Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1850.

Bild:
<< vorherige Seite

und wärme dich, ich will dir klar Wässerchen holen, wenn du Durst hast; zu essen aber hab ich hier im Walde nichts für dich als ein paar Würzelcher, die mußt du dir erst schaben und kochen.' Da reichte ihm der heil. Joseph die Wurzeln: das Mädchen schrappte sie säuberlich ab, dann holte es ein Stückchen Pfannkuchen, und das Brot, das ihm seine Mutter mitgegeben hatte, und that alles zusammen in einem Kesselchen beis Feuer, und kochte sich ein Mus. Als das fertig war, sprach der heil. Joseph 'ich bin so hungrig, gib mir etwas von deinem Essen.' Da war das Kind bereitwillig und gab ihm mehr als es für sich behielt, doch war Gottes Seegen dabei, daß es satt ward. Als sie nun gegessen hatten, sprach der heil. Joseph 'nun wollen wir zu Bett gehen: ich habe aber nur Ein Bett, lege du dich hinein, ich will mich ins Stroh auf die Erde legen.' 'Nein,' antwortete es, 'bleib du nur in deinem Bett, für mich ist das Stroh weich genug.' Der heil. Joseph aber nahm das Kind auf den Arm und trug es ins Bettchen, da that es sein Gebet und schlief ein. Am andern Morgen, als es aufwachte, wollte es dem heil. Joseph guten Morgen sagen, aber es sah ihn nicht. Da stand es auf und suchte ihn, konnte ihn aber in keiner Ecke finden: endlich gewahrte es hinter der Thür einen Sack mit Geld, so schwer, als es ihn nur tragen konnte, darauf stand geschrieben das wäre für das Kind, das heute Nacht hier geschlafen hätte. Da nahm es den Sack und sprang damit fort und kam auch glücklich zu seiner Mutter, und weil es ihr alle das Geld schenkte, so konnte sie nicht anders, sie mußte mit ihm zufrieden sein.

