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Grimm, Albert Ludwig: Die malerischen und romantischen Stellen des Odenwaldes. Darmstadt, 1843.

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und der Kurfürst nahm schon im folgenden Jahre 1477 von den Aemtern Umstadt und Otzberg für das Pfälzische Kurhaus Besitz.

Zur Zeit der Baierischen Fehde (1504) bemächtigte sich Landgraf Wilhelm von Hessen, dem der Vollzug der Achterklärung gegen Philipp I. von der Pfalz aufgetragen war, der meisten zu dem Oberamte Umstadt gehörigen Orte. Während er die Stadt Umstadt belagerte, kam ein Vertrag darüber auf dem Landtage zu Köln zu Stande, und im Jahre 1521 verglichen sich unter Vermittelung des Bischofs von Strassburg Kurfürst Ludwig V. von der Pfalz und Landgraf Philipp von Hessen dahin, dass die Pfalz und Hessen die Stadt Umstadt "sammt aller Herrlichkeit und Zugehörung von diesen beiden in ungetheilter Gemeinschaft inne haben sollten".

Während dieses gemeinschaftlichen Besitzes wurden die beiderseitigen Antheile mehrmals gegenseitig verpfändet, so dass einmal die Pfalz, ein andermal Hessen-Darmstadt im Besitze des Ganzen war, bis die bei der Verpfändung ausbedungene Auslösung eintrat. Der gemeinschaftliche Besitz gab indessen in der Folge die Veranlassung zu manchen Irrungen zwischen den Besitzern.

Im dreissigjährigen Kriege hatte der Landgraf Ludwig von Hessen auf die Bitte der Unterthanen und mit Bewilligung des unglücklichen Königs Friedrich, den Otzberg und die Pfälzische Hälfte von Umstadt in Besitz genommen. Da er nun auf dem Reichstage zu Regensburg im Jahre 1623 wegen des in seinem eigenen Lande erlittenen Schadens Klage führte, wurde ihm, was er davon in Besitz genommen, als Entschädigung von dem Kaiser zugesprochen.

Ein schaudervolles Bild von dem Elende, welches das leidige Gefolge des Krieges, Mangel und Krankheiten in der Gegend verbreiteten, hat uns, aus den Aufzeichnungen des Pfarrers Mink, Retter in seinen "Hessischen Nachrichten" aus der Zeit des dreissigjährigen Krieges aufbewahrt. Wir lesen dort: "Da starb mancher Mensch auf dem Lande, dass niemand von seinem Tod etwas wusste. Darum blieben sehr viele, und viele eine lange Zeit unbegraben liegen, dass sie ganz vermürbet und voller Würmer waren. Es lagen oft Kranke bei den Todten in einem Bett. Und habe ich selbsten ein krankes Mägdlein zu Umstadt gegen

und der Kurfürst nahm schon im folgenden Jahre 1477 von den Aemtern Umstadt und Otzberg für das Pfälzische Kurhaus Besitz.

Zur Zeit der Baierischen Fehde (1504) bemächtigte sich Landgraf Wilhelm von Hessen, dem der Vollzug der Achterklärung gegen Philipp I. von der Pfalz aufgetragen war, der meisten zu dem Oberamte Umstadt gehörigen Orte. Während er die Stadt Umstadt belagerte, kam ein Vertrag darüber auf dem Landtage zu Köln zu Stande, und im Jahre 1521 verglichen sich unter Vermittelung des Bischofs von Strassburg Kurfürst Ludwig V. von der Pfalz und Landgraf Philipp von Hessen dahin, dass die Pfalz und Hessen die Stadt Umstadt „sammt aller Herrlichkeit und Zugehörung von diesen beiden in ungetheilter Gemeinschaft inne haben sollten“.

Während dieses gemeinschaftlichen Besitzes wurden die beiderseitigen Antheile mehrmals gegenseitig verpfändet, so dass einmal die Pfalz, ein andermal Hessen-Darmstadt im Besitze des Ganzen war, bis die bei der Verpfändung ausbedungene Auslösung eintrat. Der gemeinschaftliche Besitz gab indessen in der Folge die Veranlassung zu manchen Irrungen zwischen den Besitzern.

