Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1843.Der zweite nahm die Katzenaugen und heilte sie ein; der dritte machte das Schweineherz fest. Der Wirth aber stand dabei, bewunderte ihre Kunst, und sagte dergleichen hätt er noch nicht gesehen, er wollte sie bei jedermann rühmen und empfehlen. Darauf bezahlten sie ihre Zeche, und reisten weiter. Wie sie so dahin giengen, so blieb der mit dem Schweineherzen gar nicht bei ihnen, sondern wo eine Ecke war, lief er hin, und schnüffelte darin herum, wie Schweine thun. Die andern wollten ihn an dem Rockschlippen zurückhalten, aber das half nichts, er riß sich los, und lief hin, wo der dickste Unrath lag. Der zweite stellte sich auch wunderlich an, rieb die Augen, und sagte zu dem andern 'Camerad, was ist das? das sind meine Augen nicht, ich sehe ja nichts, leit mich doch einer, daß ich nicht falle.' Da giengen sie mit Mühe fort bis zum Abend, wo sie zu einer andern Herberge kamen. Sie traten zusammen in die Wirthsstube, da saß in einer Ecke ein reicher Herr vorm Tisch, und zählte Geld. Der mit der Diebshand gieng um ihn herum, zuckt ein paarmal mit dem Arm, endlich wie der Herr sich umwendete, griff er in den Haufen hinein, und nahm eine Hand voll Geld heraus. Der eine sahs und sprach 'Camerad, was machst du? stehlen darfst du nicht, schäm dich!'' 'Ei,' sagte er, 'was kann ich dafür! es zuckt mir in der Hand, ich muß zugreifen, ich mag wollen oder nicht.' Sie legten sich danach schlafen, und wie sie da liegen, ists so finster, daß man keine Hand vor Augen sehen kann. Auf einmal erwachte der mit den Katzenaugen, weckte die andern, und sprach 'Brüder, schaut einmal auf, seht ihr die weißen Mäuschen, Der zweite nahm die Katzenaugen und heilte sie ein; der dritte machte das Schweineherz fest. Der Wirth aber stand dabei, bewunderte ihre Kunst, und sagte dergleichen hätt er noch nicht gesehen, er wollte sie bei jedermann rühmen und empfehlen. Darauf bezahlten sie ihre Zeche, und reisten weiter. Wie sie so dahin giengen, so blieb der mit dem Schweineherzen gar nicht bei ihnen, sondern wo eine Ecke war, lief er hin, und schnüffelte darin herum, wie Schweine thun. Die andern wollten ihn an dem Rockschlippen zurückhalten, aber das half nichts, er riß sich los, und lief hin, wo der dickste Unrath lag. Der zweite stellte sich auch wunderlich an, rieb die Augen, und sagte zu dem andern ‘Camerad, was ist das? das sind meine Augen nicht, ich sehe ja nichts, leit mich doch einer, daß ich nicht falle.’ Da giengen sie mit Mühe fort bis zum Abend, wo sie zu einer andern Herberge kamen. Sie traten zusammen in die Wirthsstube, da saß in einer Ecke ein reicher Herr vorm Tisch, und zählte Geld. Der mit der Diebshand gieng um ihn herum, zuckt ein paarmal mit dem Arm, endlich wie der Herr sich umwendete, griff er in den Haufen hinein, und nahm eine Hand voll Geld heraus. Der eine sahs und sprach ‘Camerad, was machst du? stehlen darfst du nicht, schäm dich!‘’ ‘Ei,’ sagte er, ‘was kann ich dafür! es zuckt mir in der Hand, ich muß zugreifen, ich mag wollen oder nicht.’ Sie legten sich danach schlafen, und wie sie da liegen, ists so finster, daß man keine Hand vor Augen sehen kann. Auf einmal erwachte der mit den Katzenaugen, weckte die andern, und sprach ‘Brüder, schaut einmal auf, seht ihr die weißen Mäuschen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0193" n="183"/> Der zweite nahm die Katzenaugen und heilte sie ein; der dritte machte das Schweineherz fest. Der Wirth aber stand dabei, bewunderte ihre Kunst, und sagte dergleichen hätt er noch nicht gesehen, er wollte sie bei jedermann rühmen und empfehlen. Darauf bezahlten sie ihre Zeche, und reisten weiter.