Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1857.

Bild:
<< vorherige Seite

einem Riesen und war heftig erschrocken, 'laß es nur für heute gut sein und lege dich schlafen.'

Der Riese fürchtete sich so gewaltig, daß er die ganze Nacht kein Auge zuthun konnte und hin und her dachte, wie ers anfangen sollte, um sich den verwünschten Hexenmeister von Diener je eher je lieber vom Hals zu schaffen. Kommt Zeit, kommt Rath. Am andern Morgen giengen der Riese und der Schneider zu einem Sumpf, um den ringsherum eine Menge Weidenbäume standen. Da sprach der Riese 'hör einmal, Schneider, setz dich auf eine von den Weidenruthen, ich möchte um mein Leben gern sehen, ob du im Stand bist sie herabzubiegen.' Husch, saß das Schneiderlein oben, hielt den Athem ein und machte sich schwer, so schwer daß sich die Gerte niederbog. Als er aber wieder Athem schöpfen mußte, da schnellte sie ihn, weil er zum Unglück kein Bügeleisen in die Tasche gesteckt hatte, zu großer Freude des Riesen, so weit in die Höhe, daß man ihn gar nicht mehr sehen konnte. Wenn er nicht wieder herunter gefallen ist, so wird er wohl noch oben in der Luft herum schweben.



einem Riesen und war heftig erschrocken, ‘laß es nur für heute gut sein und lege dich schlafen.’

Der Riese fürchtete sich so gewaltig, daß er die ganze Nacht kein Auge zuthun konnte und hin und her dachte, wie ers anfangen sollte, um sich den verwünschten Hexenmeister von Diener je eher je lieber vom Hals zu schaffen. Kommt Zeit, kommt Rath. Am andern Morgen giengen der Riese und der Schneider zu einem Sumpf, um den ringsherum eine Menge Weidenbäume standen. Da sprach der Riese ‘hör einmal, Schneider, setz dich auf eine von den Weidenruthen, ich möchte um mein Leben gern sehen, ob du im Stand bist sie herabzubiegen.’ Husch, saß das Schneiderlein oben, hielt den Athem ein und machte sich schwer, so schwer daß sich die Gerte niederbog. Als er aber wieder Athem schöpfen mußte, da schnellte sie ihn, weil er zum Unglück kein Bügeleisen in die Tasche gesteckt hatte, zu großer Freude des Riesen, so weit in die Höhe, daß man ihn gar nicht mehr sehen konnte. Wenn er nicht wieder herunter gefallen ist, so wird er wohl noch oben in der Luft herum schweben.



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0401" n="389"/>
einem Riesen und war heftig erschrocken, &#x2018;laß es nur für heute gut sein und lege dich schlafen.&#x2019;</p><lb/>
        <p>Der Riese fürchtete sich so gewaltig, daß er die ganze Nacht kein Auge zuthun konnte und hin und her dachte, wie ers anfangen sollte, um sich den verwünschten Hexenmeister von Diener je eher je lieber vom Hals zu schaffen. Kommt Zeit, kommt Rath. Am andern Morgen giengen der Riese und der Schneider zu einem Sumpf, um den ringsherum eine Menge Weidenbäume standen. Da sprach der Riese &#x2018;hör einmal, Schneider, setz dich auf eine von den Weidenruthen, ich möchte um mein Leben gern sehen, ob du im Stand bist sie herabzubiegen.&#x2019; Husch, saß das Schneiderlein oben, hielt den Athem ein und machte sich schwer, so schwer daß sich die Gerte niederbog. Als er aber wieder Athem schöpfen mußte, da schnellte sie ihn, weil er zum Unglück kein Bügeleisen in die Tasche gesteckt hatte, zu großer Freude des Riesen, so weit in die Höhe, daß man ihn gar nicht mehr sehen konnte. Wenn er nicht wieder herunter gefallen ist, so wird er wohl noch oben in der Luft herum schweben.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[389/0401] einem Riesen und war heftig erschrocken, ‘laß es nur für heute gut sein und lege dich schlafen.’ Der Riese fürchtete sich so gewaltig, daß er die ganze Nacht kein Auge zuthun konnte und hin und her dachte, wie ers anfangen sollte, um sich den verwünschten Hexenmeister von Diener je eher je lieber vom Hals zu schaffen. Kommt Zeit, kommt Rath. Am andern Morgen giengen der Riese und der Schneider zu einem Sumpf, um den ringsherum eine Menge Weidenbäume standen. Da sprach der Riese ‘hör einmal, Schneider, setz dich auf eine von den Weidenruthen, ich möchte um mein Leben gern sehen, ob du im Stand bist sie herabzubiegen.’ Husch, saß das Schneiderlein oben, hielt den Athem ein und machte sich schwer, so schwer daß sich die Gerte niederbog. Als er aber wieder Athem schöpfen mußte, da schnellte sie ihn, weil er zum Unglück kein Bügeleisen in die Tasche gesteckt hatte, zu großer Freude des Riesen, so weit in die Höhe, daß man ihn gar nicht mehr sehen konnte. Wenn er nicht wieder herunter gefallen ist, so wird er wohl noch oben in der Luft herum schweben.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Google Books (Harvard University): Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-08T16:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1857
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1857/401
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1857, S. 389. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1857/401>, abgerufen am 25.11.2024.