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Grimm, Jacob: Über den altdeutschen Meistergesang. Göttingen, 1811.

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nie beigefallen. Habe ich mich also in meiner Erwiederung
hierüber unrichtig ausgedrückt, so berichtige ich das gern, ob-
gleich Docen die wichtigen Folgerungen, die er aus der schein-
baren Einseitigkeit vorzulegen versprach, (N. l. A. 1807. C. 686.
N. 6.) nachher zurückbehalten hat.

Deutlicher wird meine Ansicht von dem äußerlichen Ver-
hältniß der alten Meistersänger durch das Folgende werden,
worin ich die hauptsächlichsten Stellen über diesen Gegenstand
zu sammeln suche. Vieles spätere findet sich schon ganz früh,
manches frühe hat aber auch nachher abkommen und neuer
Regel und Sitte weichen müssen 61).

1. Die wichtigste Stelle ist und bleibt der Wartburger
Krieg
. Er beweist, daß die Meister auf einen Tag zum Sin-
gen zusammen kamen, in Gegenwart der Fürsten und Herren,
und selbst der Frauen 62). Diese Oeffentlichkeit muß schon
Feierlichkeit mit sich gebracht haben, das Singen geschah nach
einer gewissen Ordnung, Ofterdingen hebt zuerst an. Vielleicht
hatte der erstsingende die Wahl des Gegenstandes, dießmal
legte Ofterdingen das Lob der Fürsten vor, in der Folge des
Streits aber ging man daraus in Räthsel, Fragen und Gleich-
nisse über, welche die Heiligthümer der Natur und des Glau-
bens begriffen.


61) Dahin gehört z. B. die Ueblichkeit des Wortes Bar, für den
Inbegriff aller Gesetze eines Lieds. Vor dem 16ten Jahrhun-
dert kommt es aber bei keinem Meister vor, und hängt schon
darum mit dem alten Bardenwesen nicht zusammen. Vielleicht
heißt es so viel als Art, Weise, genus. Die Baratreyen eini-
ger Meister des 15ten Jahrh. darf man nicht hierher ziehen,
Parat für Putz, Schmuck, Geräusch steht in der maneß. S.
und im Titurel mehrmals.
62) Man sehe im maneß. Codex Str. 10 u. 17. und im Wiener 4
und 9; auch das Gemählde im maneßischen, nachgestochen im
ersten Bande des altdeutschen Museums.

nie beigefallen. Habe ich mich alſo in meiner Erwiederung
hieruͤber unrichtig ausgedruͤckt, ſo berichtige ich das gern, ob-
gleich Docen die wichtigen Folgerungen, die er aus der ſchein-
baren Einſeitigkeit vorzulegen verſprach, (N. l. A. 1807. C. 686.
N. 6.) nachher zuruͤckbehalten hat.

Deutlicher wird meine Anſicht von dem aͤußerlichen Ver-
haͤltniß der alten Meiſterſaͤnger durch das Folgende werden,
worin ich die hauptſaͤchlichſten Stellen uͤber dieſen Gegenſtand
zu ſammeln ſuche. Vieles ſpaͤtere findet ſich ſchon ganz fruͤh,
manches fruͤhe hat aber auch nachher abkommen und neuer
Regel und Sitte weichen muͤſſen 61).

1. Die wichtigſte Stelle iſt und bleibt der Wartburger
Krieg
. Er beweiſt, daß die Meiſter auf einen Tag zum Sin-
gen zuſammen kamen, in Gegenwart der Fuͤrſten und Herren,
und ſelbſt der Frauen 62). Dieſe Oeffentlichkeit muß ſchon
Feierlichkeit mit ſich gebracht haben, das Singen geſchah nach
einer gewiſſen Ordnung, Ofterdingen hebt zuerſt an. Vielleicht
hatte der erſtſingende die Wahl des Gegenſtandes, dießmal
legte Ofterdingen das Lob der Fuͤrſten vor, in der Folge des
Streits aber ging man daraus in Raͤthſel, Fragen und Gleich-
niſſe uͤber, welche die Heiligthuͤmer der Natur und des Glau-
bens begriffen.


61) Dahin gehoͤrt z. B. die Ueblichkeit des Wortes Bar, fuͤr den
Inbegriff aller Geſetze eines Lieds. Vor dem 16ten Jahrhun-
dert kommt es aber bei keinem Meiſter vor, und haͤngt ſchon
darum mit dem alten Bardenweſen nicht zuſammen. Vielleicht
heißt es ſo viel als Art, Weiſe, genus. Die Baratreyen eini-
ger Meiſter des 15ten Jahrh. darf man nicht hierher ziehen,
Parat fuͤr Putz, Schmuck, Geraͤuſch ſteht in der maneß. S.
und im Titurel mehrmals.
62) Man ſehe im maneß. Codex Str. 10 u. 17. und im Wiener 4
und 9; auch das Gemaͤhlde im maneßiſchen, nachgeſtochen im
erſten Bande des altdeutſchen Muſeums.
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[77/0087] nie beigefallen. Habe ich mich alſo in meiner Erwiederung hieruͤber unrichtig ausgedruͤckt, ſo berichtige ich das gern, ob- gleich Docen die wichtigen Folgerungen, die er aus der ſchein- baren Einſeitigkeit vorzulegen verſprach, (N. l. A. 1807. C. 686. N. 6.) nachher zuruͤckbehalten hat. Deutlicher wird meine Anſicht von dem aͤußerlichen Ver- haͤltniß der alten Meiſterſaͤnger durch das Folgende werden, worin ich die hauptſaͤchlichſten Stellen uͤber dieſen Gegenſtand zu ſammeln ſuche. Vieles ſpaͤtere findet ſich ſchon ganz fruͤh, manches fruͤhe hat aber auch nachher abkommen und neuer Regel und Sitte weichen muͤſſen 61). 1. Die wichtigſte Stelle iſt und bleibt der Wartburger Krieg. Er beweiſt, daß die Meiſter auf einen Tag zum Sin- gen zuſammen kamen, in Gegenwart der Fuͤrſten und Herren, und ſelbſt der Frauen 62). Dieſe Oeffentlichkeit muß ſchon Feierlichkeit mit ſich gebracht haben, das Singen geſchah nach einer gewiſſen Ordnung, Ofterdingen hebt zuerſt an. Vielleicht hatte der erſtſingende die Wahl des Gegenſtandes, dießmal legte Ofterdingen das Lob der Fuͤrſten vor, in der Folge des Streits aber ging man daraus in Raͤthſel, Fragen und Gleich- niſſe uͤber, welche die Heiligthuͤmer der Natur und des Glau- bens begriffen. 61) Dahin gehoͤrt z. B. die Ueblichkeit des Wortes Bar, fuͤr den Inbegriff aller Geſetze eines Lieds. Vor dem 16ten Jahrhun- dert kommt es aber bei keinem Meiſter vor, und haͤngt ſchon darum mit dem alten Bardenweſen nicht zuſammen. Vielleicht heißt es ſo viel als Art, Weiſe, genus. Die Baratreyen eini- ger Meiſter des 15ten Jahrh. darf man nicht hierher ziehen, Parat fuͤr Putz, Schmuck, Geraͤuſch ſteht in der maneß. S. und im Titurel mehrmals. 62) Man ſehe im maneß. Codex Str. 10 u. 17. und im Wiener 4 und 9; auch das Gemaͤhlde im maneßiſchen, nachgeſtochen im erſten Bande des altdeutſchen Muſeums.

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Über den altdeutschen Meistergesang. Göttingen, 1811, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_meistergesang_1811/87>, abgerufen am 25.11.2024.