Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1843.will ich bald austragen,' sagte der Trommler, gieng eine Strecke weit, und steckte einen weißen Stab in die Erde. Dann kam er zurück und sprach 'jetzt lauft nach dem Ziel, wer zuerst dort ist, der reitet zuerst.' Beide setzten sich in Trab, aber kaum waren sie ein paar Schritte weg, so schwang sich der Trommler auf den Sattel, wünschte sich auf den Glasberg, und ehe man die Hand umdrehte war er dort. Auf dem Berg oben war eine Ebne, da stand ein altes steinernes Haus, und vor dem Haus lag ein großer Fischteich, dahinter aber ein finsterer Wald. Menschen und Thiere sah er nicht, es war alles still, nur der Wind raschelte in den Bäumen, und die Wolken zogen ganz nah über seinem Haupt weg. Er trat an die Thüre, und klopfte an. Als er zum drittenmal geklopft hatte, öffnete eine Alte mit braunem Gesicht und rothen Augen die Thüre; sie hatte eine Brille auf ihrer langen Nase, und sah ihn scharf an, dann fragte sie ihn was sein Begehren wäre. 'Einlaß, Kost und Nachtlager' antwortete der Trommler. 'Das sollst du haben,' sagte die Alte, 'wenn du dafür drei Arbeiten verrichten willst.' 'Warum nicht?' antwortete er, 'ich scheue keine Arbeit und wenn sie noch so schwer ist.' Die Alte ließ ihn ein, gab ihm Essen und Abends ein gutes Bett. Am Morgen als er ausgeschlafen hatte, nahm die Alte einen Fingerhut von ihrem dürren Finger, reichte ihn dem Trommler hin, und sagte 'jetzt geh an die Arbeit, und schöpfe den Teich draußen mit diesem Fingerhut aus, aber ehe es Nacht wird mußt du fertig sein, und alle Fische, die in dem Wasser sind, müssen nach ihrer Art und Größe ausgesucht, und nebeneinander gelegt sein.' 'Das ist eine seltsame Arbeit,' will ich bald austragen,’ sagte der Trommler, gieng eine Strecke weit, und steckte einen weißen Stab in die Erde. Dann kam er zurück und sprach ‘jetzt lauft nach dem Ziel, wer zuerst dort ist, der reitet zuerst.’ Beide setzten sich in Trab, aber kaum waren sie ein paar Schritte weg, so schwang sich der Trommler auf den Sattel, wünschte sich auf den Glasberg, und ehe man die Hand umdrehte war er dort. Auf dem Berg oben war eine Ebne, da stand ein altes steinernes Haus, und vor dem Haus lag ein großer Fischteich, dahinter aber ein finsterer Wald. Menschen und Thiere sah er nicht, es war alles still, nur der Wind raschelte in den Bäumen, und die Wolken zogen ganz nah über seinem Haupt weg. Er trat an die Thüre, und klopfte an. Als er zum drittenmal geklopft hatte, öffnete eine Alte mit braunem Gesicht und rothen Augen die Thüre; sie hatte eine Brille auf ihrer langen Nase, und sah ihn scharf an, dann fragte sie ihn was sein Begehren wäre. ‘Einlaß, Kost und Nachtlager’ antwortete der Trommler. ‘Das sollst du haben,’ sagte die Alte, ‘wenn du dafür drei Arbeiten verrichten willst.’ ‘Warum nicht?’ antwortete er, ‘ich scheue keine Arbeit und wenn sie noch so schwer ist.’ Die Alte ließ ihn ein, gab ihm Essen und Abends ein gutes Bett. Am Morgen als er ausgeschlafen hatte, nahm die Alte einen Fingerhut von ihrem dürren Finger, reichte ihn dem Trommler hin, und sagte ‘jetzt geh an die Arbeit, und schöpfe den Teich draußen mit diesem Fingerhut aus, aber ehe es Nacht wird mußt du fertig sein, und alle Fische, die in dem Wasser sind, müssen nach ihrer Art und Größe ausgesucht, und nebeneinander gelegt sein.’ ‘Das ist eine seltsame Arbeit,’ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0503" n="493"/> will ich bald austragen,’ sagte der Trommler, gieng eine Strecke weit, und steckte einen weißen Stab in die Erde. Dann kam er zurück und sprach ‘jetzt lauft nach dem Ziel, wer zuerst dort ist, der reitet zuerst.’ Beide setzten sich in Trab, aber kaum waren sie ein paar Schritte weg, so schwang sich der Trommler auf den Sattel, wünschte sich auf den Glasberg, und ehe man die Hand umdrehte war er dort. Auf dem Berg oben war eine Ebne, da stand ein altes steinernes Haus, und vor dem Haus lag ein großer Fischteich, dahinter aber ein finsterer Wald. Menschen und Thiere sah er nicht, es war alles still, nur der Wind raschelte in den Bäumen, und die Wolken zogen ganz nah über seinem Haupt weg. Er trat an die Thüre, und klopfte an. Als er zum drittenmal geklopft hatte, öffnete eine Alte mit braunem Gesicht und rothen Augen die Thüre; sie hatte eine Brille auf ihrer langen Nase, und sah ihn scharf an, dann fragte sie ihn was sein Begehren wäre. ‘Einlaß, Kost und Nachtlager’ antwortete der Trommler. ‘Das sollst du haben,’ sagte die Alte, ‘wenn du dafür drei Arbeiten verrichten willst.’ ‘Warum nicht?’ antwortete er, ‘ich scheue keine Arbeit und wenn sie noch so schwer ist.’ Die Alte ließ ihn ein, gab ihm Essen und Abends ein gutes Bett. Am Morgen als er ausgeschlafen hatte, nahm die Alte einen Fingerhut von ihrem dürren Finger, reichte ihn dem Trommler hin, und sagte ‘jetzt geh an die Arbeit, und schöpfe den Teich draußen mit diesem Fingerhut aus, aber ehe es Nacht wird mußt du fertig sein, und alle Fische, die in dem Wasser sind, müssen nach ihrer Art und Größe ausgesucht, und nebeneinander gelegt sein.’ ‘Das ist eine seltsame Arbeit,’ </p> </div> </body> </text> </TEI> [493/0503]
will ich bald austragen,’ sagte der Trommler, gieng eine Strecke weit, und steckte einen weißen Stab in die Erde. Dann kam er zurück und sprach ‘jetzt lauft nach dem Ziel, wer zuerst dort ist, der reitet zuerst.’ Beide setzten sich in Trab, aber kaum waren sie ein paar Schritte weg, so schwang sich der Trommler auf den Sattel, wünschte sich auf den Glasberg, und ehe man die Hand umdrehte war er dort. Auf dem Berg oben war eine Ebne, da stand ein altes steinernes Haus, und vor dem Haus lag ein großer Fischteich, dahinter aber ein finsterer Wald. Menschen und Thiere sah er nicht, es war alles still, nur der Wind raschelte in den Bäumen, und die Wolken zogen ganz nah über seinem Haupt weg. Er trat an die Thüre, und klopfte an. Als er zum drittenmal geklopft hatte, öffnete eine Alte mit braunem Gesicht und rothen Augen die Thüre; sie hatte eine Brille auf ihrer langen Nase, und sah ihn scharf an, dann fragte sie ihn was sein Begehren wäre. ‘Einlaß, Kost und Nachtlager’ antwortete der Trommler. ‘Das sollst du haben,’ sagte die Alte, ‘wenn du dafür drei Arbeiten verrichten willst.’ ‘Warum nicht?’ antwortete er, ‘ich scheue keine Arbeit und wenn sie noch so schwer ist.’ Die Alte ließ ihn ein, gab ihm Essen und Abends ein gutes Bett. Am Morgen als er ausgeschlafen hatte, nahm die Alte einen Fingerhut von ihrem dürren Finger, reichte ihn dem Trommler hin, und sagte ‘jetzt geh an die Arbeit, und schöpfe den Teich draußen mit diesem Fingerhut aus, aber ehe es Nacht wird mußt du fertig sein, und alle Fische, die in dem Wasser sind, müssen nach ihrer Art und Größe ausgesucht, und nebeneinander gelegt sein.’ ‘Das ist eine seltsame Arbeit,’
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2015-05-11T18:40:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2017-11-08T15:10:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-06-01T16:12:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |