Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

er so traurig wäre. Der Müller war anfangs verstimmt, aber als er sie so freundlich sprechen hörte, faßte er sich ein Herz, und erzählte ihr, daß er sonst in Glück und Reichthum gelebt hätte, aber jetzt so arm wäre, daß er sich nicht zu rathen wüßte. 'Sei ruhig,' antwortete die Nixe, 'ich will dich reicher und glücklicher machen als du je gewesen bist, nur mußt du mir versprechen daß du mir geben willst was eben in deinem Hause jung geworden ist.' 'Was kann das anders sein,' dachte der Müller, 'als ein junger Hund oder ein junges Kätzchen?' und sagte ihr zu was sie verlangte. Die Nixe stieg wieder in das Wasser hinab, und er eilte getröstet und gutes Muthes nach seiner Mühle. Noch hatte er sie nicht erreicht, da trat die Magd aus der Hausthüre, und rief ihm zu er sollte sich freuen, seine Frau habe ihm einen kleinen Knaben geboren. Der Müller stand wie vom Blitz gerührt, er sah wohl daß die tückische Nixe das gewußt und ihn betrogen hatte. Mit gesenktem Haupt trat er zu dem Bett seiner Frau, und als sie ihn fragte 'warum freust du dich nicht über den schönen Knaben?' so erzählte er ihr was ihm begegnet war und was für ein Versprechen er der Nixe gegeben hatte. 'Was hilft mir Glück und Reichthum,' fügte er hinzu, 'wenn ich mein Kind verlieren soll? aber was kann ich thun?' Auch die Verwandten, die herbeigekommen waren, Glück zu wünschen, wußten keinen Rath.

Indessen kehrte das Glück in das Haus des Müllers wieder ein. Was er unternahm gelang, es war als ob Kisten und Kasten von selbst sich füllten, und das Geld im Schrank über Nacht sich mehrte. Es dauerte nicht

er so traurig wäre. Der Müller war anfangs verstimmt, aber als er sie so freundlich sprechen hörte, faßte er sich ein Herz, und erzählte ihr, daß er sonst in Glück und Reichthum gelebt hätte, aber jetzt so arm wäre, daß er sich nicht zu rathen wüßte. ‘Sei ruhig,’ antwortete die Nixe, ‘ich will dich reicher und glücklicher machen als du je gewesen bist, nur mußt du mir versprechen daß du mir geben willst was eben in deinem Hause jung geworden ist.’ ‘Was kann das anders sein,’ dachte der Müller, ‘als ein junger Hund oder ein junges Kätzchen?’ und sagte ihr zu was sie verlangte. Die Nixe stieg wieder in das Wasser hinab, und er eilte getröstet und gutes Muthes nach seiner Mühle. Noch hatte er sie nicht erreicht, da trat die Magd aus der Hausthüre, und rief ihm zu er sollte sich freuen, seine Frau habe ihm einen kleinen Knaben geboren. Der Müller stand wie vom Blitz gerührt, er sah wohl daß die tückische Nixe das gewußt und ihn betrogen hatte. Mit gesenktem Haupt trat er zu dem Bett seiner Frau, und als sie ihn fragte ‘warum freust du dich nicht über den schönen Knaben?’ so erzählte er ihr was ihm begegnet war und was für ein Versprechen er der Nixe gegeben hatte. ‘Was hilft mir Glück und Reichthum,’ fügte er hinzu, ‘wenn ich mein Kind verlieren soll? aber was kann ich thun?’ Auch die Verwandten, die herbeigekommen waren, Glück zu wünschen, wußten keinen Rath.