</p><lb/> <p>Wie sie so dahin giengen, so blieb der mit dem Schweineherzen gar nicht bei ihnen, sondern wo eine Ecke war, lief er hin, und schnüffelte darin herum, wie Schweine thun. Die andern wollten ihn an dem Rockschlippen zurückhalten, aber das half nichts, er riß sich los, und lief hin, wo der dickste Unrath lag. Der zweite stellte sich auch wunderlich an, rieb die Augen, und sagte zu dem andern ‘Camerad, was ist das? das sind meine Augen nicht, ich sehe ja nichts, leit mich doch einer, daß ich nicht falle.’ Da giengen sie mit Mühe fort bis zum Abend, wo sie zu einer andern Herberge kamen. Sie traten zusammen in die Wirthsstube, da saß in einer Ecke ein reicher Herr vorm Tisch, und zählte Geld. Der mit der Diebshand gieng um ihn herum, zuckt ein paarmal mit dem Arm, endlich wie der Herr sich umwendete, griff er in den Haufen hinein, und nahm eine Hand voll Geld heraus. Der eine sahs und sprach ‘Camerad, was machst du? stehlen darfst du nicht, schäm dich!‘’ ‘Ei,’ sagte er, ‘was kann ich dafür! es zuckt mir in der Hand, ich muß zugreifen, ich mag wollen oder nicht.’ Sie legten sich danach schlafen, und wie sie da liegen, ists so finster, daß man keine Hand vor Augen sehen kann. Auf einmal erwachte der mit den Katzenaugen, weckte die andern, und sprach ‘Brüder, schaut einmal auf, seht ihr die weißen Mäuschen, </p> </div> </body> </text> </TEI> [183/0193]
Der zweite nahm die Katzenaugen und heilte sie ein; der dritte machte das Schweineherz fest. Der Wirth aber stand dabei, bewunderte ihre Kunst, und sagte dergleichen hätt er noch nicht gesehen, er wollte sie bei jedermann rühmen und empfehlen. Darauf bezahlten sie ihre Zeche, und reisten weiter.
Wie sie so dahin giengen, so blieb der mit dem Schweineherzen gar nicht bei ihnen, sondern wo eine Ecke war, lief er hin, und schnüffelte darin herum, wie Schweine thun. Die andern wollten ihn an dem Rockschlippen zurückhalten, aber das half nichts, er riß sich los, und lief hin, wo der dickste Unrath lag. Der zweite stellte sich auch wunderlich an, rieb die Augen, und sagte zu dem andern ‘Camerad, was ist das? das sind meine Augen nicht, ich sehe ja nichts, leit mich doch einer, daß ich nicht falle.’ Da giengen sie mit Mühe fort bis zum Abend, wo sie zu einer andern Herberge kamen. Sie traten zusammen in die Wirthsstube, da saß in einer Ecke ein reicher Herr vorm Tisch, und zählte Geld. Der mit der Diebshand gieng um ihn herum, zuckt ein paarmal mit dem Arm, endlich wie der Herr sich umwendete, griff er in den Haufen hinein, und nahm eine Hand voll Geld heraus. Der eine sahs und sprach ‘Camerad, was machst du? stehlen darfst du nicht, schäm dich!‘’ ‘Ei,’ sagte er, ‘was kann ich dafür! es zuckt mir in der Hand, ich muß zugreifen, ich mag wollen oder nicht.’ Sie legten sich danach schlafen, und wie sie da liegen, ists so finster, daß man keine Hand vor Augen sehen kann. Auf einmal erwachte der mit den Katzenaugen, weckte die andern, und sprach ‘Brüder, schaut einmal auf, seht ihr die weißen Mäuschen,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2015-05-11T18:40:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2017-11-08T15:10:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-06-01T16:12:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |