Grimm, Albert Ludwig: Die malerischen und romantischen Stellen des Odenwaldes. Darmstadt, 1843.Erkingers und Heinrichs von Rodenstein, es nicht verschmähete, an derselben als Pfarrer angestellt zu werden. Der alte Kirchthurm war im Jahre 1487 erbaut, und trug das Wappen der Familie von Rodenstein und von Hirschhorn. Am 25. März 1643 schlug das Gewitter darein, zündete und Dach und Glockenstuhl verbrannte, die Glocken schmolzen und nur das Mauerwerk blieb bis auf unsere Tage stehen. Auf einer östlichen Vorhöhe der Neunkircher Höhe finden wir die Trümmer der durch den geisterhaften Auszug des Ritters berüchtigten Burg Rodenstein. Nur wenig zerrissenes Mauerwerk ragt noch empor; das Innere und die Umgebung sind mit dem Schutte des zusammengestürzten Baues bedeckt, und Brombeeren, wilde Rosen und kümmerliches Waldgesträuche kriechen und wuchern darüber hin. Hinten erhebt sich ernst und steil eine grosse dichtbewaldete Bergwand. Die von allen Seiten durch Berge beschränkte Aussicht öffnet sich nur gegen Morgen hin etwas nach einem engen Thälchen, in welchem die ärmlichen Hütten des Dörfleins Eberbach zerstreut liegen, und darüber hinaus nach der Gegend von Reichelsheim. Wer auch gar nichts von dem spuckhaften Geisterzuge des Rodensteins gehört hätte, konnte sich von der abgeschiedenen Einsamkeit dieser Stelle durch leise Schauer berührt fühlen. Doch auf derselben Höhe, dicht unter der Ruine liegt vertraulich ein der Familie von Gemmingen zugehöriger Bauernhof, der von einer Pächterfamilie bewohnt wird, auf deren lebensfrischen Gesichtern keine Spur eines Geisterschrecks zu finden ist. Nie will auch ein Glied dieser Familie hier noch irgend etwas Unheimliches gesehen oder gehört haben. Wer zuerst diese heimliche Waldburg erbaut, ist uns nicht bekannt. Man behauptete zwar die Familie der Rodensteine sei schon in dem elften Jahrhunderte bekannt gewesen; in Urkunden ist aber der früheste, der im Jahre 1265 vorkommt, ein Marescalcus de Rodinstein miles, zu dessen Zeiten die Burg schon erbaut war. Durch Heirath kam in der Folge auch ein Theil der Herrschaft Lisberg (Liebesberg) an die Rodensteinische Familie, und davon nannten sich die Besitzer dieses Antheils Rodenstein-Lisberg. Das ungefähr eine Stunde nordöstlich unfern der Gersprenz liegende Dorf Fränkisch-Crumbach bewahrt in seiner Kirche Erkingers und Heinrichs von Rodenstein, es nicht verschmähete, an derselben als Pfarrer angestellt zu werden. Der alte Kirchthurm war im Jahre 1487 erbaut, und trug das Wappen der Familie von Rodenstein und von Hirschhorn. Am 25. März 1643 schlug das Gewitter darein, zündete und Dach und Glockenstuhl verbrannte, die Glocken schmolzen und nur das Mauerwerk blieb bis auf unsere Tage stehen. Auf einer östlichen Vorhöhe der Neunkircher Höhe finden wir die Trümmer der durch den geisterhaften Auszug des Ritters berüchtigten Burg Rodenstein. Nur wenig zerrissenes Mauerwerk ragt noch empor; das Innere und die Umgebung sind mit dem Schutte des zusammengestürzten Baues bedeckt, und Brombeeren, wilde Rosen und kümmerliches Waldgesträuche kriechen und wuchern darüber hin. Hinten erhebt sich ernst und steil eine grosse dichtbewaldete Bergwand. Die von allen Seiten durch Berge beschränkte Aussicht öffnet sich nur gegen Morgen hin etwas nach einem engen Thälchen, in welchem die ärmlichen Hütten des Dörfleins Eberbach zerstreut liegen, und darüber hinaus nach der Gegend von Reichelsheim. Wer auch gar nichts von dem spuckhaften Geisterzuge des Rodensteins gehört hätte, konnte sich von der abgeschiedenen Einsamkeit dieser Stelle durch leise Schauer berührt fühlen. Doch auf derselben Höhe, dicht unter der Ruine liegt vertraulich ein der Familie von Gemmingen zugehöriger Bauernhof, der von einer Pächterfamilie bewohnt wird, auf deren lebensfrischen Gesichtern keine Spur eines Geisterschrecks zu finden ist. Nie will auch ein Glied dieser Familie hier noch irgend etwas Unheimliches gesehen oder gehört haben. Wer zuerst diese heimliche Waldburg erbaut, ist uns nicht bekannt. Man behauptete zwar die Familie der Rodensteine sei schon in dem elften Jahrhunderte bekannt gewesen; in Urkunden ist aber der früheste, der im Jahre 1265 vorkommt, ein Marescalcus de Rodinstein miles, zu dessen Zeiten die Burg schon erbaut war. Durch Heirath kam in der Folge auch ein Theil der Herrschaft Lisberg (Liebesberg) an die Rodensteinische Familie, und davon nannten sich die Besitzer dieses Antheils Rodenstein-Lisberg. 