Es war einmal ein Mann und eine Frau, die hatten nur ein einziges Kind, und lebten in einem abseits gelegenen Thale ganz allein. Es trug sich zu, daß die Mutter einmal ins Holz gieng, Tannenreiser zu lesen, und den kleinen Hans, der erst zwei Jahr alt war, mitnahm. Da es gerade in der Frühlingszeit war, und das Kind seine Freude an den bunten Blumen hatte, so gieng sie immer weiter mit ihm in den Wald hinein. Plötzlich sprangen aus dem Gebüsch zwei Räuber hervor, packten die Mutter und das Kind, und führten sie tief in den schwarzen Wald, wo Jahr aus Jahr ein kein Mensch hinkam. Die arme Frau bat die Räuber inständig sie mit ihrem Kinde frei zu lassen, aber das Herz der Räuber war von Stein: sie hörten nicht auf ihr Bitten und Flehen, und trieben sie mit Gewalt an weiter zu gehen. Nachdem sie etwa zwei Stunden durch Stauden und Dörner sich hatten durcharbeiten müssen, kamen sie zu einem Felsen, wo eine Thüre war, an welche die Räuber klopften, und die sich alsba[ld] öffnete. Sie mußten durch einen langen dunkelen Ga[ng,] und kamen endlich in eine große Höhle, die von ei[nem] Feuer, daß auf dem Herd brannte, erleuchtet war. [An] der Wand hiengen Schwerter, Säbel und andere [Mord]gewehre,
166. Der starke Hans.
Es war einmal ein Mann und eine Frau, die hatten nur ein einziges Kind, und lebten in einem abseits gelegenen Thale ganz allein. Es trug sich zu, daß die Mutter einmal ins Holz gieng, Tannenreiser zu lesen, und den kleinen Hans, der erst zwei Jahr alt war, mitnahm. Da es gerade in der Frühlingszeit war, und das Kind seine Freude an den bunten Blumen hatte, so gieng sie immer weiter mit ihm in den Wald hinein. Plötzlich sprangen aus dem Gebüsch zwei Räuber hervor, packten die Mutter und das Kind, und führten sie tief in den schwarzen Wald, wo Jahr aus Jahr ein kein Mensch hinkam. Die arme Frau bat die Räuber inständig sie mit ihrem Kinde frei zu lassen, aber das Herz der Räuber war von Stein: sie hörten nicht auf ihr Bitten und Flehen, und trieben sie mit Gewalt an weiter zu gehen. Nachdem sie etwa zwei Stunden durch Stauden und Dörner sich hatten durcharbeiten müssen, kamen sie zu einem Felsen, wo eine Thüre war, an welche die Räuber klopften, und die sich alsba[ld] öffnete. Sie mußten durch einen langen dunkelen Ga[ng,] und kamen endlich in eine große Höhle, die von ei[nem] Feuer, daß auf dem Herd brannte, erleuchtet war. [An] der Wand hiengen Schwerter, Säbel und andere [Mord]gewehre,
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166.
Der starke Hans.
Es war einmal ein Mann und eine Frau, die hatten nur ein einziges Kind, und lebten in einem abseits gelegenen Thale ganz allein. Es trug sich zu, daß die Mutter einmal ins Holz gieng, Tannenreiser zu lesen, und den kleinen Hans, der erst zwei Jahr alt war, mitnahm. Da es gerade in der Frühlingszeit war, und das Kind seine Freude an den bunten Blumen hatte, so gieng sie immer weiter mit ihm in den Wald hinein. Plötzlich sprangen aus dem Gebüsch zwei Räuber hervor, packten die Mutter und das Kind, und führten sie tief in den schwarzen Wald, wo Jahr aus Jahr ein kein Mensch hinkam. Die arme Frau bat die Räuber inständig sie mit ihrem Kinde frei zu lassen, aber das Herz der Räuber war von Stein: sie hörten nicht auf ihr Bitten und Flehen, und trieben sie mit Gewalt an weiter zu gehen. Nachdem sie etwa zwei Stunden durch Stauden und Dörner sich hatten durcharbeiten müssen, kamen sie zu einem Felsen, wo eine Thüre war, an welche die Räuber klopften, und die sich alsbald öffnete. Sie mußten durch einen langen dunkelen Gang, und kamen endlich in eine große Höhle, die von einem Feuer, daß auf dem Herd brannte, erleuchtet war. An der Wand hiengen Schwerter, Säbel und andere Mordgewehre,
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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1843, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1843/373>, abgerufen am 22.02.2025.
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