Grimm, Jacob: Über den altdeutschen Meistergesang. Göttingen, 1811.vorkomme und nicht früher. Auf des berühmten Dichters 3) Die Einrichtung der Gesellschaft entscheidet völlig. Vorerst 174) Auf jeden Fall verdienen zwei Gedichte Maerlants besondere Rückficht, worin er mit seinem "Compan" Martin verschiedene Fragen aufwirft und beantwortet. Offenbar erinnert alles mehr an die Tenzonen und Preguntas, als an unsere Meisterlieder. Ich halte daher, daß man diesen Maerlant nicht wohl von den spätern Rhetorikern trennen darf. 175) Freilich ein sehr allgemeiner Ausdruck, etwa wie poeta, oder
das altdeutsche Scof (Schöpfer, Schaffer), welches dasselbe bedeutet. Docen Misc. 1. 233. vorkomme und nicht fruͤher. Auf des beruͤhmten Dichters 3) Die Einrichtung der Geſellſchaft entſcheidet voͤllig. Vorerſt 174) Auf jeden Fall verdienen zwei Gedichte Maerlants beſondere Ruͤckficht, worin er mit ſeinem „Compan“ Martin verſchiedene Fragen aufwirft und beantwortet. Offenbar erinnert alles mehr an die Tenzonen und Preguntas, als an unſere Meiſterlieder. Ich halte daher, daß man dieſen Maerlant nicht wohl von den ſpaͤtern Rhetorikern trennen darf. 175) Freilich ein ſehr allgemeiner Ausdruck, etwa wie poeta, oder
das altdeutſche Scof (Schoͤpfer, Schaffer), welches dasſelbe bedeutet. Docen Miſc. 1. 233. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0167" n="157"/> vorkomme und nicht fruͤher. Auf des beruͤhmten Dichters<lb/><hi rendition="#g">Maerlant</hi> (†. 1300.) Grabſchrift ſtehe zwar <hi rendition="#aq">rhetor,</hi> allein<lb/> der Stein koͤnne juͤnger ſeyn, die Kammer zu Dieſt ſey zwar<lb/> ſchon angeblich 1302. geſtiftet, aber unter dem Namen <hi rendition="#aq">colle-<lb/> gium poëticum</hi> <note place="foot" n="174)">Auf jeden Fall verdienen zwei Gedichte Maerlants beſondere<lb/> Ruͤckficht, worin er mit ſeinem „Compan“ Martin verſchiedene<lb/> Fragen aufwirft und beantwortet. Offenbar erinnert alles mehr<lb/> an die Tenzonen und Preguntas, als an unſere Meiſterlieder.<lb/> Ich halte daher, daß man dieſen Maerlant nicht wohl von den<lb/> ſpaͤtern Rhetorikern trennen darf.</note>. Anfangs ſcheint ihr Sitz und Glanz<lb/> in Flamland geweſen zu ſeyn. Fuͤrſten waren ihre Mitglieder,<lb/> wie Jan von Brabant (nicht unſer Johans v. Br.) der Cammer<lb/> in Bruͤſſel, Wilhelm von Oranien der zu Antwerpen; und viele<lb/> Adliche. Spaͤter hingegen zogen ſie ſich mehr ins eigentliche<lb/> Holland und mehrten ſich außerordentlich. Im 18ten Jahrh.<lb/> ſanken ſie zuſehends und mußten aus den Staͤdten in die Doͤr-<lb/> fer wandern, ſie wurden zuletzt (was ſie fruͤher nie geweſen wa-<lb/> ren) faſt ganz volksmaͤßig, indem ſie ſtatt der Toneel- nun Wa-<lb/> genſpiele in Wirthshaͤuſern und bei oͤffentlichen Feſten auffuͤhr-<lb/> ten. Zu <hi rendition="#g">Kops</hi> Zeiten exiſtirten aber noch in Flandern und<lb/> Holland eigentliche Kammern.