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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 4. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1840.

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146.
Die Rübe.

Es waren einmal zwei Brüder, die dienten beide als Soldaten, und war der eine reich, der andere arm. Da wollte der Arme sich aus seiner Noth helfen, zog den Soldatenrock aus, und ward ein Bauer. Also grub und hackte er sein Stückchen Acker, und säte Rübsamen. Der Same gieng auf, und es wuchs da eine Rübe, die ward groß und stark, und zusehends dicker, und wollte gar nicht aufhören zu wachsen, so daß sie eine Fürstin aller Rüben heißen konnte, denn nimmer war so eine gesehen, und wird auch nimmer wieder gesehen werden. Zuletzt war sie so groß, daß sie allein einen ganzen Wagen anfüllte, und zwei Ochsen daran ziehen mußten, und der Bauer wußte nicht was er damit anfangen sollte, und obs sein Glück oder sein Unglück wäre. Endlich dachte er 'verkaufst du sie, was wirst du großes dafür bekommen, und willst du sie selber essen, so thun die kleinen Rüben denselben Dienst, am besten ist, du bringst sie dem König, und machst ihm eine Verehrung damit.' Also lud er sie auf den Wagen, spannte zwei Ochsen vor, brachte sie an den Hof, und schenkte sie dem König. 'Was ist das für ein seltsam Ding?' sagte der König, 'mir ist viel Wunderliches vor die Augen gekommen, aber

146.
Die Rübe.

Es waren einmal zwei Brüder, die dienten beide als Soldaten, und war der eine reich, der andere arm. Da wollte der Arme sich aus seiner Noth helfen, zog den Soldatenrock aus, und ward ein Bauer. Also grub und hackte er sein Stückchen Acker, und säte Rübsamen. Der Same gieng auf, und es wuchs da eine Rübe, die ward groß und stark, und zusehends dicker, und wollte gar nicht aufhören zu wachsen, so daß sie eine Fürstin aller Rüben heißen konnte, denn nimmer war so eine gesehen, und wird auch nimmer wieder gesehen werden. Zuletzt war sie so groß, daß sie allein einen ganzen Wagen anfüllte, und zwei Ochsen daran ziehen mußten, und der Bauer wußte nicht was er damit anfangen sollte, und obs sein Glück oder sein Unglück wäre. Endlich dachte er ‘verkaufst du sie, was wirst du großes dafür bekommen, und willst du sie selber essen, so thun die kleinen Rüben denselben Dienst, am besten ist, du bringst sie dem König, und machst ihm eine Verehrung damit.’ Also lud er sie auf den Wagen, spannte zwei Ochsen vor, brachte sie an den Hof, und schenkte sie dem König. ‘Was ist das für ein seltsam Ding?’ sagte der König, ‘mir ist viel Wunderliches vor die Augen gekommen, aber

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[294/0315] 146. Die Rübe. Es waren einmal zwei Brüder, die dienten beide als Soldaten, und war der eine reich, der andere arm. Da wollte der Arme sich aus seiner Noth helfen, zog den Soldatenrock aus, und ward ein Bauer. Also grub und hackte er sein Stückchen Acker, und säte Rübsamen. Der Same gieng auf, und es wuchs da eine Rübe, die ward groß und stark, und zusehends dicker, und wollte gar nicht aufhören zu wachsen, so daß sie eine Fürstin aller Rüben heißen konnte, denn nimmer war so eine gesehen, und wird auch nimmer wieder gesehen werden. Zuletzt war sie so groß, daß sie allein einen ganzen Wagen anfüllte, und zwei Ochsen daran ziehen mußten, und der Bauer wußte nicht was er damit anfangen sollte, und obs sein Glück oder sein Unglück wäre. Endlich dachte er ‘verkaufst du sie, was wirst du großes dafür bekommen, und willst du sie selber essen, so thun die kleinen Rüben denselben Dienst, am besten ist, du bringst sie dem König, und machst ihm eine Verehrung damit.’ Also lud er sie auf den Wagen, spannte zwei Ochsen vor, brachte sie an den Hof, und schenkte sie dem König. ‘Was ist das für ein seltsam Ding?’ sagte der König, ‘mir ist viel Wunderliches vor die Augen gekommen, aber

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 4. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1840, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1840/315>, abgerufen am 24.11.2024.