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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1843.

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neun Tage begieb dich in das königliche Schloß, da will ich kommen.' Das Schneiderlein gieng nach Haus, und war zu rechter Zeit in dem Schloß. Nicht lange, so kam der Storch heran geflogen und klopfte ans Fenster. Der Schneider öffnete ihm, und Vetter Langbein stieg vorsichtig herein, und gieng mit gravitätischen Schritten über den glatten Marmorboden; er hatte aber ein Kind im Schnabel, das schön war wie ein Engel, und seine Händchen nach der Königin ausstreckte. Der Storch nahm, bevor er wieder wegflog, seine Reisetasche von der Schulter herab, und überreichte sie der Königin. Es steckten Düten darin mit bunten Zuckererbsen, die wurden unter die kleinen Prinzessinnen vertheilt. Die älteste aber erhielt nichts, sondern bekam den lustigen jungen Schneider zum Mann. 'Es ist mir geradeso,' sprach der Schneider, 'als wenn ich das große Loos gewonnen hätte. Meine Mutter hatte doch recht, die sagte immer wer auf Gott vertraut und nur Glück hat, dem kanns nicht fehlen.'

Der Schuster mußte die Schuhe machen, in welchen das Schneiderlein auf dem Hochzeitfest tanzte, hernach ward ihm befohlen die Stadt auf immer zu verlassen. Der Weg nach dem Wald führte ihn zu dem Galgen. Von Zorn, Wuth und der Hitze des Tages ermüdet, warf er sich nieder. Als er die Augen zumachte, und schlafen wollte, stürzten die beiden Krähen von den Köpfen der Gehenkten mit lautem Geschrei herab, und hackten ihm die Augen aus. Unsinnig rannte er in den Wald, und muß darin verschmachtet sein, denn es hat ihn niemand wieder gesehen, oder etwas von ihm gehört.



neun Tage begieb dich in das königliche Schloß, da will ich kommen.’ Das Schneiderlein gieng nach Haus, und war zu rechter Zeit in dem Schloß. Nicht lange, so kam der Storch heran geflogen und klopfte ans Fenster. Der Schneider öffnete ihm, und Vetter Langbein stieg vorsichtig herein, und gieng mit gravitätischen Schritten über den glatten Marmorboden; er hatte aber ein Kind im Schnabel, das schön war wie ein Engel, und seine Händchen nach der Königin ausstreckte. Der Storch nahm, bevor er wieder wegflog, seine Reisetasche von der Schulter herab, und überreichte sie der Königin. Es steckten Düten darin mit bunten Zuckererbsen, die wurden unter die kleinen Prinzessinnen vertheilt. Die älteste aber erhielt nichts, sondern bekam den lustigen jungen Schneider zum Mann. ‘Es ist mir geradeso,’ sprach der Schneider, ‘als wenn ich das große Loos gewonnen hätte. Meine Mutter hatte doch recht, die sagte immer wer auf Gott vertraut und nur Glück hat, dem kanns nicht fehlen.’

Der Schuster mußte die Schuhe machen, in welchen das Schneiderlein auf dem Hochzeitfest tanzte, hernach ward ihm befohlen die Stadt auf immer zu verlassen. Der Weg nach dem Wald führte ihn zu dem Galgen. Von Zorn, Wuth und der Hitze des Tages ermüdet, warf er sich nieder. Als er die Augen zumachte, und schlafen wollte, stürzten die beiden Krähen von den Köpfen der Gehenkten mit lautem Geschrei herab, und hackten ihm die Augen aus. Unsinnig rannte er in den Wald, und muß darin verschmachtet sein, denn es hat ihn niemand wieder gesehen, oder etwas von ihm gehört.



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[131/0141] neun Tage begieb dich in das königliche Schloß, da will ich kommen.’ Das Schneiderlein gieng nach Haus, und war zu rechter Zeit in dem Schloß. Nicht lange, so kam der Storch heran geflogen und klopfte ans Fenster. Der Schneider öffnete ihm, und Vetter Langbein stieg vorsichtig herein, und gieng mit gravitätischen Schritten über den glatten Marmorboden; er hatte aber ein Kind im Schnabel, das schön war wie ein Engel, und seine Händchen nach der Königin ausstreckte. Der Storch nahm, bevor er wieder wegflog, seine Reisetasche von der Schulter herab, und überreichte sie der Königin. Es steckten Düten darin mit bunten Zuckererbsen, die wurden unter die kleinen Prinzessinnen vertheilt. Die älteste aber erhielt nichts, sondern bekam den lustigen jungen Schneider zum Mann. ‘Es ist mir geradeso,’ sprach der Schneider, ‘als wenn ich das große Loos gewonnen hätte. Meine Mutter hatte doch recht, die sagte immer wer auf Gott vertraut und nur Glück hat, dem kanns nicht fehlen.’ Der Schuster mußte die Schuhe machen, in welchen das Schneiderlein auf dem Hochzeitfest tanzte, hernach ward ihm befohlen die Stadt auf immer zu verlassen. Der Weg nach dem Wald führte ihn zu dem Galgen. Von Zorn, Wuth und der Hitze des Tages ermüdet, warf er sich nieder. Als er die Augen zumachte, und schlafen wollte, stürzten die beiden Krähen von den Köpfen der Gehenkten mit lautem Geschrei herab, und hackten ihm die Augen aus. Unsinnig rannte er in den Wald, und muß darin verschmachtet sein, denn es hat ihn niemand wieder gesehen, oder etwas von ihm gehört.

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1843, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1843/141>, abgerufen am 19.12.2024.