Grimm, Albert Ludwig: Die malerischen und romantischen Stellen des Odenwaldes. Darmstadt, 1843.Es war ein Engel des Herrn gewesen. In seinen Armen belebte sich die Leiche wieder, und als Joseph zu sich selbst kam, befand er sich bei dem Amphitheater in Verona, und sein Herr kam ihm entgegen, der auf der Reise schon hierher gekommen war. Er begleitete ihn nun nach Rom und kehrte später mit ihm nach Deutschland zurück. In Speyer hörte er von dem frommen Wandel der Mönche im Kloster Schönau, und sogleich entschloss er sich auch, zu ihnen zu gehen, um sich durch fromme Uebung des ewigen Heiles würdig zu machen. Die Brüder nahmen den neuen Zögling bereitwillig auf, und unterrichteten ihn in den Regeln ihres Ordens; er aber erfüllte als Novize seine Pflichten pünktlich und getreu. Noch war aber das Probejahr nicht vorüber, da erkrankte Joseph. Die Anstrengungen seiner weiten Reisen, die ausgestandenen Mühseligkeiten und die Kasteiungen hatten die Kräfte seines Körpers aufgezehrt Am 20. April des Jahres 1188 entschlief er selig in dem Herrn. Sein Geschlecht war bis zu seinem Tode unerkannt geblieben; erst jetzt erfuhr man, dass der vermeinte Knabe Joseph die Jungfrau Hildegunde war. Sie ward im Kloster begraben, ist aber nach ihrem Tode Vielen erschienen, und hat manche Wunder gewirkt. Wo aber jetzt ihre Reliquien aufbewahrt werden, ist unbekannt. Von Schönau setzt die Steinach ihren bisherigen nicht ganz südlichen, sondern etwas östlich gewendeten Lauf fort, und an derselben finden wir noch den Lindenbacher Hof, der schon zu den Zeiten als das Kloster Schönau gestiftet wurde, bestand, und dessen sogar in der Stiftungsurkunde desselben Erwähnung geschieht. Ehe sich das Thal bei Neckarsteinach ausmündet, tritt ihm von Westen her eine Vorhöhe der Neckargebirge in den Weg, so dass es sich, ganz östlich und südöstlich wenden muss. Auf dieser Höhe stehen die Burgen von Neckarsteinach und gewähren von dieser Seite, wo der Neckar ganz unsichtbar ist, ein überraschendes und äusserst romantisches Bild. Man erzählt von der Steinach, dass man vor noch nicht so langen Jahren Perlenmuscheln in ihr gefunden habe. Zwar ward die Wahrheit dieser Sage, wie die Möglichkeit in Zweifel gezogen; Es war ein Engel des Herrn gewesen. In seinen Armen belebte sich die Leiche wieder, und als Joseph zu sich selbst kam, befand er sich bei dem Amphitheater in Verona, und sein Herr kam ihm entgegen, der auf der Reise schon hierher gekommen war. Er begleitete ihn nun nach Rom und kehrte später mit ihm nach Deutschland zurück. In Speyer hörte er von dem frommen Wandel der Mönche im Kloster Schönau, und sogleich entschloss er sich auch, zu ihnen zu gehen, um sich durch fromme Uebung des ewigen Heiles würdig zu machen. Die Brüder nahmen den neuen Zögling bereitwillig auf, und unterrichteten ihn in den Regeln ihres Ordens; er aber erfüllte als Novize seine Pflichten pünktlich und getreu. Noch war aber das Probejahr nicht vorüber, da erkrankte Joseph. Die Anstrengungen seiner weiten Reisen, die ausgestandenen Mühseligkeiten und die Kasteiungen hatten die Kräfte seines Körpers aufgezehrt Am 20. April des Jahres 1188 entschlief er selig in dem Herrn. Sein Geschlecht war bis zu seinem Tode unerkannt geblieben; erst jetzt erfuhr man, dass der vermeinte Knabe Joseph die Jungfrau Hildegunde war. Sie ward im Kloster begraben, ist aber nach ihrem Tode Vielen erschienen, und hat manche Wunder gewirkt. Wo aber jetzt ihre Reliquien aufbewahrt werden, ist unbekannt. Von Schönau setzt die Steinach ihren bisherigen nicht ganz südlichen, sondern etwas östlich gewendeten Lauf fort, und an derselben finden wir noch den Lindenbacher Hof, der schon zu den Zeiten als das Kloster Schönau gestiftet wurde, bestand, und dessen sogar in der Stiftungsurkunde desselben Erwähnung geschieht. Ehe sich das Thal bei Neckarsteinach ausmündet, tritt ihm von Westen her eine Vorhöhe der Neckargebirge in den Weg, so dass es sich, ganz östlich und südöstlich wenden muss. Auf dieser Höhe stehen die Burgen von Neckarsteinach und gewähren von dieser Seite, wo der Neckar ganz unsichtbar ist, ein überraschendes und äusserst romantisches Bild. Man erzählt von der Steinach, dass man vor noch nicht so langen Jahren Perlenmuscheln in ihr gefunden habe. Zwar ward die Wahrheit dieser Sage, wie die Möglichkeit in Zweifel gezogen; <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0065" n="65"/> <p>Es war ein Engel des Herrn gewesen. In seinen Armen belebte sich die Leiche wieder, und als Joseph zu sich selbst kam, befand er sich bei dem Amphitheater in Verona, und sein Herr kam ihm entgegen, der auf der Reise schon hierher gekommen war. Er begleitete ihn nun nach Rom und kehrte später mit ihm nach Deutschland zurück.