Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1857.199. Der Stiefel von Büffelleder. Ein Soldat, der sich vor nichts fürchtet, kümmert sich auch um nichts. So einer hatte seinen Abschied erhalten, und da er nichts gelernt hatte und nichts verdienen konnte, so zog er umher und bat gute Leute um ein Almosen. Auf seinen Schultern hieng ein alter Wettermantel, und ein paar Reiterstiefeln von Büffelleder waren ihm auch noch geblieben. Eines Tages gieng er, ohne auf Weg und Steg zu achten, immer ins Feld hinein und gelangte endlich in einen Wald. Er wußte nicht wo er war, sah aber auf einem abgehauenen Baumstamm einen Mann sitzen, der gut gekleidet war und einen grünen Jägerrock trug. Der Soldat reichte ihm die Hand, ließ sich neben ihm auf das Gras nieder und streckte seine Beine aus. 'Jch sehe du hast feine Stiefel an, die glänzend gewichst sind' sagte er zu dem Jäger, 'wenn du aber herum ziehen müßtest wie ich, so würden sie nicht lange halten. Schau die meinigen an, die sind von Büffelleder und haben schon lange gedient, gehen aber durch dick und dünn.' Nach einer Weile stand der Soldat auf und sprach 'ich kann nicht länger bleiben, der Hunger treibt mich fort. Aber, Bruder Wichsstiefel, wohinaus geht der Weg?' 'Jch weiß es selber nicht' antwortete der Jäger, 'ich habe mich in dem Wald verirrt.' 'So geht dirs ja, wie mir' sprach der Soldat, 'gleich und gleich gesellt sich gern, wir wollen bei einander bleiben und den Weg suchen.' Der Jäger lächelte ein wenig, und sie giengen zusammen fort immer weiter, bis die Nacht 199. Der Stiefel von Büffelleder. Ein Soldat, der sich vor nichts fürchtet, kümmert sich auch um nichts. So einer hatte seinen Abschied erhalten, und da er nichts gelernt hatte und nichts verdienen konnte, so zog er umher und bat gute Leute um ein Almosen. Auf seinen Schultern hieng ein alter Wettermantel, und ein paar Reiterstiefeln von Büffelleder waren ihm auch noch geblieben. Eines Tages gieng er, ohne auf Weg und Steg zu achten, immer ins Feld hinein und gelangte endlich in einen Wald. Er wußte nicht wo er war, sah aber auf einem abgehauenen Baumstamm einen Mann sitzen, der gut gekleidet war und einen grünen Jägerrock trug. Der Soldat reichte ihm die Hand, ließ sich neben ihm auf das Gras nieder und streckte seine Beine aus. ‘Jch sehe du hast feine Stiefel an, die glänzend gewichst sind’ sagte er zu dem Jäger, ‘wenn du aber herum ziehen müßtest wie ich, so würden sie nicht lange halten. Schau die meinigen an, die sind von Büffelleder und haben schon lange gedient, gehen aber durch dick und dünn.’ Nach einer Weile stand der Soldat auf und sprach ‘ich kann nicht länger bleiben, der Hunger treibt mich fort. Aber, Bruder Wichsstiefel, wohinaus geht der Weg?’ ‘Jch weiß es selber nicht’ antwortete der Jäger, ‘ich habe mich in dem Wald verirrt.’ ‘So geht dirs ja, wie mir’ sprach der Soldat, ‘gleich und gleich gesellt sich gern, wir wollen bei einander bleiben und den Weg suchen.’ Der Jäger lächelte ein wenig, und sie giengen zusammen fort immer weiter, bis die Nacht <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0469" n="457"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">199.<lb/> Der Stiefel von Büffelleder.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#in">E</hi>in Soldat, der sich vor nichts fürchtet, kümmert sich auch um nichts. So einer hatte seinen Abschied erhalten, und da er nichts gelernt hatte und nichts verdienen konnte, so zog er umher und bat gute Leute um ein Almosen. Auf seinen Schultern hieng ein alter Wettermantel, und ein paar Reiterstiefeln von Büffelleder waren ihm auch noch geblieben. Eines Tages gieng er, ohne auf Weg und Steg zu achten, immer ins Feld hinein und gelangte endlich in einen Wald. Er wußte nicht wo er war, sah aber auf einem abgehauenen Baumstamm einen Mann sitzen, der gut gekleidet war und einen grünen Jägerrock trug. Der Soldat reichte ihm die Hand, ließ sich neben ihm auf das Gras nieder und streckte seine Beine aus. ‘Jch sehe du hast feine Stiefel an, die glänzend gewichst sind’ sagte er zu dem Jäger, ‘wenn du aber herum ziehen müßtest wie ich, so würden sie nicht lange halten. Schau die meinigen an, die sind von Büffelleder und haben schon lange gedient, gehen aber durch dick und dünn.’ Nach einer Weile stand der Soldat auf und sprach ‘ich kann nicht länger bleiben, der Hunger treibt mich fort. Aber, Bruder Wichsstiefel, wohinaus geht der Weg?’ ‘Jch weiß es selber nicht’ antwortete der Jäger, ‘ich habe mich in dem Wald verirrt.’ ‘So geht dirs ja, wie mir’ sprach der Soldat, ‘gleich und gleich gesellt sich gern, wir wollen bei einander bleiben und den Weg suchen.’ Der Jäger lächelte ein wenig, und sie giengen zusammen fort immer weiter, bis die Nacht </p> </div> </body> </text> </TEI> [457/0469]
199.
Der Stiefel von Büffelleder.
Ein Soldat, der sich vor nichts fürchtet, kümmert sich auch um nichts. So einer hatte seinen Abschied erhalten, und da er nichts gelernt hatte und nichts verdienen konnte, so zog er umher und bat gute Leute um ein Almosen. Auf seinen Schultern hieng ein alter Wettermantel, und ein paar Reiterstiefeln von Büffelleder waren ihm auch noch geblieben. Eines Tages gieng er, ohne auf Weg und Steg zu achten, immer ins Feld hinein und gelangte endlich in einen Wald. Er wußte nicht wo er war, sah aber auf einem abgehauenen Baumstamm einen Mann sitzen, der gut gekleidet war und einen grünen Jägerrock trug. Der Soldat reichte ihm die Hand, ließ sich neben ihm auf das Gras nieder und streckte seine Beine aus. ‘Jch sehe du hast feine Stiefel an, die glänzend gewichst sind’ sagte er zu dem Jäger, ‘wenn du aber herum ziehen müßtest wie ich, so würden sie nicht lange halten. Schau die meinigen an, die sind von Büffelleder und haben schon lange gedient, gehen aber durch dick und dünn.’ Nach einer Weile stand der Soldat auf und sprach ‘ich kann nicht länger bleiben, der Hunger treibt mich fort. Aber, Bruder Wichsstiefel, wohinaus geht der Weg?’ ‘Jch weiß es selber nicht’ antwortete der Jäger, ‘ich habe mich in dem Wald verirrt.’ ‘So geht dirs ja, wie mir’ sprach der Soldat, ‘gleich und gleich gesellt sich gern, wir wollen bei einander bleiben und den Weg suchen.’ Der Jäger lächelte ein wenig, und sie giengen zusammen fort immer weiter, bis die Nacht
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Zitationshilfe: | Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1857, S. 457. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1857/469>, abgerufen am 22.02.2025. |