und wärme dich, ich will dir klar Wässerchen holen, wenn du Durst hast; zu essen aber hab ich hier im Walde nichts für dich als ein paar Würzelcher, die mußt du dir erst schaben und kochen.’ Da reichte ihm der heil. Joseph die Wurzeln: das Mädchen schrappte sie säuberlich ab, dann holte es ein Stückchen Pfannkuchen, und das Brot, das ihm seine Mutter mitgegeben hatte, und that alles zusammen in einem Kesselchen beis Feuer, und kochte sich ein Mus. Als das fertig war, sprach der heil. Joseph ‘ich bin so hungrig, gib mir etwas von deinem Essen.’ Da war das Kind bereitwillig und gab ihm mehr als es für sich behielt, doch war Gottes Seegen dabei, daß es satt ward. Als sie nun gegessen hatten, sprach der heil. Joseph ‘nun wollen wir zu Bett gehen: ich habe aber nur Ein Bett, lege du dich hinein, ich will mich ins Stroh auf die Erde legen.’ ‘Nein,’ antwortete es, ‘bleib du nur in deinem Bett, für mich ist das Stroh weich genug.’ Der heil. Joseph aber nahm das Kind auf den Arm und trug es ins Bettchen, da that es sein Gebet und schlief ein. Am andern Morgen, als es aufwachte, wollte es dem heil. Joseph guten Morgen sagen, aber es sah ihn nicht. Da stand es auf und suchte ihn, konnte ihn aber in keiner Ecke finden: endlich gewahrte es hinter der Thür einen Sack mit Geld, so schwer, als es ihn nur tragen konnte, darauf stand geschrieben das wäre für das Kind, das heute Nacht hier geschlafen hätte. Da nahm es den Sack und sprang damit fort und kam auch glücklich zu seiner Mutter, und weil es ihr alle das Geld schenkte, so konnte sie nicht anders, sie mußte mit ihm zufrieden sein.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0556" n="544"/>
und wärme dich, ich will dir klar Wässerchen holen, wenn du Durst hast; zu essen aber hab ich hier im Walde nichts für dich als ein paar Würzelcher, die mußt du dir erst schaben und kochen.&#x2019; Da reichte ihm der heil. Joseph die Wurzeln: das Mädchen schrappte sie säuberlich ab, dann holte es ein Stückchen Pfannkuchen, und das Brot, das ihm seine Mutter mitgegeben hatte, und that alles zusammen in einem Kesselchen beis Feuer, und kochte sich ein Mus. Als das fertig war, sprach der heil. Joseph &#x2018;ich bin so hungrig, gib mir etwas von deinem Essen.&#x2019; Da war das Kind bereitwillig und gab ihm mehr als es für sich behielt, doch war Gottes Seegen dabei, daß es satt ward. Als sie nun gegessen hatten, sprach der heil. Joseph &#x2018;nun wollen wir zu Bett gehen: ich habe aber nur Ein Bett, lege du dich hinein, ich will mich ins Stroh auf die Erde legen.&#x2019; &#x2018;Nein,&#x2019; antwortete es, &#x2018;bleib du nur in deinem Bett, für mich ist das Stroh weich genug.&#x2019; Der heil. Joseph aber nahm das Kind auf den Arm und trug es ins Bettchen, da that es sein Gebet und schlief ein. Am andern Morgen, als es aufwachte, wollte es dem heil. Joseph guten Morgen sagen, aber es sah ihn nicht. Da stand es auf und suchte ihn, konnte ihn aber in keiner Ecke finden: endlich gewahrte es hinter der Thür einen Sack mit Geld, so schwer, als es ihn nur tragen konnte, darauf stand geschrieben das wäre für das Kind, das heute Nacht hier geschlafen hätte. Da nahm es den Sack und sprang damit fort und kam auch glücklich zu seiner Mutter, und weil es ihr alle das Geld schenkte, so konnte sie nicht anders, sie mußte mit ihm zufrieden sein.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[544/0556] und wärme dich, ich will dir klar Wässerchen holen, wenn du Durst hast; zu essen aber hab ich hier im Walde nichts für dich als ein paar Würzelcher, die mußt du dir erst schaben und kochen.’ Da reichte ihm der heil. Joseph die Wurzeln: das Mädchen schrappte sie säuberlich ab, dann holte es ein Stückchen Pfannkuchen, und das Brot, das ihm seine Mutter mitgegeben hatte, und that alles zusammen in einem Kesselchen beis Feuer, und kochte sich ein Mus. Als das fertig war, sprach der heil. Joseph ‘ich bin so hungrig, gib mir etwas von deinem Essen.’ Da war das Kind bereitwillig und gab ihm mehr als es für sich behielt, doch war Gottes Seegen dabei, daß es satt ward. Als sie nun gegessen hatten, sprach der heil. Joseph ‘nun wollen wir zu Bett gehen: ich habe aber nur Ein Bett, lege du dich hinein, ich will mich ins Stroh auf die Erde legen.’ ‘Nein,’ antwortete es, ‘bleib du nur in deinem Bett, für mich ist das Stroh weich genug.’ Der heil. Joseph aber nahm das Kind auf den Arm und trug es ins Bettchen, da that es sein Gebet und schlief ein. Am andern Morgen, als es aufwachte, wollte es dem heil. Joseph guten Morgen sagen, aber es sah ihn nicht. Da stand es auf und suchte ihn, konnte ihn aber in keiner Ecke finden: endlich gewahrte es hinter der Thür einen Sack mit Geld, so schwer, als es ihn nur tragen konnte, darauf stand geschrieben das wäre für das Kind, das heute Nacht hier geschlafen hätte. Da nahm es den Sack und sprang damit fort und kam auch glücklich zu seiner Mutter, und weil es ihr alle das Geld schenkte, so konnte sie nicht anders, sie mußte mit ihm zufrieden sein.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-03T16:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1850/556
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1850, S. 544. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1850/556>, abgerufen am 24.11.2024.