Indessen kehrte das Glück in das Haus des Müllers wieder ein. Was er unternahm gelang, es war als ob Kisten und Kasten von selbst sich füllten, und das Geld im Schrank über Nacht sich mehrte. Es dauerte nicht

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0436" n="426"/>
er so traurig wäre. Der Müller war anfangs verstimmt, aber als er sie so freundlich sprechen hörte, faßte er sich ein Herz, und erzählte ihr, daß er sonst in Glück und Reichthum gelebt hätte, aber jetzt so arm wäre, daß er sich nicht zu rathen wüßte. &#x2018;Sei ruhig,&#x2019; antwortete die Nixe, &#x2018;ich will dich reicher und glücklicher machen als du je gewesen bist, nur mußt du mir versprechen daß du mir geben willst was eben in deinem Hause jung geworden ist.&#x2019; &#x2018;Was kann das anders sein,&#x2019; dachte der Müller, &#x2018;als ein junger Hund oder ein junges Kätzchen?&#x2019; und sagte ihr zu was sie verlangte. Die Nixe stieg wieder in das Wasser hinab, und er eilte getröstet und gutes Muthes nach seiner Mühle. Noch hatte er sie nicht erreicht, da trat die Magd aus der Hausthüre, und rief ihm zu er sollte sich freuen, seine Frau habe ihm einen kleinen Knaben geboren. Der Müller stand wie vom Blitz gerührt, er sah wohl daß die tückische Nixe das gewußt und ihn betrogen hatte. Mit gesenktem Haupt trat er zu dem Bett seiner Frau, und als sie ihn fragte &#x2018;warum freust du dich nicht über den schönen Knaben?&#x2019; so erzählte er ihr was ihm begegnet war und was für ein Versprechen er der Nixe gegeben hatte. &#x2018;Was hilft mir Glück und Reichthum,&#x2019; fügte er hinzu, &#x2018;wenn ich mein Kind verlieren soll? aber was kann ich thun?&#x2019; Auch die Verwandten, die herbeigekommen waren, Glück zu wünschen, wußten keinen Rath.</p><lb/>
        <p>Indessen kehrte das Glück in das Haus des Müllers wieder ein. Was er unternahm gelang, es war als ob Kisten und Kasten von selbst sich füllten, und das Geld im Schrank über Nacht sich mehrte. Es dauerte nicht
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[426/0436] er so traurig wäre. Der Müller war anfangs verstimmt, aber als er sie so freundlich sprechen hörte, faßte er sich ein Herz, und erzählte ihr, daß er sonst in Glück und Reichthum gelebt hätte, aber jetzt so arm wäre, daß er sich nicht zu rathen wüßte. ‘Sei ruhig,’ antwortete die Nixe, ‘ich will dich reicher und glücklicher machen als du je gewesen bist, nur mußt du mir versprechen daß du mir geben willst was eben in deinem Hause jung geworden ist.’ ‘Was kann das anders sein,’ dachte der Müller, ‘als ein junger Hund oder ein junges Kätzchen?’ und sagte ihr zu was sie verlangte. Die Nixe stieg wieder in das Wasser hinab, und er eilte getröstet und gutes Muthes nach seiner Mühle. Noch hatte er sie nicht erreicht, da trat die Magd aus der Hausthüre, und rief ihm zu er sollte sich freuen, seine Frau habe ihm einen kleinen Knaben geboren. Der Müller stand wie vom Blitz gerührt, er sah wohl daß die tückische Nixe das gewußt und ihn betrogen hatte. Mit gesenktem Haupt trat er zu dem Bett seiner Frau, und als sie ihn fragte ‘warum freust du dich nicht über den schönen Knaben?’ so erzählte er ihr was ihm begegnet war und was für ein Versprechen er der Nixe gegeben hatte. ‘Was hilft mir Glück und Reichthum,’ fügte er hinzu, ‘wenn ich mein Kind verlieren soll? aber was kann ich thun?’ Auch die Verwandten, die herbeigekommen waren, Glück zu wünschen, wußten keinen Rath. Indessen kehrte das Glück in das Haus des Müllers wieder ein. Was er unternahm gelang, es war als ob Kisten und Kasten von selbst sich füllten, und das Geld im Schrank über Nacht sich mehrte. Es dauerte nicht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2017-11-08T15:10:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-01T16:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1843/436
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1843, S. 426. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1843/436>, abgerufen am 19.12.2024.