Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite
156.
Die Schlickerlinge.

Es war einmal ein Mädchen, das war schön, aber faul und nachlässig. Wenn es spinnen sollte, so war es so verdrießlich daß wenn ein kleiner Knoten im Flachs war, es gleich einen ganzen Haufen mit herausriß, und neben sich zur Erde schlickerte. Nun hatte es ein Dienstmädchen, das war arbeitsam, suchte den weggeworfenen Flachs zusammen, reinigte ihn, spann ihn fein, und ließ sich ein hübsches Kleid daraus weben. Als nun das faule Mädchen eine Braut war, und die Hochzeit sollte gehalten werden, tanzte das fleißige in seinem schönen Kleide lustig herum, da sprach die Braut

'ach, wat kann dat Mäken springen
in minen Slickerlingen!'

Das hörte der Bräutigam, und fragte die Braut was sie damit sagen wollte. Da erzählte sie ihm daß das Mädchen ein Kleid von dem Flachs trüge, den sie weggeworfen hätte. Wie der Bräutigam das hörte, und ihre Faulheit und dagegen den Fleiß des armen Mädchens sah, ließ er sie stehen, gieng zu jener, und nahm sie zur Frau.



156.
Die Schlickerlinge.

Es war einmal ein Mädchen, das war schön, aber faul und nachlässig. Wenn es spinnen sollte, so war es so verdrießlich daß wenn ein kleiner Knoten im Flachs war, es gleich einen ganzen Haufen mit herausriß, und neben sich zur Erde schlickerte. Nun hatte es ein Dienstmädchen, das war arbeitsam, suchte den weggeworfenen Flachs zusammen, reinigte ihn, spann ihn fein, und ließ sich ein hübsches Kleid daraus weben. Als nun das faule Mädchen eine Braut war, und die Hochzeit sollte gehalten werden, tanzte das fleißige in seinem schönen Kleide lustig herum, da sprach die Braut

‘ach, wat kann dat Mäken springen
in minen Slickerlingen!’

Das hörte der Bräutigam, und fragte die Braut was sie damit sagen wollte. Da erzählte sie ihm daß das Mädchen ein Kleid von dem Flachs trüge, den sie weggeworfen hätte. Wie der Bräutigam das hörte, und ihre Faulheit und dagegen den Fleiß des armen Mädchens sah, ließ er sie stehen, gieng zu jener, und nahm sie zur Frau.



<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0332" n="322"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">156.<lb/>
Die Schlickerlinge.</hi> </head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">E</hi>s war einmal ein Mädchen, das war schön, aber faul und nachlässig. Wenn es spinnen sollte, so war es so verdrießlich daß wenn ein kleiner Knoten im Flachs war, es gleich einen ganzen Haufen mit herausriß, und neben sich zur Erde schlickerte. Nun hatte es ein Dienstmädchen, das war arbeitsam, suchte den weggeworfenen Flachs zusammen, reinigte ihn, spann ihn fein, und ließ sich ein hübsches Kleid daraus weben. Als nun das faule Mädchen eine Braut war, und die Hochzeit sollte gehalten werden, tanzte das fleißige in seinem schönen Kleide lustig herum, da sprach die Braut</p><lb/>
        <lg type="poem">
          <l>&#x2018;ach, wat kann dat Mäken springen</l><lb/>
          <l>in minen Slickerlingen!&#x2019;</l><lb/>
        </lg>
        <p>Das hörte der Bräutigam, und fragte die Braut was sie damit sagen wollte. Da erzählte sie ihm daß das Mädchen ein Kleid von dem Flachs trüge, den sie weggeworfen hätte. Wie der Bräutigam das hörte, und ihre Faulheit und dagegen den Fleiß des armen Mädchens sah, ließ er sie stehen, gieng zu jener, und nahm sie zur Frau.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[322/0332] 156. Die Schlickerlinge. Es war einmal ein Mädchen, das war schön, aber faul und nachlässig. Wenn es spinnen sollte, so war es so verdrießlich daß wenn ein kleiner Knoten im Flachs war, es gleich einen ganzen Haufen mit herausriß, und neben sich zur Erde schlickerte. Nun hatte es ein Dienstmädchen, das war arbeitsam, suchte den weggeworfenen Flachs zusammen, reinigte ihn, spann ihn fein, und ließ sich ein hübsches Kleid daraus weben. Als nun das faule Mädchen eine Braut war, und die Hochzeit sollte gehalten werden, tanzte das fleißige in seinem schönen Kleide lustig herum, da sprach die Braut ‘ach, wat kann dat Mäken springen in minen Slickerlingen!’ Das hörte der Bräutigam, und fragte die Braut was sie damit sagen wollte. Da erzählte sie ihm daß das Mädchen ein Kleid von dem Flachs trüge, den sie weggeworfen hätte. Wie der Bräutigam das hörte, und ihre Faulheit und dagegen den Fleiß des armen Mädchens sah, ließ er sie stehen, gieng zu jener, und nahm sie zur Frau.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2017-11-08T15:10:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-01T16:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1843/332
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1843, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1843/332>, abgerufen am 18.11.2024.