</p><lb/> <p>3) Die Einrichtung der Geſellſchaft entſcheidet voͤllig. Vorerſt<lb/> heißt ſie Cammer (<hi rendition="#aq">chambre</hi>) und waͤhlt, um ſich von andern<lb/> zu unterſcheiden, einen Blumennamen nebſt einem Sinnſpruch.<lb/> An einem Ort koͤnnen zugleich 2, 3, 4 und mehr Cammern ſeyn<lb/> und gehen einander nichts an. Unter den Gliedern findet ein<lb/> gewiſſer Rang und Dienſt ſtatt, das vornehmſte heißt Kaiſer,<lb/> dann folgen Prinzen, Decane, Finder (<hi rendition="#aq">vinder</hi>), Factoren,<lb/> Macher <note place="foot" n="175)">Freilich ein ſehr allgemeiner Ausdruck, etwa wie <hi rendition="#aq">poeta,</hi> oder<lb/> das altdeutſche Scof (Schoͤpfer, Schaffer), welches dasſelbe<lb/> bedeutet. <hi rendition="#g">Docen</hi> Miſc. 1. 233.</note>, Zuſteller. Wenn nun eine Cammer eine Frage<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [157/0167]
vorkomme und nicht fruͤher. Auf des beruͤhmten Dichters
Maerlant (†. 1300.) Grabſchrift ſtehe zwar rhetor, allein
der Stein koͤnne juͤnger ſeyn, die Kammer zu Dieſt ſey zwar
ſchon angeblich 1302. geſtiftet, aber unter dem Namen colle-
gium poëticum 174). Anfangs ſcheint ihr Sitz und Glanz
in Flamland geweſen zu ſeyn. Fuͤrſten waren ihre Mitglieder,
wie Jan von Brabant (nicht unſer Johans v. Br.) der Cammer
in Bruͤſſel, Wilhelm von Oranien der zu Antwerpen; und viele
Adliche. Spaͤter hingegen zogen ſie ſich mehr ins eigentliche
Holland und mehrten ſich außerordentlich. Im 18ten Jahrh.
ſanken ſie zuſehends und mußten aus den Staͤdten in die Doͤr-
fer wandern, ſie wurden zuletzt (was ſie fruͤher nie geweſen wa-
ren) faſt ganz volksmaͤßig, indem ſie ſtatt der Toneel- nun Wa-
genſpiele in Wirthshaͤuſern und bei oͤffentlichen Feſten auffuͤhr-
ten. Zu Kops Zeiten exiſtirten aber noch in Flandern und
Holland eigentliche Kammern.
3) Die Einrichtung der Geſellſchaft entſcheidet voͤllig. Vorerſt
heißt ſie Cammer (chambre) und waͤhlt, um ſich von andern
zu unterſcheiden, einen Blumennamen nebſt einem Sinnſpruch.
An einem Ort koͤnnen zugleich 2, 3, 4 und mehr Cammern ſeyn
und gehen einander nichts an. Unter den Gliedern findet ein
gewiſſer Rang und Dienſt ſtatt, das vornehmſte heißt Kaiſer,
dann folgen Prinzen, Decane, Finder (vinder), Factoren,
Macher 175), Zuſteller. Wenn nun eine Cammer eine Frage
174) Auf jeden Fall verdienen zwei Gedichte Maerlants beſondere
Ruͤckficht, worin er mit ſeinem „Compan“ Martin verſchiedene
Fragen aufwirft und beantwortet. Offenbar erinnert alles mehr
an die Tenzonen und Preguntas, als an unſere Meiſterlieder.
Ich halte daher, daß man dieſen Maerlant nicht wohl von den
ſpaͤtern Rhetorikern trennen darf.
175) Freilich ein ſehr allgemeiner Ausdruck, etwa wie poeta, oder
das altdeutſche Scof (Schoͤpfer, Schaffer), welches dasſelbe
bedeutet. Docen Miſc. 1. 233.
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