Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1843.124. Die drei Brüder. Es war ein Mann, der hatte drei Söhne, und weiter nichts im Vermögen als das Haus, worin er wohnte. Nun hätte jeder gerne nach seinem Tod das Haus gehabt, dem Vater war aber einer so lieb als der andere, da wußt er gar nicht wie ers anfangen sollte, daß er keinem zu nahe thät; verkaufen wollt er das Haus auch nicht, weils von seinen Voreltern war, sonst hätt er das Geld unter sie getheilt. Da fiel ihm endlich ein Rath ein, und er sprach zu seinen Söhnen 'geht in die Welt, und versucht euch, und lerne jeder sein Handwerk, wenn ihr dann wiederkommt, wer das beste Meisterstück macht, der soll das Haus haben.' Das waren die Söhne zufrieden, und der älteste wollte ein Hufschmied, der zweite ein Barbier, der dritte aber ein Fechtmeister werden. Darauf bestimmten sie eine Zeit, wo sie wieder nach Haus zusammen kommen wollten, und zogen fort. Es traf sich auch, daß jeder einen tüchtigen Meister fand, wo er was rechtschaffenes lernte. Der Schmied mußte des Königs Pferde beschlagen, und dachte 'nun kann dirs nicht fehlen, du kriegst das Haus.' Der Barbier rasierte lauter vornehme Herren, und meinte auch das Haus wäre schon sein. Der Fechtmeister kriegte manchen 124. Die drei Brüder. Es war ein Mann, der hatte drei Söhne, und weiter nichts im Vermögen als das Haus, worin er wohnte. Nun hätte jeder gerne nach seinem Tod das Haus gehabt, dem Vater war aber einer so lieb als der andere, da wußt er gar nicht wie ers anfangen sollte, daß er keinem zu nahe thät; verkaufen wollt er das Haus auch nicht, weils von seinen Voreltern war, sonst hätt er das Geld unter sie getheilt. Da fiel ihm endlich ein Rath ein, und er sprach zu seinen Söhnen ‘geht in die Welt, und versucht euch, und lerne jeder sein Handwerk, wenn ihr dann wiederkommt, wer das beste Meisterstück macht, der soll das Haus haben.’ Das waren die Söhne zufrieden, und der älteste wollte ein Hufschmied, der zweite ein Barbier, der dritte aber ein Fechtmeister werden. Darauf bestimmten sie eine Zeit, wo sie wieder nach Haus zusammen kommen wollten, und zogen fort. Es traf sich auch, daß jeder einen tüchtigen Meister fand, wo er was rechtschaffenes lernte. Der Schmied mußte des Königs Pferde beschlagen, und dachte ‘nun kann dirs nicht fehlen, du kriegst das Haus.’ Der Barbier rasierte lauter vornehme Herren, und meinte auch das Haus wäre schon sein. Der Fechtmeister kriegte manchen <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0224" n="214"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">124.<lb/> Die drei Brüder.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#in">E</hi>s war ein Mann, der hatte drei Söhne, und weiter nichts im Vermögen als das Haus, worin er wohnte. Nun hätte jeder gerne nach seinem Tod das Haus gehabt, dem Vater war aber einer so lieb als der andere, da wußt er gar nicht wie ers anfangen sollte, daß er keinem zu nahe thät; verkaufen wollt er das Haus auch nicht, weils von seinen Voreltern war, sonst hätt er das Geld unter sie getheilt. Da fiel ihm endlich ein Rath ein, und er sprach zu seinen Söhnen ‘geht in die Welt, und versucht euch, und lerne jeder sein Handwerk, wenn ihr dann wiederkommt, wer das beste Meisterstück macht, der soll das Haus haben.’</p><lb/> <p>Das waren die Söhne zufrieden, und der älteste wollte ein Hufschmied, der zweite ein Barbier, der dritte aber ein Fechtmeister werden. Darauf bestimmten sie eine Zeit, wo sie wieder nach Haus zusammen kommen wollten, und zogen fort. Es traf sich auch, daß jeder einen tüchtigen Meister fand, wo er was rechtschaffenes lernte. Der Schmied mußte des Königs Pferde beschlagen, und dachte ‘nun kann dirs nicht fehlen, du kriegst das Haus.’ Der Barbier rasierte lauter vornehme Herren, und meinte auch das Haus wäre schon sein. Der Fechtmeister kriegte manchen </p> </div> </body> </text> </TEI> [214/0224]
124.
Die drei Brüder.
Es war ein Mann, der hatte drei Söhne, und weiter nichts im Vermögen als das Haus, worin er wohnte. Nun hätte jeder gerne nach seinem Tod das Haus gehabt, dem Vater war aber einer so lieb als der andere, da wußt er gar nicht wie ers anfangen sollte, daß er keinem zu nahe thät; verkaufen wollt er das Haus auch nicht, weils von seinen Voreltern war, sonst hätt er das Geld unter sie getheilt. Da fiel ihm endlich ein Rath ein, und er sprach zu seinen Söhnen ‘geht in die Welt, und versucht euch, und lerne jeder sein Handwerk, wenn ihr dann wiederkommt, wer das beste Meisterstück macht, der soll das Haus haben.’
Das waren die Söhne zufrieden, und der älteste wollte ein Hufschmied, der zweite ein Barbier, der dritte aber ein Fechtmeister werden. Darauf bestimmten sie eine Zeit, wo sie wieder nach Haus zusammen kommen wollten, und zogen fort. Es traf sich auch, daß jeder einen tüchtigen Meister fand, wo er was rechtschaffenes lernte. Der Schmied mußte des Königs Pferde beschlagen, und dachte ‘nun kann dirs nicht fehlen, du kriegst das Haus.’ Der Barbier rasierte lauter vornehme Herren, und meinte auch das Haus wäre schon sein. Der Fechtmeister kriegte manchen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2015-05-11T18:40:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2017-11-08T15:10:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-06-01T16:12:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |