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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1843.

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174.
Die Eule.

Vor ein paar hundert Jahren, als die Leute noch lange nicht so klug und verschmitzt waren, als sie heutzutage sind, hat sich in einer kleinen Stadt eine seltsame Geschichte zugetragen. Von Ungefähr war eine von den großen Eulen, die man Schuhu nennt, aus dem benachbarten Walde bei nächtlicher Weile in die Scheuer eines Bürgers gerathen, und wagte sich, als der Tag anbrach, aus Furcht vor den andern Vögeln, die, wenn sie sich blicken läßt, ein furchtbares Geschrei erheben, nicht wieder aus ihrem Schlupfwinkel heraus. Als nun der Hausknecht Morgens in die Scheuer kam um Stroh zu holen, erschrak er bei dem Anblick der Eule, die da in einer Ecke saß, so gewaltig, daß er fortlief, und seinem Herrn ankündigte ein Ungeheuer, wie er Zeit seines Lebens keins erblickt hätte, säße in der Scheuer, drehte die Augen im Kopf herum, und könnte einen ohne Umstände verschlingen. 'Ich kenne dich schon,' sagte der Herr, 'einer Amsel im Felde nachzujagen, dazu hast du Muth genug, aber wenn du ein todtes Huhn liegen siehst, so holst du dir erst einen Stock, ehe du ihm nahe kommst. Ich muß nur selbst einmal nachsehen was das für ein Ungeheuer ist' setzte der Herr hinzu, gieng ganz tapfer zur

174.
Die Eule.

Vor ein paar hundert Jahren, als die Leute noch lange nicht so klug und verschmitzt waren, als sie heutzutage sind, hat sich in einer kleinen Stadt eine seltsame Geschichte zugetragen. Von Ungefähr war eine von den großen Eulen, die man Schuhu nennt, aus dem benachbarten Walde bei nächtlicher Weile in die Scheuer eines Bürgers gerathen, und wagte sich, als der Tag anbrach, aus Furcht vor den andern Vögeln, die, wenn sie sich blicken läßt, ein furchtbares Geschrei erheben, nicht wieder aus ihrem Schlupfwinkel heraus. Als nun der Hausknecht Morgens in die Scheuer kam um Stroh zu holen, erschrak er bei dem Anblick der Eule, die da in einer Ecke saß, so gewaltig, daß er fortlief, und seinem Herrn ankündigte ein Ungeheuer, wie er Zeit seines Lebens keins erblickt hätte, säße in der Scheuer, drehte die Augen im Kopf herum, und könnte einen ohne Umstände verschlingen. ‘Ich kenne dich schon,’ sagte der Herr, ‘einer Amsel im Felde nachzujagen, dazu hast du Muth genug, aber wenn du ein todtes Huhn liegen siehst, so holst du dir erst einen Stock, ehe du ihm nahe kommst. Ich muß nur selbst einmal nachsehen was das für ein Ungeheuer ist’ setzte der Herr hinzu, gieng ganz tapfer zur

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[392/0402] 174. Die Eule. Vor ein paar hundert Jahren, als die Leute noch lange nicht so klug und verschmitzt waren, als sie heutzutage sind, hat sich in einer kleinen Stadt eine seltsame Geschichte zugetragen. Von Ungefähr war eine von den großen Eulen, die man Schuhu nennt, aus dem benachbarten Walde bei nächtlicher Weile in die Scheuer eines Bürgers gerathen, und wagte sich, als der Tag anbrach, aus Furcht vor den andern Vögeln, die, wenn sie sich blicken läßt, ein furchtbares Geschrei erheben, nicht wieder aus ihrem Schlupfwinkel heraus. Als nun der Hausknecht Morgens in die Scheuer kam um Stroh zu holen, erschrak er bei dem Anblick der Eule, die da in einer Ecke saß, so gewaltig, daß er fortlief, und seinem Herrn ankündigte ein Ungeheuer, wie er Zeit seines Lebens keins erblickt hätte, säße in der Scheuer, drehte die Augen im Kopf herum, und könnte einen ohne Umstände verschlingen. ‘Ich kenne dich schon,’ sagte der Herr, ‘einer Amsel im Felde nachzujagen, dazu hast du Muth genug, aber wenn du ein todtes Huhn liegen siehst, so holst du dir erst einen Stock, ehe du ihm nahe kommst. Ich muß nur selbst einmal nachsehen was das für ein Ungeheuer ist’ setzte der Herr hinzu, gieng ganz tapfer zur

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1843, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1843/402>, abgerufen am 18.11.2024.