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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819.

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Den folgenden Abend kam sie wieder und that dieselben Fragen und den dritten Abend noch einmal. Da konnte es der Küchenjunge nicht länger übers Herz bringen und sagte dem König alles. Der König aber ging den andern Abend hin und wie die Ente den Kopf durch den Gossenstein herein streckte, nahm er sein Schwert und hieb ihr den Hals durch, da wurde sie auf einmal zum schönsten Mädchen, und glich genau dem Bild, das der Bruder von ihr gemacht hatte. Der König aber war voll Freuden und weil sie ganz naß dastand, ließ er ihr köstliche Kleider bringen, als sie die angethan hatte, erzählte sie ihm, wie sie in den Fluß war hinab geworfen worden, und die erste Bitte, die sie that, war, daß ihr Bruder aus der Schlangenhöhle herausgeholt würde, welches auch gleich geschah. Aber der König ging in die Kammer, wo die alte Hexe saß, und fragte: "was verdient die, welche das und das thut?" indem er den ganzen Hergang erzählte. Da war sie verblendet, merkte nichts und sprach: "die verdient, daß man sie nackt auszieht und in ein Faß mit Nägeln legt und vor das Faß ein Pferd spannt und das Pferd in alle Welt schickt." Alles das geschah nun an ihr und ihrer schwarzen Tochter, der König heirathete die schöne Braut und belohnte den treuen Bruder, indem er ihn zu einem reichen und angesehenen Mann machte.


Den folgenden Abend kam sie wieder und that dieselben Fragen und den dritten Abend noch einmal. Da konnte es der Kuͤchenjunge nicht laͤnger uͤbers Herz bringen und sagte dem Koͤnig alles. Der Koͤnig aber ging den andern Abend hin und wie die Ente den Kopf durch den Gossenstein herein streckte, nahm er sein Schwert und hieb ihr den Hals durch, da wurde sie auf einmal zum schoͤnsten Maͤdchen, und glich genau dem Bild, das der Bruder von ihr gemacht hatte. Der Koͤnig aber war voll Freuden und weil sie ganz naß dastand, ließ er ihr koͤstliche Kleider bringen, als sie die angethan hatte, erzaͤhlte sie ihm, wie sie in den Fluß war hinab geworfen worden, und die erste Bitte, die sie that, war, daß ihr Bruder aus der Schlangenhoͤhle herausgeholt wuͤrde, welches auch gleich geschah. Aber der Koͤnig ging in die Kammer, wo die alte Hexe saß, und fragte: „was verdient die, welche das und das thut?“ indem er den ganzen Hergang erzaͤhlte. Da war sie verblendet, merkte nichts und sprach: „die verdient, daß man sie nackt auszieht und in ein Faß mit Naͤgeln legt und vor das Faß ein Pferd spannt und das Pferd in alle Welt schickt.“ Alles das geschah nun an ihr und ihrer schwarzen Tochter, der Koͤnig heirathete die schoͤne Braut und belohnte den treuen Bruder, indem er ihn zu einem reichen und angesehenen Mann machte.


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[244/0322] Den folgenden Abend kam sie wieder und that dieselben Fragen und den dritten Abend noch einmal. Da konnte es der Kuͤchenjunge nicht laͤnger uͤbers Herz bringen und sagte dem Koͤnig alles. Der Koͤnig aber ging den andern Abend hin und wie die Ente den Kopf durch den Gossenstein herein streckte, nahm er sein Schwert und hieb ihr den Hals durch, da wurde sie auf einmal zum schoͤnsten Maͤdchen, und glich genau dem Bild, das der Bruder von ihr gemacht hatte. Der Koͤnig aber war voll Freuden und weil sie ganz naß dastand, ließ er ihr koͤstliche Kleider bringen, als sie die angethan hatte, erzaͤhlte sie ihm, wie sie in den Fluß war hinab geworfen worden, und die erste Bitte, die sie that, war, daß ihr Bruder aus der Schlangenhoͤhle herausgeholt wuͤrde, welches auch gleich geschah. Aber der Koͤnig ging in die Kammer, wo die alte Hexe saß, und fragte: „was verdient die, welche das und das thut?“ indem er den ganzen Hergang erzaͤhlte. Da war sie verblendet, merkte nichts und sprach: „die verdient, daß man sie nackt auszieht und in ein Faß mit Naͤgeln legt und vor das Faß ein Pferd spannt und das Pferd in alle Welt schickt.“ Alles das geschah nun an ihr und ihrer schwarzen Tochter, der Koͤnig heirathete die schoͤne Braut und belohnte den treuen Bruder, indem er ihn zu einem reichen und angesehenen Mann machte.

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Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12546-6) in Bd. 2, S. 305–308 ein Wörterverzeichnis mit Begriffserläuterungen.




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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1819/322>, abgerufen am 22.11.2024.