Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819.

Bild:
<< vorherige Seite

Gefahr dabei, darum habe forthin deiner wohl Acht und sonderlich wenn Leut in Gärten umher gehn, die lange, grüne Stangen tragen, die inwendig hohl sind und oben ein Löchlein haben." -- "Ja, mein Vater, wenn denn ein grün Blättlein aufs Löchlein mit Wachs geklebt wäre?" spricht der Sohn. -- "Wo hast du das gesehn?" -- "Jn eines Kaufmanns Garten," sagt der Junge. -- "O! mein Sohn, spricht der Vater, Kaufleut, geschwinde Leut! bist du um die Weltkinder gewesen, so hast du Weltgeschmeidigkeit genug gelernt, siehe und brauchs nur recht wohl, und trau dir nicht zu viel."

Darauf befragt er den andern: "wo hast du dein Wesen gehabt?" -- "Zu Hofe," spricht der Sohn. -- "Sperling und alberne Vöglein dienen nicht an diesem Ort, da viel Gold, Sammet, Seiden, Wehr, Harnisch, Sperber, Kautzen und Blaufüß sind, halt dich zum Roßstall, da man den Hafer schwingt, oder wo man drischet, so kann dirs Glück mit gutem Fried auch dein täglich Körnlein bescheeren." -- "Ja Vater, sagt dieser Sohn, wenn aber die Stalljungen Hebritzen machen und ihr Maschen und Schlingen ins Stroh binden, da bleibt auch mancher behenken." -- "Wo hast du das gesehn?" sagte der Alte. -- "Zu Hof, beim Roßbuben." -- "O! mein Sohn, Hofbuben, böse Buben! bist du zu Hof und um die Herren gewesen, und hast keine Federn da gelassen, so hast du ziemlich gelernet, du wirst dich in der Welt wohl wissen auszureißen, doch siehe dich um und auf; die Wölfe fressen auch oft die gescheidten Hündlein."

Gefahr dabei, darum habe forthin deiner wohl Acht und sonderlich wenn Leut in Gaͤrten umher gehn, die lange, gruͤne Stangen tragen, die inwendig hohl sind und oben ein Loͤchlein haben.“ — „Ja, mein Vater, wenn denn ein gruͤn Blaͤttlein aufs Loͤchlein mit Wachs geklebt waͤre?“ spricht der Sohn. — „Wo hast du das gesehn?“ — „Jn eines Kaufmanns Garten,“ sagt der Junge. — „O! mein Sohn, spricht der Vater, Kaufleut, geschwinde Leut! bist du um die Weltkinder gewesen, so hast du Weltgeschmeidigkeit genug gelernt, siehe und brauchs nur recht wohl, und trau dir nicht zu viel.“

Darauf befragt er den andern: „wo hast du dein Wesen gehabt?“ — „Zu Hofe,“ spricht der Sohn. — „Sperling und alberne Voͤglein dienen nicht an diesem Ort, da viel Gold, Sammet, Seiden, Wehr, Harnisch, Sperber, Kautzen und Blaufuͤß sind, halt dich zum Roßstall, da man den Hafer schwingt, oder wo man drischet, so kann dirs Gluͤck mit gutem Fried auch dein taͤglich Koͤrnlein bescheeren.“ — „Ja Vater, sagt dieser Sohn, wenn aber die Stalljungen Hebritzen machen und ihr Maschen und Schlingen ins Stroh binden, da bleibt auch mancher behenken.“ — „Wo hast du das gesehn?“ sagte der Alte. — „Zu Hof, beim Roßbuben.“ — „O! mein Sohn, Hofbuben, boͤse Buben! bist du zu Hof und um die Herren gewesen, und hast keine Federn da gelassen, so hast du ziemlich gelernet, du wirst dich in der Welt wohl wissen auszureißen, doch siehe dich um und auf; die Woͤlfe fressen auch oft die gescheidten Huͤndlein.“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0359" n="281"/>
Gefahr dabei, darum habe forthin deiner wohl Acht und sonderlich wenn Leut in Ga&#x0364;rten umher gehn, die lange, gru&#x0364;ne Stangen tragen, die inwendig hohl sind und oben ein Lo&#x0364;chlein haben.&#x201C; &#x2014; &#x201E;Ja, mein Vater, wenn denn ein gru&#x0364;n Bla&#x0364;ttlein aufs Lo&#x0364;chlein mit Wachs geklebt wa&#x0364;re?&#x201C; spricht der Sohn. &#x2014; &#x201E;Wo hast du das gesehn?&#x201C; &#x2014; &#x201E;Jn eines Kaufmanns Garten,&#x201C; sagt der Junge. &#x2014; &#x201E;O! mein Sohn, spricht der Vater, Kaufleut, geschwinde Leut! bist du um die Weltkinder gewesen, so hast du Weltgeschmeidigkeit genug gelernt, siehe und brauchs nur recht wohl, und trau dir nicht zu viel.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Darauf befragt er den andern: &#x201E;wo hast du dein Wesen gehabt?&#x201C; &#x2014; &#x201E;Zu Hofe,&#x201C; spricht der Sohn. &#x2014; &#x201E;Sperling und alberne Vo&#x0364;glein dienen nicht an diesem Ort, da viel Gold, Sammet, Seiden, Wehr, Harnisch, Sperber, Kautzen und Blaufu&#x0364;ß sind, halt dich zum Roßstall, da man den Hafer schwingt, oder wo man drischet, so kann dirs Glu&#x0364;ck mit gutem Fried auch dein ta&#x0364;glich Ko&#x0364;rnlein bescheeren.&#x201C; &#x2014; &#x201E;Ja Vater, sagt dieser Sohn, wenn aber die Stalljungen Hebritzen machen und ihr Maschen und Schlingen ins Stroh binden, da bleibt auch mancher behenken.&#x201C; &#x2014; &#x201E;Wo hast du das gesehn?&#x201C; sagte der Alte. &#x2014; &#x201E;Zu Hof, beim Roßbuben.&#x201C; &#x2014; &#x201E;O! mein Sohn, Hofbuben, bo&#x0364;se Buben! bist du zu Hof und um die Herren gewesen, und hast keine Federn da gelassen, so hast du ziemlich gelernet, du wirst dich in der Welt wohl wissen auszureißen, doch siehe dich um und auf; die Wo&#x0364;lfe fressen auch oft die gescheidten Hu&#x0364;ndlein.&#x201C;<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[281/0359] Gefahr dabei, darum habe forthin deiner wohl Acht und sonderlich wenn Leut in Gaͤrten umher gehn, die lange, gruͤne Stangen tragen, die inwendig hohl sind und oben ein Loͤchlein haben.“ — „Ja, mein Vater, wenn denn ein gruͤn Blaͤttlein aufs Loͤchlein mit Wachs geklebt waͤre?“ spricht der Sohn. — „Wo hast du das gesehn?“ — „Jn eines Kaufmanns Garten,“ sagt der Junge. — „O! mein Sohn, spricht der Vater, Kaufleut, geschwinde Leut! bist du um die Weltkinder gewesen, so hast du Weltgeschmeidigkeit genug gelernt, siehe und brauchs nur recht wohl, und trau dir nicht zu viel.“ Darauf befragt er den andern: „wo hast du dein Wesen gehabt?“ — „Zu Hofe,“ spricht der Sohn. — „Sperling und alberne Voͤglein dienen nicht an diesem Ort, da viel Gold, Sammet, Seiden, Wehr, Harnisch, Sperber, Kautzen und Blaufuͤß sind, halt dich zum Roßstall, da man den Hafer schwingt, oder wo man drischet, so kann dirs Gluͤck mit gutem Fried auch dein taͤglich Koͤrnlein bescheeren.“ — „Ja Vater, sagt dieser Sohn, wenn aber die Stalljungen Hebritzen machen und ihr Maschen und Schlingen ins Stroh binden, da bleibt auch mancher behenken.“ — „Wo hast du das gesehn?“ sagte der Alte. — „Zu Hof, beim Roßbuben.“ — „O! mein Sohn, Hofbuben, boͤse Buben! bist du zu Hof und um die Herren gewesen, und hast keine Federn da gelassen, so hast du ziemlich gelernet, du wirst dich in der Welt wohl wissen auszureißen, doch siehe dich um und auf; die Woͤlfe fressen auch oft die gescheidten Huͤndlein.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-06-15T16:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12546-6) in Bd. 2, S. 305–308 ein Wörterverzeichnis mit Begriffserläuterungen.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1819
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1819/359
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1819/359>, abgerufen am 24.11.2024.