Im dreissigjährigen Kriege hatte der Landgraf Ludwig von Hessen auf die Bitte der Unterthanen und mit Bewilligung des unglücklichen Königs Friedrich, den Otzberg und die Pfälzische Hälfte von Umstadt in Besitz genommen. Da er nun auf dem Reichstage zu Regensburg im Jahre 1623 wegen des in seinem eigenen Lande erlittenen Schadens Klage führte, wurde ihm, was er davon in Besitz genommen, als Entschädigung von dem Kaiser zugesprochen.

Ein schaudervolles Bild von dem Elende, welches das leidige Gefolge des Krieges, Mangel und Krankheiten in der Gegend verbreiteten, hat uns, aus den Aufzeichnungen des Pfarrers Mink, Retter in seinen „Hessischen Nachrichten“ aus der Zeit des dreissigjährigen Krieges aufbewahrt. Wir lesen dort: „Da starb mancher Mensch auf dem Lande, dass niemand von seinem Tod etwas wusste. Darum blieben sehr viele, und viele eine lange Zeit unbegraben liegen, dass sie ganz vermürbet und voller Würmer waren. Es lagen oft Kranke bei den Todten in einem Bett. Und habe ich selbsten ein krankes Mägdlein zu Umstadt gegen

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[41/0041] und der Kurfürst nahm schon im folgenden Jahre 1477 von den Aemtern Umstadt und Otzberg für das Pfälzische Kurhaus Besitz. Zur Zeit der Baierischen Fehde (1504) bemächtigte sich Landgraf Wilhelm von Hessen, dem der Vollzug der Achterklärung gegen Philipp I. von der Pfalz aufgetragen war, der meisten zu dem Oberamte Umstadt gehörigen Orte. Während er die Stadt Umstadt belagerte, kam ein Vertrag darüber auf dem Landtage zu Köln zu Stande, und im Jahre 1521 verglichen sich unter Vermittelung des Bischofs von Strassburg Kurfürst Ludwig V. von der Pfalz und Landgraf Philipp von Hessen dahin, dass die Pfalz und Hessen die Stadt Umstadt „sammt aller Herrlichkeit und Zugehörung von diesen beiden in ungetheilter Gemeinschaft inne haben sollten“. Während dieses gemeinschaftlichen Besitzes wurden die beiderseitigen Antheile mehrmals gegenseitig verpfändet, so dass einmal die Pfalz, ein andermal Hessen-Darmstadt im Besitze des Ganzen war, bis die bei der Verpfändung ausbedungene Auslösung eintrat. Der gemeinschaftliche Besitz gab indessen in der Folge die Veranlassung zu manchen Irrungen zwischen den Besitzern. Im dreissigjährigen Kriege hatte der Landgraf Ludwig von Hessen auf die Bitte der Unterthanen und mit Bewilligung des unglücklichen Königs Friedrich, den Otzberg und die Pfälzische Hälfte von Umstadt in Besitz genommen. Da er nun auf dem Reichstage zu Regensburg im Jahre 1623 wegen des in seinem eigenen Lande erlittenen Schadens Klage führte, wurde ihm, was er davon in Besitz genommen, als Entschädigung von dem Kaiser zugesprochen. Ein schaudervolles Bild von dem Elende, welches das leidige Gefolge des Krieges, Mangel und Krankheiten in der Gegend verbreiteten, hat uns, aus den Aufzeichnungen des Pfarrers Mink, Retter in seinen „Hessischen Nachrichten“ aus der Zeit des dreissigjährigen Krieges aufbewahrt. Wir lesen dort: „Da starb mancher Mensch auf dem Lande, dass niemand von seinem Tod etwas wusste. Darum blieben sehr viele, und viele eine lange Zeit unbegraben liegen, dass sie ganz vermürbet und voller Würmer waren. Es lagen oft Kranke bei den Todten in einem Bett. Und habe ich selbsten ein krankes Mägdlein zu Umstadt gegen

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Zitationshilfe: Grimm, Albert Ludwig: Die malerischen und romantischen Stellen des Odenwaldes. Darmstadt, 1843, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_odenwald_1843/41>, abgerufen am 23.11.2024.