</p> <p>In Speyer hörte er von dem frommen Wandel der Mönche im Kloster Schönau, und sogleich entschloss er sich auch, zu ihnen zu gehen, um sich durch fromme Uebung des ewigen Heiles würdig zu machen.</p> <p>Die Brüder nahmen den neuen Zögling bereitwillig auf, und unterrichteten ihn in den Regeln ihres Ordens; er aber erfüllte als Novize seine Pflichten pünktlich und getreu. Noch war aber das Probejahr nicht vorüber, da erkrankte Joseph. Die Anstrengungen seiner weiten Reisen, die ausgestandenen Mühseligkeiten und die Kasteiungen hatten die Kräfte seines Körpers aufgezehrt Am 20. April des Jahres 1188 entschlief er selig in dem Herrn.</p> <p>Sein Geschlecht war bis zu seinem Tode unerkannt geblieben; erst jetzt erfuhr man, dass der vermeinte Knabe Joseph die Jungfrau Hildegunde war. Sie ward im Kloster begraben, ist aber nach ihrem Tode Vielen erschienen, und hat manche Wunder gewirkt. Wo aber jetzt ihre Reliquien aufbewahrt werden, ist unbekannt.</p> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Von Schönau setzt die Steinach ihren bisherigen nicht ganz südlichen, sondern etwas östlich gewendeten Lauf fort, und an derselben finden wir noch den Lindenbacher Hof, der schon zu den Zeiten als das Kloster Schönau gestiftet wurde, bestand, und dessen sogar in der Stiftungsurkunde desselben Erwähnung geschieht. Ehe sich das Thal bei Neckarsteinach ausmündet, tritt ihm von Westen her eine Vorhöhe der Neckargebirge in den Weg, so dass es sich, ganz östlich und südöstlich wenden muss. Auf dieser Höhe stehen die Burgen von Neckarsteinach und gewähren von dieser Seite, wo der Neckar ganz unsichtbar ist, ein überraschendes und äusserst romantisches Bild.</p> <p>Man erzählt von der Steinach, dass man vor noch nicht so langen Jahren Perlenmuscheln in ihr gefunden habe. Zwar ward die Wahrheit dieser Sage, wie die Möglichkeit in Zweifel gezogen; </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [65/0065]
Es war ein Engel des Herrn gewesen. In seinen Armen belebte sich die Leiche wieder, und als Joseph zu sich selbst kam, befand er sich bei dem Amphitheater in Verona, und sein Herr kam ihm entgegen, der auf der Reise schon hierher gekommen war. Er begleitete ihn nun nach Rom und kehrte später mit ihm nach Deutschland zurück.
In Speyer hörte er von dem frommen Wandel der Mönche im Kloster Schönau, und sogleich entschloss er sich auch, zu ihnen zu gehen, um sich durch fromme Uebung des ewigen Heiles würdig zu machen.
Die Brüder nahmen den neuen Zögling bereitwillig auf, und unterrichteten ihn in den Regeln ihres Ordens; er aber erfüllte als Novize seine Pflichten pünktlich und getreu. Noch war aber das Probejahr nicht vorüber, da erkrankte Joseph. Die Anstrengungen seiner weiten Reisen, die ausgestandenen Mühseligkeiten und die Kasteiungen hatten die Kräfte seines Körpers aufgezehrt Am 20. April des Jahres 1188 entschlief er selig in dem Herrn.
Sein Geschlecht war bis zu seinem Tode unerkannt geblieben; erst jetzt erfuhr man, dass der vermeinte Knabe Joseph die Jungfrau Hildegunde war. Sie ward im Kloster begraben, ist aber nach ihrem Tode Vielen erschienen, und hat manche Wunder gewirkt. Wo aber jetzt ihre Reliquien aufbewahrt werden, ist unbekannt.
Von Schönau setzt die Steinach ihren bisherigen nicht ganz südlichen, sondern etwas östlich gewendeten Lauf fort, und an derselben finden wir noch den Lindenbacher Hof, der schon zu den Zeiten als das Kloster Schönau gestiftet wurde, bestand, und dessen sogar in der Stiftungsurkunde desselben Erwähnung geschieht. Ehe sich das Thal bei Neckarsteinach ausmündet, tritt ihm von Westen her eine Vorhöhe der Neckargebirge in den Weg, so dass es sich, ganz östlich und südöstlich wenden muss. Auf dieser Höhe stehen die Burgen von Neckarsteinach und gewähren von dieser Seite, wo der Neckar ganz unsichtbar ist, ein überraschendes und äusserst romantisches Bild.
Man erzählt von der Steinach, dass man vor noch nicht so langen Jahren Perlenmuscheln in ihr gefunden habe. Zwar ward die Wahrheit dieser Sage, wie die Möglichkeit in Zweifel gezogen;
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2013-01-11T17:54:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-01-11T17:54:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2013-01-11T17:54:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |