_1669/105>, abgerufen am 24.11.2024.