Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819.bis ich satt bin, was ich dann über lasse, das sollst du haben." Es aß aber beinah alles auf, und der heil. Joseph mußte das Schüsselchen ausschrappen. Der gute Alte bot ihm hernach sein Bett an und wollte auf dem Stroh liegen, das nahm es ohne Widerrede an, legte sich in das Bettchen und ließ dem Greis das harte Stroh. Am andern Morgen, wie es aufwachte, war der heil. Joseph nicht zu finden, doch darüber machte es sich keine Sorgen; es suchte hinter der Thüre nach einem Geldsack. Es däuchte ihm, es läge etwas auf der Erde, doch weil es nicht recht unterscheiden konnte, was es war, bückte es sich und stieß mit seiner Nase daran. Aber es blieb an der Nase hangen, und wie es sich aufrichtete, sah es zu seinem Schrecken, daß es noch eine zweite Nase war, die an der seinen festhing. Es fing an zu schreien und zu heulen, aber das half nichts, es mußte immer auf seine Nase sehen, wie die so weit hinausstand. Da lief es in einem Geschrei fort, bis es dem heil. Joseph begegnete, dem fiel es zu Füßen und bat so lange, bis er aus Mitleid ihm die Nase wieder abnahm und noch zwei Pfennige schenkte. Als es daheim ankam, stand vor der Thüre seine Mutter und fragte: "was hast du geschenkt kriegt?" Da log es und antwortete: "einen großen Sack voll Gelds, aber ich habe ihn unterwegs verloren." "Verloren! rief die Mutter, o den wollen wir schon wieder finden;" nahm es bei der Hand und wollte mit ihm suchen. Zuerst fing es an zu weinen und wollte nicht mit gehen, endlich aber ging es mit, doch auf dem Wege kamen so viele Eidechsen und Schlangen auf sie beide los, daß sie sich nicht zu retten wußten; die bis ich satt bin, was ich dann uͤber lasse, das sollst du haben.“ Es aß aber beinah alles auf, und der heil. Joseph mußte das Schuͤsselchen ausschrappen. Der gute Alte bot ihm hernach sein Bett an und wollte auf dem Stroh liegen, das nahm es ohne Widerrede an, legte sich in das Bettchen und ließ dem Greis das harte Stroh. Am andern Morgen, wie es aufwachte, war der heil. Joseph nicht zu finden, doch daruͤber machte es sich keine Sorgen; es suchte hinter der Thuͤre nach einem Geldsack. Es daͤuchte ihm, es laͤge etwas auf der Erde, doch weil es nicht recht unterscheiden konnte, was es war, buͤckte es sich und stieß mit seiner Nase daran. Aber es blieb an der Nase hangen, und wie es sich aufrichtete, sah es zu seinem Schrecken, daß es noch eine zweite Nase war, die an der seinen festhing. Es fing an zu schreien und zu heulen, aber das half nichts, es mußte immer auf seine Nase sehen, wie die so weit hinausstand. Da lief es in einem Geschrei fort, bis es dem heil. Joseph begegnete, dem fiel es zu Fuͤßen und bat so lange, bis er aus Mitleid ihm die Nase wieder abnahm und noch zwei Pfennige schenkte. Als es daheim ankam, stand vor der Thuͤre seine Mutter und fragte: „was hast du geschenkt kriegt?“ Da log es und antwortete: „einen großen Sack voll Gelds, aber ich habe ihn unterwegs verloren.“ „Verloren! rief die Mutter, o den wollen wir schon wieder finden;“ nahm es bei der Hand und wollte mit ihm suchen. Zuerst fing es an zu weinen und wollte nicht mit gehen, endlich aber ging es mit, doch auf dem Wege kamen so viele Eidechsen und Schlangen auf sie beide los, daß sie sich nicht zu retten wußten; die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0370" n="292"/> bis ich satt bin, was ich dann uͤber lasse, das sollst du haben.