Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819.Bald aber sprach die falsche Braut zu dem jungen König: "liebster Gemahl, ich bitte euch, thut mir einen Gefallen!" Er antwortete: "das will ich gerne thun." "Nun so laßt mir den Schinder rufen und da dem Pferd, worauf ich her geritten bin, den Hals abhauen, weil es mich unterweges geärgert hat;" eigentlich aber fürchtete sie sich, daß das Pferd sprechen möchte, wie sie mit der Königstochter umgegangen wäre. Nun war das so weit gerathen, daß es geschehen und der treue Falada sterben sollte, da kam es auch der rechten Königstochter zu Ohr und sie versprach dem Schinder heimlich ein Stück Geld, das sie ihm bezahlen wollte, wenn er ihr einen kleinen Dienst erwiese. Jn der Stadt war ein großes, finsteres Thor, wo sie Abends und Morgens mit den Gänsen durch mußte, "unter das finstere Thor möchte er dem Falada seinen Kopf hinnageln, daß sie ihn doch noch als einmal sehen könnte." Also versprach das der Schindersknecht zu thun, hieb den Kopf ab und nagelte ihn unter das finstere Thor fest. Des Morgens früh, als sie und Kürdchen unterm Thor hinaus trieben, sprach sie im Vorbeigehen: o du Falada, da du hangest,
da antwortete der Kopf: o du Jungfer Königin, da du gangest,
wenn das deine Mutter wüßte, ihr Herz thät ihr zerspringen! da zog sie still weiter zur Stadt hinaus und sie trieben die Gänse auf's Feld. Und wenn sie auf der Wiese angekommen war, saß Bald aber sprach die falsche Braut zu dem jungen Koͤnig: „liebster Gemahl, ich bitte euch, thut mir einen Gefallen!“ Er antwortete: „das will ich gerne thun.“ „Nun so laßt mir den Schinder rufen und da dem Pferd, worauf ich her geritten bin, den Hals abhauen, weil es mich unterweges geaͤrgert hat;“ eigentlich aber fuͤrchtete sie sich, daß das Pferd sprechen moͤchte, wie sie mit der Koͤnigstochter umgegangen waͤre. Nun war das so weit gerathen, daß es geschehen und der treue Falada sterben sollte, da kam es auch der rechten Koͤnigstochter zu Ohr und sie versprach dem Schinder heimlich ein Stuͤck Geld, das sie ihm bezahlen wollte, wenn er ihr einen kleinen Dienst erwiese. Jn der Stadt war ein großes, finsteres Thor, wo sie Abends und Morgens mit den Gaͤnsen durch mußte, „unter das finstere Thor moͤchte er dem Falada seinen Kopf hinnageln, daß sie ihn doch noch als einmal sehen koͤnnte.“ Also versprach das der Schindersknecht zu thun, hieb den Kopf ab und nagelte ihn unter das finstere Thor fest. Des Morgens fruͤh, als sie und Kuͤrdchen unterm Thor hinaus trieben, sprach sie im Vorbeigehen: o du Falada, da du hangest,
da antwortete der Kopf: o du Jungfer Koͤnigin, da du gangest,
wenn das deine Mutter wuͤßte, ihr Herz thaͤt ihr zerspringen! da zog sie still weiter zur Stadt hinaus und sie trieben die Gaͤnse auf’s Feld. Und wenn sie auf der Wiese angekommen war, saß <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0095" n="17"/> <p> Bald aber sprach die falsche Braut zu dem jungen Koͤnig: „liebster Gemahl, ich bitte euch, thut mir einen Gefallen!“ Er antwortete: „das will ich gerne thun.“ „Nun so laßt mir den Schinder rufen und da dem Pferd, worauf ich her geritten bin, den Hals abhauen, weil es mich unterweges geaͤrgert hat;“ eigentlich aber fuͤrchtete sie sich, daß das Pferd sprechen moͤchte, wie sie mit der Koͤnigstochter umgegangen waͤre. Nun war das so weit gerathen, daß es geschehen und der treue Falada sterben sollte, da kam es auch der rechten Koͤnigstochter zu Ohr und sie versprach dem Schinder heimlich ein Stuͤck Geld, das sie ihm bezahlen wollte, wenn er ihr einen kleinen Dienst erwiese. Jn der Stadt war ein großes, finsteres Thor, wo sie Abends und Morgens mit den Gaͤnsen durch mußte, „unter das finstere Thor moͤchte er dem Falada seinen Kopf hinnageln, daß sie ihn doch noch als einmal sehen koͤnnte.“ Also versprach das der Schindersknecht zu thun, hieb den Kopf ab und nagelte ihn unter das finstere Thor fest.</p><lb/> <p>Des Morgens fruͤh, als sie und Kuͤrdchen unterm Thor hinaus trieben, sprach sie im Vorbeigehen:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>o du Falada, da du hangest,</l><lb/> </lg> <p>da antwortete der Kopf:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>o du Jungfer Koͤnigin, da du gangest,</l><lb/> <l>wenn das deine Mutter wuͤßte,</l><lb/> <l>ihr Herz thaͤt ihr zerspringen!</l><lb/> </lg> <p>da zog sie still weiter zur Stadt hinaus und sie trieben die Gaͤnse auf’s Feld. Und wenn sie auf der Wiese angekommen war, saß </p> </div> </body> </text> </TEI> [17/0095]
Bald aber sprach die falsche Braut zu dem jungen Koͤnig: „liebster Gemahl, ich bitte euch, thut mir einen Gefallen!“ Er antwortete: „das will ich gerne thun.“ „Nun so laßt mir den Schinder rufen und da dem Pferd, worauf ich her geritten bin, den Hals abhauen, weil es mich unterweges geaͤrgert hat;“ eigentlich aber fuͤrchtete sie sich, daß das Pferd sprechen moͤchte, wie sie mit der Koͤnigstochter umgegangen waͤre. Nun war das so weit gerathen, daß es geschehen und der treue Falada sterben sollte, da kam es auch der rechten Koͤnigstochter zu Ohr und sie versprach dem Schinder heimlich ein Stuͤck Geld, das sie ihm bezahlen wollte, wenn er ihr einen kleinen Dienst erwiese. Jn der Stadt war ein großes, finsteres Thor, wo sie Abends und Morgens mit den Gaͤnsen durch mußte, „unter das finstere Thor moͤchte er dem Falada seinen Kopf hinnageln, daß sie ihn doch noch als einmal sehen koͤnnte.“ Also versprach das der Schindersknecht zu thun, hieb den Kopf ab und nagelte ihn unter das finstere Thor fest.
Des Morgens fruͤh, als sie und Kuͤrdchen unterm Thor hinaus trieben, sprach sie im Vorbeigehen:
o du Falada, da du hangest,
da antwortete der Kopf:
o du Jungfer Koͤnigin, da du gangest,
wenn das deine Mutter wuͤßte,
ihr Herz thaͤt ihr zerspringen!
da zog sie still weiter zur Stadt hinaus und sie trieben die Gaͤnse auf’s Feld. Und wenn sie auf der Wiese angekommen war, saß
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2015-05-11T18:40:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-06-15T16:12:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12546-6) in Bd. 2, S. 305–308 ein Wörterverzeichnis mit Begriffserläuterungen.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |