Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1837.132. Der Fuchs und das Pferd. Es hatte ein Bauer ein treues Pferd, das war alt geworden und konnte keine Dienste mehr thun, da wollt ihm sein Herr nichts mehr zu fressen geben, und sprach 'brauchen kann ich dich freilich nicht mehr, indeß mein ich es gut mit dir, zeigst du dich noch so stark, daß du mir einen Löwen hierher bringst, so will ich dich behalten, jetzt aber mach dich fort aus meinem Stall;' und jagte es damit ins Feld. Das Pferd war traurig, und gieng nach dem Wald zu, dort ein wenig Schutz vor dem Wetter zu suchen; da begegnete ihm der Fuchs, und sprach 'was hängst du so den Kopf, und gehst so einsam herum?' 'Ach,' sagte das Pferd, 'Geitz und Treue wohnen nicht beisammen in einem Haus; mein Herr hat vergessen was ich ihm alles in so vielen Jahren gethan habe, und weil ich nicht recht mehr ackern kann, will er mir kein Futter mehr geben, und hat mich fortgejagt.' 'Ohne allen Trost?' fragte der Fuchs. 'Der Trost war schlecht, er hat gesagt, wenn ich so stark wäre, daß ich ihm einen Löwen brächte, wollt er mich behalten, aber er weiß wohl daß ich das nicht vermag.' Der Fuchs sprach 'da will ich dir helfen, leg dich nur hin, streck dich aus, und rege dich nicht, als wärst du todt.' Das Pferd that was der Fuchs verlangte, der Fuchs aber gieng zum Löwen, der seine Höhle nicht 132. Der Fuchs und das Pferd. Es hatte ein Bauer ein treues Pferd, das war alt geworden und konnte keine Dienste mehr thun, da wollt ihm sein Herr nichts mehr zu fressen geben, und sprach ‘brauchen kann ich dich freilich nicht mehr, indeß mein ich es gut mit dir, zeigst du dich noch so stark, daß du mir einen Loͤwen hierher bringst, so will ich dich behalten, jetzt aber mach dich fort aus meinem Stall;’ und jagte es damit ins Feld. Das Pferd war traurig, und gieng nach dem Wald zu, dort ein wenig Schutz vor dem Wetter zu suchen; da begegnete ihm der Fuchs, und sprach ‘was haͤngst du so den Kopf, und gehst so einsam herum?’ ‘Ach,’ sagte das Pferd, ‘Geitz und Treue wohnen nicht beisammen in einem Haus; mein Herr hat vergessen was ich ihm alles in so vielen Jahren gethan habe, und weil ich nicht recht mehr ackern kann, will er mir kein Futter mehr geben, und hat mich fortgejagt.’ ‘Ohne allen Trost?’ fragte der Fuchs. ‘Der Trost war schlecht, er hat gesagt, wenn ich so stark waͤre, daß ich ihm einen Loͤwen braͤchte, wollt er mich behalten, aber er weiß wohl daß ich das nicht vermag.’ Der Fuchs sprach ‘da will ich dir helfen, leg dich nur hin, streck dich aus, und rege dich nicht, als waͤrst du todt.’ Das Pferd that was der Fuchs verlangte, der Fuchs aber gieng zum Loͤwen, der seine Hoͤhle nicht <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0262" n="246"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">132.<lb/> Der Fuchs und das Pferd.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#in">E</hi>s hatte ein Bauer ein treues Pferd, das war alt geworden und konnte keine Dienste mehr thun, da wollt ihm sein Herr nichts mehr zu fressen geben, und sprach ‘brauchen kann ich dich freilich nicht mehr, indeß mein ich es gut mit dir, zeigst du dich noch so stark, daß du mir einen Loͤwen hierher bringst, so will ich dich behalten, jetzt aber mach dich fort aus meinem Stall;’ und jagte es damit ins Feld. Das Pferd war traurig, und gieng nach dem Wald zu, dort ein wenig Schutz vor dem Wetter zu suchen; da begegnete ihm der Fuchs, und sprach ‘was haͤngst du so den Kopf, und gehst so einsam herum?’ ‘Ach,’ sagte das Pferd, ‘Geitz und Treue wohnen nicht beisammen in einem Haus; mein Herr hat vergessen was ich ihm alles in so vielen Jahren gethan habe, und weil ich nicht recht mehr ackern kann, will er mir kein Futter mehr geben, und hat mich fortgejagt.’ ‘Ohne allen Trost?’ fragte der Fuchs. ‘Der Trost war schlecht, er hat gesagt, wenn ich so stark waͤre, daß ich ihm einen Loͤwen braͤchte, wollt er mich behalten, aber er weiß wohl daß ich das nicht vermag.’ Der Fuchs sprach ‘da will ich dir helfen, leg dich nur hin, streck dich aus, und rege dich nicht, als waͤrst du todt.’ Das Pferd that was der Fuchs verlangte, der Fuchs aber gieng zum Loͤwen, der seine Hoͤhle nicht </p> </div> </body> </text> </TEI> [246/0262]
132.
Der Fuchs und das Pferd.
Es hatte ein Bauer ein treues Pferd, das war alt geworden und konnte keine Dienste mehr thun, da wollt ihm sein Herr nichts mehr zu fressen geben, und sprach ‘brauchen kann ich dich freilich nicht mehr, indeß mein ich es gut mit dir, zeigst du dich noch so stark, daß du mir einen Loͤwen hierher bringst, so will ich dich behalten, jetzt aber mach dich fort aus meinem Stall;’ und jagte es damit ins Feld. Das Pferd war traurig, und gieng nach dem Wald zu, dort ein wenig Schutz vor dem Wetter zu suchen; da begegnete ihm der Fuchs, und sprach ‘was haͤngst du so den Kopf, und gehst so einsam herum?’ ‘Ach,’ sagte das Pferd, ‘Geitz und Treue wohnen nicht beisammen in einem Haus; mein Herr hat vergessen was ich ihm alles in so vielen Jahren gethan habe, und weil ich nicht recht mehr ackern kann, will er mir kein Futter mehr geben, und hat mich fortgejagt.’ ‘Ohne allen Trost?’ fragte der Fuchs. ‘Der Trost war schlecht, er hat gesagt, wenn ich so stark waͤre, daß ich ihm einen Loͤwen braͤchte, wollt er mich behalten, aber er weiß wohl daß ich das nicht vermag.’ Der Fuchs sprach ‘da will ich dir helfen, leg dich nur hin, streck dich aus, und rege dich nicht, als waͤrst du todt.’ Das Pferd that was der Fuchs verlangte, der Fuchs aber gieng zum Loͤwen, der seine Hoͤhle nicht
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