Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1857.101. Der Bärenhäuter. Es war einmal ein junger Kerl, der ließ sich als Soldat anwerben, hielt sich tapfer und war immer der vorderste, wenn es blaue Bohnen regnete. Solange der Krieg dauerte, gieng alles gut, aber als Friede geschlossen war, erhielt er seinen Abschied, und der Hauptmann sagte er könnte gehen wohin er wollte. Seine Eltern waren todt, und er hatte keine Heimat mehr, da gieng er zu seinen Brüdern und bat sie möchten ihm so lange Unterhalt geben bis der Krieg wieder anfienge. Die Brüder aber waren hartherzig und sagten 'was sollen wir mit dir? wir können dich nicht brauchen, sieh zu wie du dich durchschlägst.' Der Soldat hatte nichts übrig als sein Gewehr, das nahm er auf die Schulter und wollte in die Welt gehen. Er kam auf eine große Heide, auf der nichts zu sehen war als ein Ring von Bäumen: darunter setzte er sich ganz traurig nieder und sann über sein Schicksal nach. 'Jch habe kein Geld,' dachte er, 'ich habe nichts gelernt als das Kriegshandwerk, und jetzt weil Friede geschlossen ist, brauchen sie mich nicht mehr; ich sehe voraus ich muß verhungern.' Auf einmal hörte er ein Brausen, und wie er sich umblickte, stand ein unbekannter Mann vor ihm, der einen grünen Rock trug, recht stattlich aussah, aber einen garstigen Pferdefuß hatte. 'Jch weiß schon was dir fehlt,' sagte der Mann, 'Geld und Gut sollst du haben, so viel du mit aller Gewalt durchbringen kannst, aber ich muß zuvor wissen ob du dich nicht fürchtest, damit ich mein Geld nicht umsonst ausgebe.' 'Ein Soldat und Furcht, wie paßt das 101. Der Bärenhäuter. Es war einmal ein junger Kerl, der ließ sich als Soldat anwerben, hielt sich tapfer und war immer der vorderste, wenn es blaue Bohnen regnete. Solange der Krieg dauerte, gieng alles gut, aber als Friede geschlossen war, erhielt er seinen Abschied, und der Hauptmann sagte er könnte gehen wohin er wollte. Seine Eltern waren todt, und er hatte keine Heimat mehr, da gieng er zu seinen Brüdern und bat sie möchten ihm so lange Unterhalt geben bis der Krieg wieder anfienge. Die Brüder aber waren hartherzig und sagten ‘was sollen wir mit dir? wir können dich nicht brauchen, sieh zu wie du dich durchschlägst.’ Der Soldat hatte nichts übrig als sein Gewehr, das nahm er auf die Schulter und wollte in die Welt gehen. Er kam auf eine große Heide, auf der nichts zu sehen war als ein Ring von Bäumen: darunter setzte er sich ganz traurig nieder und sann über sein Schicksal nach. ‘Jch habe kein Geld,’ dachte er, ‘ich habe nichts gelernt als das Kriegshandwerk, und jetzt weil Friede geschlossen ist, brauchen sie mich nicht mehr; ich sehe voraus ich muß verhungern.’ Auf einmal hörte er ein Brausen, und wie er sich umblickte, stand ein unbekannter Mann vor ihm, der einen grünen Rock trug, recht stattlich aussah, aber einen garstigen Pferdefuß hatte. ‘Jch weiß schon was dir fehlt,’ sagte der Mann, ‘Geld und Gut sollst du haben, so viel du mit aller Gewalt durchbringen kannst, aber ich muß zuvor wissen ob du dich nicht fürchtest, damit ich mein Geld nicht umsonst ausgebe.’ ‘Ein Soldat und Furcht, wie paßt das <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0093" n="81"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">101.<lb/> Der Bärenhäuter.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#in">E</hi>s war einmal ein junger Kerl, der ließ sich als Soldat anwerben, hielt sich tapfer und war immer der vorderste, wenn es blaue Bohnen regnete. Solange der Krieg dauerte, gieng alles gut, aber als Friede geschlossen war, erhielt er seinen Abschied, und der Hauptmann sagte er könnte gehen wohin er wollte. Seine Eltern waren todt, und er hatte keine Heimat mehr, da gieng er zu seinen Brüdern und bat sie möchten ihm so lange Unterhalt geben bis der Krieg wieder anfienge. Die Brüder aber waren hartherzig und sagten ‘was sollen wir mit dir? wir können dich nicht brauchen, sieh zu wie du dich durchschlägst.’ Der Soldat hatte nichts übrig als sein Gewehr, das nahm er auf die Schulter und wollte in die Welt gehen. Er kam auf eine große Heide, auf der nichts zu sehen war als ein Ring von Bäumen: darunter setzte er sich ganz traurig nieder und sann über sein Schicksal nach. ‘Jch habe kein Geld,’ dachte er, ‘ich habe nichts gelernt als das Kriegshandwerk, und jetzt weil Friede geschlossen ist, brauchen sie mich nicht mehr; ich sehe voraus ich muß verhungern.’ Auf einmal hörte er ein Brausen, und wie er sich umblickte, stand ein unbekannter Mann vor ihm, der einen grünen Rock trug, recht stattlich aussah, aber einen garstigen Pferdefuß hatte. ‘Jch weiß schon was dir fehlt,’ sagte der Mann, ‘Geld und Gut sollst du haben, so viel du mit aller Gewalt durchbringen kannst, aber ich muß zuvor wissen ob du dich nicht fürchtest, damit ich mein Geld nicht umsonst ausgebe.’ ‘Ein Soldat und Furcht, wie paßt das </p> </div> </body> </text> </TEI> [81/0093]
101.
Der Bärenhäuter.
Es war einmal ein junger Kerl, der ließ sich als Soldat anwerben, hielt sich tapfer und war immer der vorderste, wenn es blaue Bohnen regnete. Solange der Krieg dauerte, gieng alles gut, aber als Friede geschlossen war, erhielt er seinen Abschied, und der Hauptmann sagte er könnte gehen wohin er wollte. Seine Eltern waren todt, und er hatte keine Heimat mehr, da gieng er zu seinen Brüdern und bat sie möchten ihm so lange Unterhalt geben bis der Krieg wieder anfienge. Die Brüder aber waren hartherzig und sagten ‘was sollen wir mit dir? wir können dich nicht brauchen, sieh zu wie du dich durchschlägst.’ Der Soldat hatte nichts übrig als sein Gewehr, das nahm er auf die Schulter und wollte in die Welt gehen. Er kam auf eine große Heide, auf der nichts zu sehen war als ein Ring von Bäumen: darunter setzte er sich ganz traurig nieder und sann über sein Schicksal nach. ‘Jch habe kein Geld,’ dachte er, ‘ich habe nichts gelernt als das Kriegshandwerk, und jetzt weil Friede geschlossen ist, brauchen sie mich nicht mehr; ich sehe voraus ich muß verhungern.’ Auf einmal hörte er ein Brausen, und wie er sich umblickte, stand ein unbekannter Mann vor ihm, der einen grünen Rock trug, recht stattlich aussah, aber einen garstigen Pferdefuß hatte. ‘Jch weiß schon was dir fehlt,’ sagte der Mann, ‘Geld und Gut sollst du haben, so viel du mit aller Gewalt durchbringen kannst, aber ich muß zuvor wissen ob du dich nicht fürchtest, damit ich mein Geld nicht umsonst ausgebe.’ ‘Ein Soldat und Furcht, wie paßt das
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Zitationshilfe: | Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1857, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1857/93>, abgerufen am 22.02.2025. |