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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1843.

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ist, der giebt jedem, der sich damit wäscht, die Augen wieder. Wenn das die Blinden wüßten, wie mancher könnte sein Gesicht wieder haben, der nicht glaubt daß das möglich sei.' Als der Schneider das hörte, nahm er sein Taschentuch, drückte es auf das Gras, und als es mit dem Thau befeuchtet war, wusch er seine Augenhöhlen damit. Alsbald gieng in Erfüllung was der Gehenkte gesagt hatte, und ein paar frische und gesunde Augen füllten die Höhlen. Es dauerte nicht lange, so sah der Schneider die Sonne hinter den Bergen aufsteigen: vor ihm in der Ebene lag die große Königsstadt mit ihren prächtigen Thoren und hundert Thürmen, und die goldenen Knöpfe und Kreuze, die auf den Spitzen standen, fiengen an zu glühen. Er unterschied jedes Blatt an den Bäumen, erblickte die Vögel, die vorbei flogen, und die Mücken, die in der Luft tanzten. Er holte eine Nähnadel aus der Tasche, und als er den Zwirn einfädeln konnte, so gut als er es je gekonnt hatte, so sprang sein Herz vor Freude. Er warf sich auf seine Knie, dankte Gott für die erwiesene Gnade, und sprach seinen Morgensegen: er vergaß auch nicht für die armen Sünder zu bitten, die da hiengen, wie der Schwengel in der Glocke, und die der Wind aneinander schlug. Dann nahm er seinen Bündel auf den Rücken, vergaß bald das ausgestandene Herzeleid, und gieng unter Singen und Pfeifen weiter.

Das erste was ihm begegnete, war ein braunes Füllen, das frei im Felde herumsprang. Er packte es an der Mähne, wollte sich aufschwingen, und in die Stadt reiten. Das Füllen aber bat um seine Freiheit. 'Ich bin noch zu jung,' sprach es, 'auch ein leichter Schneider wie

ist, der giebt jedem, der sich damit wäscht, die Augen wieder. Wenn das die Blinden wüßten, wie mancher könnte sein Gesicht wieder haben, der nicht glaubt daß das möglich sei.’ Als der Schneider das hörte, nahm er sein Taschentuch, drückte es auf das Gras, und als es mit dem Thau befeuchtet war, wusch er seine Augenhöhlen damit. Alsbald gieng in Erfüllung was der Gehenkte gesagt hatte, und ein paar frische und gesunde Augen füllten die Höhlen. Es dauerte nicht lange, so sah der Schneider die Sonne hinter den Bergen aufsteigen: vor ihm in der Ebene lag die große Königsstadt mit ihren prächtigen Thoren und hundert Thürmen, und die goldenen Knöpfe und Kreuze, die auf den Spitzen standen, fiengen an zu glühen. Er unterschied jedes Blatt an den Bäumen, erblickte die Vögel, die vorbei flogen, und die Mücken, die in der Luft tanzten. Er holte eine Nähnadel aus der Tasche, und als er den Zwirn einfädeln konnte, so gut als er es je gekonnt hatte, so sprang sein Herz vor Freude. Er warf sich auf seine Knie, dankte Gott für die erwiesene Gnade, und sprach seinen Morgensegen: er vergaß auch nicht für die armen Sünder zu bitten, die da hiengen, wie der Schwengel in der Glocke, und die der Wind aneinander schlug. Dann nahm er seinen Bündel auf den Rücken, vergaß bald das ausgestandene Herzeleid, und gieng unter Singen und Pfeifen weiter.

Das erste was ihm begegnete, war ein braunes Füllen, das frei im Felde herumsprang. Er packte es an der Mähne, wollte sich aufschwingen, und in die Stadt reiten. Das Füllen aber bat um seine Freiheit. ‘Ich bin noch zu jung,’ sprach es, ‘auch ein leichter Schneider wie

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1843, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1843/133>, abgerufen am 19.12.2024.