Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819.Kindern auf einer Wiese vor dem Haus spielten, und an der Wiese war ein Teich, der ging bis an die eine Seite vom Haus. Die Kinder liefen da herum, kriegten sich und spielten Abzählens: "Enecke, Benecke, lat mie liewen,
will die ock min Vügelken giewen. Vügelken sall mie Strau söken, Strau will ick den Köseken giewen, Köseken sall mie Melk giewen, Melk will ick den Bäcker giewen, Bäcker sall mie 'n Kocken backen, Kocken will ick den Kätken giewen, Kätken sall mie Müse fangen, Müse will ick in'n Rauck hangen un will se anschnien." Dabei standen sie in einem Kreis und auf welchen nun das Wort "anschnien" fiel, der mußte fortlaufen, und die andern liefen ihm nach und fingen ihn. Wie sie so fröhlich dahinsprangen, sah's die Stiefmutter vom Fenster mit an und ärgerte sich. Weil sie aber Hexenkünste verstand, so verwünschte sie beide, das Brüderchen in einen Fisch und das Schwesterchen in ein Lamm. Da schwamm das Fischchen im Teich hin und her und war traurig und das Lämmchen ging auf der Wiese hin und her und war traurig und fraß nicht und rührte kein Hälmchen an. So ging eine lange Zeit hin, da kamen fremde Gäste auf das Schloß. Die falsche Stiefmutter dachte, jetzt ist die Gelegenheit gut, rief den Koch und sprach zu ihm: "geh und hol das Lamm von der Wiese und Kindern auf einer Wiese vor dem Haus spielten, und an der Wiese war ein Teich, der ging bis an die eine Seite vom Haus. Die Kinder liefen da herum, kriegten sich und spielten Abzaͤhlens: „Enecke, Benecke, lat mie liewen,
will die ock min Vuͤgelken giewen. Vuͤgelken sall mie Strau soͤken, Strau will ick den Koͤseken giewen, Koͤseken sall mie Melk giewen, Melk will ick den Baͤcker giewen, Baͤcker sall mie ’n Kocken backen, Kocken will ick den Kaͤtken giewen, Kaͤtken sall mie Muͤse fangen, Muͤse will ick in’n Rauck hangen un will se anschnien.“ Dabei standen sie in einem Kreis und auf welchen nun das Wort „anschnien“ fiel, der mußte fortlaufen, und die andern liefen ihm nach und fingen ihn. Wie sie so froͤhlich dahinsprangen, sah’s die Stiefmutter vom Fenster mit an und aͤrgerte sich. Weil sie aber Hexenkuͤnste verstand, so verwuͤnschte sie beide, das Bruͤderchen in einen Fisch und das Schwesterchen in ein Lamm. Da schwamm das Fischchen im Teich hin und her und war traurig und das Laͤmmchen ging auf der Wiese hin und her und war traurig und fraß nicht und ruͤhrte kein Haͤlmchen an. So ging eine lange Zeit hin, da kamen fremde Gaͤste auf das Schloß. Die falsche Stiefmutter dachte, jetzt ist die Gelegenheit gut, rief den Koch und sprach zu ihm: „geh und hol das Lamm von der Wiese und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0332" n="254"/> Kindern auf einer Wiese vor dem Haus spielten, und an der Wiese war ein Teich, der ging bis an die eine Seite vom Haus. Die Kinder liefen da herum, kriegten sich und spielten Abzaͤhlens:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>„Enecke, Benecke, lat mie liewen,</l><lb/> <l>will die ock min Vuͤgelken giewen.</l><lb/> <l>Vuͤgelken sall mie Strau soͤken,</l><lb/> <l>Strau will ick den Koͤseken giewen,</l><lb/> <l>Koͤseken sall mie Melk giewen,</l><lb/> <l>Melk will ick den Baͤcker giewen,</l><lb/> <l>Baͤcker sall mie ’n Kocken backen,</l><lb/> <l>Kocken will ick den Kaͤtken giewen,</l><lb/> <l>Kaͤtken sall mie Muͤse fangen,</l><lb/> <l>Muͤse will ick in’n Rauck hangen</l><lb/> <l>un will se anschnien.“</l><lb/> </lg> <p>Dabei standen sie in einem Kreis und auf welchen nun das Wort „anschnien“ fiel, der mußte fortlaufen, und die andern liefen ihm nach und fingen ihn. Wie sie so froͤhlich dahinsprangen, sah’s die Stiefmutter vom Fenster mit an und aͤrgerte sich. Weil sie aber Hexenkuͤnste verstand, so verwuͤnschte sie beide, das Bruͤderchen in einen Fisch und das Schwesterchen in ein Lamm. Da schwamm das Fischchen im Teich hin und her und war traurig und das Laͤmmchen ging auf der Wiese hin und her und war traurig und fraß nicht und ruͤhrte kein Haͤlmchen an. So ging eine lange Zeit hin, da kamen fremde Gaͤste auf das Schloß. Die falsche Stiefmutter dachte, jetzt ist die Gelegenheit gut, rief den Koch und sprach zu ihm: „geh und hol das Lamm von der Wiese und </p> </div> </body> </text> </TEI> [254/0332]
Kindern auf einer Wiese vor dem Haus spielten, und an der Wiese war ein Teich, der ging bis an die eine Seite vom Haus. Die Kinder liefen da herum, kriegten sich und spielten Abzaͤhlens:
„Enecke, Benecke, lat mie liewen,
will die ock min Vuͤgelken giewen.
Vuͤgelken sall mie Strau soͤken,
Strau will ick den Koͤseken giewen,
Koͤseken sall mie Melk giewen,
Melk will ick den Baͤcker giewen,
Baͤcker sall mie ’n Kocken backen,
Kocken will ick den Kaͤtken giewen,
Kaͤtken sall mie Muͤse fangen,
Muͤse will ick in’n Rauck hangen
un will se anschnien.“
Dabei standen sie in einem Kreis und auf welchen nun das Wort „anschnien“ fiel, der mußte fortlaufen, und die andern liefen ihm nach und fingen ihn. Wie sie so froͤhlich dahinsprangen, sah’s die Stiefmutter vom Fenster mit an und aͤrgerte sich. Weil sie aber Hexenkuͤnste verstand, so verwuͤnschte sie beide, das Bruͤderchen in einen Fisch und das Schwesterchen in ein Lamm. Da schwamm das Fischchen im Teich hin und her und war traurig und das Laͤmmchen ging auf der Wiese hin und her und war traurig und fraß nicht und ruͤhrte kein Haͤlmchen an. So ging eine lange Zeit hin, da kamen fremde Gaͤste auf das Schloß. Die falsche Stiefmutter dachte, jetzt ist die Gelegenheit gut, rief den Koch und sprach zu ihm: „geh und hol das Lamm von der Wiese und
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Zitationshilfe: | Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1819/332>, abgerufen am 16.02.2025. |