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Hinten erhebt sich ernst und steil eine grosse dichtbewaldete Bergwand. Die von allen Seiten durch Berge beschränkte Aussicht öffnet sich nur gegen Morgen hin etwas nach einem engen Thälchen, in welchem die ärmlichen Hütten des Dörfleins Eberbach zerstreut liegen, und darüber hinaus nach der Gegend von Reichelsheim.</p> <p>Wer auch gar nichts von dem spuckhaften Geisterzuge des Rodensteins gehört hätte, konnte sich von der abgeschiedenen Einsamkeit dieser Stelle durch leise Schauer berührt fühlen. Doch auf derselben Höhe, dicht unter der Ruine liegt vertraulich ein der Familie <hi rendition="#g">von Gemmingen</hi> zugehöriger Bauernhof, der von einer Pächterfamilie bewohnt wird, auf deren lebensfrischen Gesichtern keine Spur eines Geisterschrecks zu finden ist. Nie will auch ein Glied dieser Familie hier noch irgend etwas Unheimliches gesehen oder gehört haben.</p> <p>Wer zuerst diese heimliche Waldburg erbaut, ist uns nicht bekannt. 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Erkingers und Heinrichs von Rodenstein, es nicht verschmähete, an derselben als Pfarrer angestellt zu werden.
Der alte Kirchthurm war im Jahre 1487 erbaut, und trug das Wappen der Familie von Rodenstein und von Hirschhorn. Am 25. März 1643 schlug das Gewitter darein, zündete und Dach und Glockenstuhl verbrannte, die Glocken schmolzen und nur das Mauerwerk blieb bis auf unsere Tage stehen.
Auf einer östlichen Vorhöhe der Neunkircher Höhe finden wir die Trümmer der durch den geisterhaften Auszug des Ritters berüchtigten Burg Rodenstein. Nur wenig zerrissenes Mauerwerk ragt noch empor; das Innere und die Umgebung sind mit dem Schutte des zusammengestürzten Baues bedeckt, und Brombeeren, wilde Rosen und kümmerliches Waldgesträuche kriechen und wuchern darüber hin. Hinten erhebt sich ernst und steil eine grosse dichtbewaldete Bergwand. Die von allen Seiten durch Berge beschränkte Aussicht öffnet sich nur gegen Morgen hin etwas nach einem engen Thälchen, in welchem die ärmlichen Hütten des Dörfleins Eberbach zerstreut liegen, und darüber hinaus nach der Gegend von Reichelsheim.
Wer auch gar nichts von dem spuckhaften Geisterzuge des Rodensteins gehört hätte, konnte sich von der abgeschiedenen Einsamkeit dieser Stelle durch leise Schauer berührt fühlen. Doch auf derselben Höhe, dicht unter der Ruine liegt vertraulich ein der Familie von Gemmingen zugehöriger Bauernhof, der von einer Pächterfamilie bewohnt wird, auf deren lebensfrischen Gesichtern keine Spur eines Geisterschrecks zu finden ist. Nie will auch ein Glied dieser Familie hier noch irgend etwas Unheimliches gesehen oder gehört haben.
Wer zuerst diese heimliche Waldburg erbaut, ist uns nicht bekannt. Man behauptete zwar die Familie der Rodensteine sei schon in dem elften Jahrhunderte bekannt gewesen; in Urkunden ist aber der früheste, der im Jahre 1265 vorkommt, ein Marescalcus de Rodinstein miles, zu dessen Zeiten die Burg schon erbaut war. Durch Heirath kam in der Folge auch ein Theil der Herrschaft Lisberg (Liebesberg) an die Rodensteinische Familie, und davon nannten sich die Besitzer dieses Antheils Rodenstein-Lisberg.
Das ungefähr eine Stunde nordöstlich unfern der Gersprenz liegende Dorf Fränkisch-Crumbach bewahrt in seiner Kirche
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