Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1843.Brüdern fanden, nahmen sie alle drei gefangen, und führten sie in das Gefängnis. Am andern Morgen wurden sie vor die Königin geführt, und als diese sah daß es drei schöne Jünglinge waren, so forschte sie nach ihrer Herkunft, und vernahm daß es die Söhne des alten Räubers wären, der seine Lebensweise geändert und als ein gehorsamer Unterthan gelebt hatte. Sie ließ sie also wieder in das Gefängnis zurückführen und bei dem Vater anfragen ob er seine Söhne lösen wollte. Der Alte kam, und sagte 'meine Söhne sind nicht werth daß ich sie mit einem Pfennig löse.' Da sprach die Königin zu ihm 'du bist ein weitbekannter, verrufener Räuber gewesen, erzähle mir das merkwürdigste Abenteuer aus deinem Räuberleben, so will ich dir deine Kinder wiedergeben.' Als der Alte das vernahm, hub er an 'Frau Königin, hört meine Rede, ich will euch ein Ereignis erzählen, was mich mehr erschreckt hat als Feuer und Wasser. Ich brachte in Erfahrung daß in einer wilden Waldschlucht zwischen zwei Bergen, zwanzig Meilen von den Menschen entfernt, ein Riese lebte, der einen großen Schatz, viel tausend Mark Silber und Gold besäße. Ich wählte also aus meinen Gesellen so viele aus, daß unser hundert waren, und wir zogen hin. Es war ein langer mühsamer Weg zwischen Felsen und Abgründen. Wir fanden den Riesen nicht zu Haus, waren froh darüber, und nahmen von dem Gold und Silber so viel wir tragen konnten. Als wir damit uns auf den Heimweg machen wollten, und ganz sicher zu sein glaubten, da kam der Riese mit zehn andern Riesen unversehens daher, und nahm uns Brüdern fanden, nahmen sie alle drei gefangen, und führten sie in das Gefängnis. Am andern Morgen wurden sie vor die Königin geführt, und als diese sah daß es drei schöne Jünglinge waren, so forschte sie nach ihrer Herkunft, und vernahm daß es die Söhne des alten Räubers wären, der seine Lebensweise geändert und als ein gehorsamer Unterthan gelebt hatte. Sie ließ sie also wieder in das Gefängnis zurückführen und bei dem Vater anfragen ob er seine Söhne lösen wollte. Der Alte kam, und sagte ‘meine Söhne sind nicht werth daß ich sie mit einem Pfennig löse.’ Da sprach die Königin zu ihm ‘du bist ein weitbekannter, verrufener Räuber gewesen, erzähle mir das merkwürdigste Abenteuer aus deinem Räuberleben, so will ich dir deine Kinder wiedergeben.’ Als der Alte das vernahm, hub er an ‘Frau Königin, hört meine Rede, ich will euch ein Ereignis erzählen, was mich mehr erschreckt hat als Feuer und Wasser. Ich brachte in Erfahrung daß in einer wilden Waldschlucht zwischen zwei Bergen, zwanzig Meilen von den Menschen entfernt, ein Riese lebte, der einen großen Schatz, viel tausend Mark Silber und Gold besäße. Ich wählte also aus meinen Gesellen so viele aus, daß unser hundert waren, und wir zogen hin. Es war ein langer mühsamer Weg zwischen Felsen und Abgründen. Wir fanden den Riesen nicht zu Haus, waren froh darüber, und nahmen von dem Gold und Silber so viel wir tragen konnten. Als wir damit uns auf den Heimweg machen wollten, und ganz sicher zu sein glaubten, da kam der Riese mit zehn andern Riesen unversehens daher, und nahm uns <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0480" n="470"/> Brüdern fanden, nahmen sie alle drei gefangen, und führten sie in das Gefängnis.</p><lb/> <p>Am andern Morgen wurden sie vor die Königin geführt, und als diese sah daß es drei schöne Jünglinge waren, so forschte sie nach ihrer Herkunft, und vernahm daß es die Söhne des alten Räubers wären, der seine Lebensweise geändert und als ein gehorsamer Unterthan gelebt hatte. Sie ließ sie also wieder in das Gefängnis zurückführen und bei dem Vater anfragen ob er seine Söhne lösen wollte. Der Alte kam, und sagte ‘meine Söhne sind nicht werth daß ich sie mit einem Pfennig löse.’ Da sprach die Königin zu ihm ‘du bist ein weitbekannter, verrufener Räuber gewesen, erzähle mir das merkwürdigste Abenteuer aus deinem Räuberleben, so will ich dir deine Kinder wiedergeben.’</p><lb/> <p>Als der Alte das vernahm, hub er an ‘Frau Königin, hört meine Rede, ich will euch ein Ereignis erzählen, was mich mehr erschreckt hat als Feuer und Wasser. Ich brachte in Erfahrung daß in einer wilden Waldschlucht zwischen zwei Bergen, zwanzig Meilen von den Menschen entfernt, ein Riese lebte, der einen großen Schatz, viel tausend Mark Silber und Gold besäße. Ich wählte also aus meinen Gesellen so viele aus, daß unser hundert waren, und wir zogen hin. Es war ein langer mühsamer Weg zwischen Felsen und Abgründen. Wir fanden den Riesen nicht zu Haus, waren froh darüber, und nahmen von dem Gold und Silber so viel wir tragen konnten. Als wir damit uns auf den Heimweg machen wollten, und ganz sicher zu sein glaubten, da kam der Riese mit zehn andern Riesen unversehens daher, und nahm uns </p> </div> </body> </text> </TEI> [470/0480]
Brüdern fanden, nahmen sie alle drei gefangen, und führten sie in das Gefängnis.
Am andern Morgen wurden sie vor die Königin geführt, und als diese sah daß es drei schöne Jünglinge waren, so forschte sie nach ihrer Herkunft, und vernahm daß es die Söhne des alten Räubers wären, der seine Lebensweise geändert und als ein gehorsamer Unterthan gelebt hatte. Sie ließ sie also wieder in das Gefängnis zurückführen und bei dem Vater anfragen ob er seine Söhne lösen wollte. Der Alte kam, und sagte ‘meine Söhne sind nicht werth daß ich sie mit einem Pfennig löse.’ Da sprach die Königin zu ihm ‘du bist ein weitbekannter, verrufener Räuber gewesen, erzähle mir das merkwürdigste Abenteuer aus deinem Räuberleben, so will ich dir deine Kinder wiedergeben.’
Als der Alte das vernahm, hub er an ‘Frau Königin, hört meine Rede, ich will euch ein Ereignis erzählen, was mich mehr erschreckt hat als Feuer und Wasser. Ich brachte in Erfahrung daß in einer wilden Waldschlucht zwischen zwei Bergen, zwanzig Meilen von den Menschen entfernt, ein Riese lebte, der einen großen Schatz, viel tausend Mark Silber und Gold besäße. Ich wählte also aus meinen Gesellen so viele aus, daß unser hundert waren, und wir zogen hin. Es war ein langer mühsamer Weg zwischen Felsen und Abgründen. Wir fanden den Riesen nicht zu Haus, waren froh darüber, und nahmen von dem Gold und Silber so viel wir tragen konnten. Als wir damit uns auf den Heimweg machen wollten, und ganz sicher zu sein glaubten, da kam der Riese mit zehn andern Riesen unversehens daher, und nahm uns
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