“ Es aß aber beinah alles auf, und der heil. Joseph mußte das Schuͤsselchen ausschrappen. Der gute Alte bot ihm hernach sein Bett an und wollte auf dem Stroh liegen, das nahm es ohne Widerrede an, legte sich in das Bettchen und ließ dem Greis das harte Stroh. Am andern Morgen, wie es aufwachte, war der heil. Joseph nicht zu finden, doch daruͤber machte es sich keine Sorgen; es suchte hinter der Thuͤre nach einem Geldsack. Es daͤuchte ihm, es laͤge etwas auf der Erde, doch weil es nicht recht unterscheiden konnte, was es war, buͤckte es sich und stieß mit seiner Nase daran. Aber es blieb an der Nase hangen, und wie es sich aufrichtete, sah es zu seinem Schrecken, daß es noch eine zweite Nase war, die an der seinen festhing. Es fing an zu schreien und zu heulen, aber das half nichts, es mußte immer auf seine Nase sehen, wie die so weit hinausstand. Da lief es in einem Geschrei fort, bis es dem heil. Joseph begegnete, dem fiel es zu Fuͤßen und bat so lange, bis er aus Mitleid ihm die Nase wieder abnahm und noch zwei Pfennige schenkte. Als es daheim ankam, stand vor der Thuͤre seine Mutter und fragte: „was hast du geschenkt kriegt?“ Da log es und antwortete: „einen großen Sack voll Gelds, aber ich habe ihn unterwegs verloren.“ „Verloren! rief die Mutter, o den wollen wir schon wieder finden;“ nahm es bei der Hand und wollte mit ihm suchen. Zuerst fing es an zu weinen und wollte nicht mit gehen, endlich aber ging es mit, doch auf dem Wege kamen so viele Eidechsen und Schlangen auf sie beide los, daß sie sich nicht zu retten wußten; die </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [292/0370]
bis ich satt bin, was ich dann uͤber lasse, das sollst du haben.“ Es aß aber beinah alles auf, und der heil. Joseph mußte das Schuͤsselchen ausschrappen. Der gute Alte bot ihm hernach sein Bett an und wollte auf dem Stroh liegen, das nahm es ohne Widerrede an, legte sich in das Bettchen und ließ dem Greis das harte Stroh. Am andern Morgen, wie es aufwachte, war der heil. Joseph nicht zu finden, doch daruͤber machte es sich keine Sorgen; es suchte hinter der Thuͤre nach einem Geldsack. Es daͤuchte ihm, es laͤge etwas auf der Erde, doch weil es nicht recht unterscheiden konnte, was es war, buͤckte es sich und stieß mit seiner Nase daran. Aber es blieb an der Nase hangen, und wie es sich aufrichtete, sah es zu seinem Schrecken, daß es noch eine zweite Nase war, die an der seinen festhing. Es fing an zu schreien und zu heulen, aber das half nichts, es mußte immer auf seine Nase sehen, wie die so weit hinausstand. Da lief es in einem Geschrei fort, bis es dem heil. Joseph begegnete, dem fiel es zu Fuͤßen und bat so lange, bis er aus Mitleid ihm die Nase wieder abnahm und noch zwei Pfennige schenkte. Als es daheim ankam, stand vor der Thuͤre seine Mutter und fragte: „was hast du geschenkt kriegt?“ Da log es und antwortete: „einen großen Sack voll Gelds, aber ich habe ihn unterwegs verloren.“ „Verloren! rief die Mutter, o den wollen wir schon wieder finden;“ nahm es bei der Hand und wollte mit ihm suchen. Zuerst fing es an zu weinen und wollte nicht mit gehen, endlich aber ging es mit, doch auf dem Wege kamen so viele Eidechsen und Schlangen auf sie beide los, daß sie sich nicht zu retten wußten; die
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Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12546-6) in Bd. 2, S. 305–308 ein Wörterverzeichnis mit Begriffserläuterungen.
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