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Grimm, Albert Ludwig: Die malerischen und romantischen Stellen des Odenwaldes. Darmstadt, 1843.

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auch abwesend unablässig thätig. Da er sich zufällig im Elsass aufhielt, verwendete er sich bei Karl Martell, und auch der heilige Bonifacius unterstützte sein Gesuch um Erbauung eines grossen Klosters im Odenwalde.

Der siegreiche Majordomus Karl Martell willigte in ihre Bitten, gab ihnen die Mittel zu der beabsichtigten Gründung eines ordentlichen Klosters, und Graf Rudhard gab die Baustelle und andere Güter dazu, vermachte auch dem Kloster, da er kinderlos starb, sein ganzes Besitzthum. Das Fundament dazu wurde im Jahre 730 gelegt und im Jahre 734 war es vollendet.

Auch von anderen Seiten erhielt das Kloster viele Schenkungen, und insbesondere war Pipin, Karl Martells Sohn, in der Folge sehr freigebig gegen dasselbe. Von Karl dem Grossen und Ludwig dem Frommen blieben dem Kloster zwar aus den erlittenen Kriegsstürmen keine Schenkungsurkunden übrig; es erhellt aber aus anderen Schriften, dass auch sie dieses Kloster reichlich mit Gütern und Gerechtsamen bedacht haben.

Noch hatte das Kloster Amorbach nicht volle zweihundert Jahre bestanden, als es hart heimgesucht wurde. Im Anfange des zehnten Jahrhunderts durchzogen die Hunnen unter Attila, der sich selbst die Geissel Gottes nannte, ganz Deutschland, und wahrscheinlich zwischen den Jahren 910 bis 915 kamen sie auch nach Amorbach. Wie Mord und Brand allenthalben ihre Spur bezeichnete, so geschah es auch hier. Sie verjagten oder tödteten die Mönche, plünderten das Kloster und brannten es zuletzt nieder. Bei dieser Gelegenheit gingen die meisten älteren Dokumente verloren.

Kaiser Otto III. schenkte aus unbekannten Ursachen die Abtei Amorbach mit ihren zahlreichen Gütern im Jahre 994 dem Erzbischof Bernward von Würzburg. Da sie bis dahin keinem Bischofe oder Erzbischofe unterworfen war, sondern unmittelbar unter dem heiligen Stuhle gestanden (wesshalb sich manche Aebte "von Gottes und des heil. Stuhles Gnaden" benannten), so widersetzte sich der damalige Abt Otho I. dieser Schenkung, und er und sein Nachfolger Richard I. verwendeten sich bei Kaiser Heinrich, dem Nachfolger Otto's III., um Wiederherstellung ihrer frühern Freiheit, doch war Alles vergeblich. Später kam es im Jahre 1659 unter das Ordinariat von Mainz.

auch abwesend unablässig thätig. Da er sich zufällig im Elsass aufhielt, verwendete er sich bei Karl Martell, und auch der heilige Bonifacius unterstützte sein Gesuch um Erbauung eines grossen Klosters im Odenwalde.

Der siegreiche Majordomus Karl Martell willigte in ihre Bitten, gab ihnen die Mittel zu der beabsichtigten Gründung eines ordentlichen Klosters, und Graf Rudhard gab die Baustelle und andere Güter dazu, vermachte auch dem Kloster, da er kinderlos starb, sein ganzes Besitzthum. Das Fundament dazu wurde im Jahre 730 gelegt und im Jahre 734 war es vollendet.

Auch von anderen Seiten erhielt das Kloster viele Schenkungen, und insbesondere war Pipin, Karl Martells Sohn, in der Folge sehr freigebig gegen dasselbe. Von Karl dem Grossen und Ludwig dem Frommen blieben dem Kloster zwar aus den erlittenen Kriegsstürmen keine Schenkungsurkunden übrig; es erhellt aber aus anderen Schriften, dass auch sie dieses Kloster reichlich mit Gütern und Gerechtsamen bedacht haben.

Noch hatte das Kloster Amorbach nicht volle zweihundert Jahre bestanden, als es hart heimgesucht wurde. Im Anfange des zehnten Jahrhunderts durchzogen die Hunnen unter Attila, der sich selbst die Geissel Gottes nannte, ganz Deutschland, und wahrscheinlich zwischen den Jahren 910 bis 915 kamen sie auch nach Amorbach. Wie Mord und Brand allenthalben ihre Spur bezeichnete, so geschah es auch hier. Sie verjagten oder tödteten die Mönche, plünderten das Kloster und brannten es zuletzt nieder. Bei dieser Gelegenheit gingen die meisten älteren Dokumente verloren.

Kaiser Otto III. schenkte aus unbekannten Ursachen die Abtei Amorbach mit ihren zahlreichen Gütern im Jahre 994 dem Erzbischof Bernward von Würzburg. Da sie bis dahin keinem Bischofe oder Erzbischofe unterworfen war, sondern unmittelbar unter dem heiligen Stuhle gestanden (wesshalb sich manche Aebte „von Gottes und des heil. Stuhles Gnaden“ benannten), so widersetzte sich der damalige Abt Otho I. dieser Schenkung, und er und sein Nachfolger Richard I. verwendeten sich bei Kaiser Heinrich, dem Nachfolger Otto’s III., um Wiederherstellung ihrer frühern Freiheit, doch war Alles vergeblich. Später kam es im Jahre 1659 unter das Ordinariat von Mainz.

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          <p>Der siegreiche Majordomus Karl Martell willigte in ihre Bitten, gab ihnen die Mittel zu der beabsichtigten Gründung eines ordentlichen Klosters, und Graf Rudhard gab die Baustelle und andere Güter dazu, vermachte auch dem Kloster, da er kinderlos starb, sein ganzes Besitzthum. Das Fundament dazu wurde im Jahre 730 gelegt und im Jahre 734 war es vollendet.</p>
          <p>Auch von anderen Seiten erhielt das Kloster viele Schenkungen, und insbesondere war Pipin, Karl Martells Sohn, in der Folge sehr freigebig gegen dasselbe. Von Karl dem Grossen und Ludwig dem Frommen blieben dem Kloster zwar aus den erlittenen Kriegsstürmen keine Schenkungsurkunden übrig; es erhellt aber aus anderen Schriften, dass auch sie dieses Kloster reichlich mit Gütern und Gerechtsamen bedacht haben.</p>
          <p>Noch hatte das Kloster Amorbach nicht volle zweihundert Jahre bestanden, als es hart heimgesucht wurde. Im Anfange des zehnten Jahrhunderts durchzogen die Hunnen unter Attila, der sich selbst die Geissel Gottes nannte, ganz Deutschland, und wahrscheinlich zwischen den Jahren 910 bis 915 kamen sie auch nach Amorbach. Wie Mord und Brand allenthalben ihre Spur bezeichnete, so geschah es auch hier. Sie verjagten oder tödteten die Mönche, plünderten das Kloster und brannten es zuletzt nieder. Bei dieser Gelegenheit gingen die meisten älteren Dokumente verloren.</p>
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[83/0083] auch abwesend unablässig thätig. Da er sich zufällig im Elsass aufhielt, verwendete er sich bei Karl Martell, und auch der heilige Bonifacius unterstützte sein Gesuch um Erbauung eines grossen Klosters im Odenwalde. Der siegreiche Majordomus Karl Martell willigte in ihre Bitten, gab ihnen die Mittel zu der beabsichtigten Gründung eines ordentlichen Klosters, und Graf Rudhard gab die Baustelle und andere Güter dazu, vermachte auch dem Kloster, da er kinderlos starb, sein ganzes Besitzthum. Das Fundament dazu wurde im Jahre 730 gelegt und im Jahre 734 war es vollendet. Auch von anderen Seiten erhielt das Kloster viele Schenkungen, und insbesondere war Pipin, Karl Martells Sohn, in der Folge sehr freigebig gegen dasselbe. Von Karl dem Grossen und Ludwig dem Frommen blieben dem Kloster zwar aus den erlittenen Kriegsstürmen keine Schenkungsurkunden übrig; es erhellt aber aus anderen Schriften, dass auch sie dieses Kloster reichlich mit Gütern und Gerechtsamen bedacht haben. Noch hatte das Kloster Amorbach nicht volle zweihundert Jahre bestanden, als es hart heimgesucht wurde. Im Anfange des zehnten Jahrhunderts durchzogen die Hunnen unter Attila, der sich selbst die Geissel Gottes nannte, ganz Deutschland, und wahrscheinlich zwischen den Jahren 910 bis 915 kamen sie auch nach Amorbach. Wie Mord und Brand allenthalben ihre Spur bezeichnete, so geschah es auch hier. Sie verjagten oder tödteten die Mönche, plünderten das Kloster und brannten es zuletzt nieder. Bei dieser Gelegenheit gingen die meisten älteren Dokumente verloren. Kaiser Otto III. schenkte aus unbekannten Ursachen die Abtei Amorbach mit ihren zahlreichen Gütern im Jahre 994 dem Erzbischof Bernward von Würzburg. Da sie bis dahin keinem Bischofe oder Erzbischofe unterworfen war, sondern unmittelbar unter dem heiligen Stuhle gestanden (wesshalb sich manche Aebte „von Gottes und des heil. Stuhles Gnaden“ benannten), so widersetzte sich der damalige Abt Otho I. dieser Schenkung, und er und sein Nachfolger Richard I. verwendeten sich bei Kaiser Heinrich, dem Nachfolger Otto’s III., um Wiederherstellung ihrer frühern Freiheit, doch war Alles vergeblich. Später kam es im Jahre 1659 unter das Ordinariat von Mainz.

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Zitationshilfe: Grimm, Albert Ludwig: Die malerischen und romantischen Stellen des Odenwaldes. Darmstadt, 1843, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_odenwald_1843/83>, abgerufen am 23.11.2024.