Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819.kommt." Da ließ er sich überreden und ward bei dem Manne ein gelernter Dieb und so geschickt, daß vor ihm nichts sicher war, was er einmal haben wollte. Der zweite Bruder begegnete einem Mann, der dieselbe Frage an ihn that, was er in der Welt lernen wolle. "Jch weiß es noch nicht, antwortete er." "So geh mit mir und werde ein Sterngucker, nichts besser, als das, es bleibt einem nichts verborgen." Er ließ sich das gefallen und ward ein so geschickter Sterngucker, daß sein Meister, als er ausgelernt hatte und weiter ziehen wollte, ihm ein Glas gab und zu ihm sprach: "damit kannst du sehen, was auf Erden und am Himmel vorgeht und kann dir nichts verborgen bleiben." Der dritte Bruder begegnete einem Jäger, der nahm ihn mit in die Lehre und gab ihm in allem was zur Jägerei gehörte, so guten Unterricht, daß er ein ausgelernter Jäger ward. Der Meister schenkte ihm beim Abschied eine Büchse und sprach: "die fehlt nicht, was du damit aufs Korn nimmst, das triffst du auch." Der jüngste Bruder begegnete gleichfalls einem Manne, der ihn anredete und nach seinem Vorhaben fragte. "Hast du nicht Lust ein Schneider zu werden?" "Ach nein, sprach der Junge, das Krummsitzen von Morgens bis Abends, das Hin- und Herfegen mit der Nadel und das Bügeleisen will mir nicht in den Sinn." "Ei was, antwortete der Mann, bei mir lernst du eine ganz andere Schneiderkunst." Da ließ er sich überreden, ging mit und lernte die Kunst des Mannes aus dem Fundament. Beim Abschied gab ihm dieser eine Nadel und sprach: "damit kannst du zusammennähen was dir vorkommt, es sey so weich wie ein Ei kommt.“ Da ließ er sich uͤberreden und ward bei dem Manne ein gelernter Dieb und so geschickt, daß vor ihm nichts sicher war, was er einmal haben wollte. Der zweite Bruder begegnete einem Mann, der dieselbe Frage an ihn that, was er in der Welt lernen wolle. „Jch weiß es noch nicht, antwortete er.“ „So geh mit mir und werde ein Sterngucker, nichts besser, als das, es bleibt einem nichts verborgen.“ Er ließ sich das gefallen und ward ein so geschickter Sterngucker, daß sein Meister, als er ausgelernt hatte und weiter ziehen wollte, ihm ein Glas gab und zu ihm sprach: „damit kannst du sehen, was auf Erden und am Himmel vorgeht und kann dir nichts verborgen bleiben.“ Der dritte Bruder begegnete einem Jaͤger, der nahm ihn mit in die Lehre und gab ihm in allem was zur Jaͤgerei gehoͤrte, so guten Unterricht, daß er ein ausgelernter Jaͤger ward. Der Meister schenkte ihm beim Abschied eine Buͤchse und sprach: „die fehlt nicht, was du damit aufs Korn nimmst, das triffst du auch.“ Der juͤngste Bruder begegnete gleichfalls einem Manne, der ihn anredete und nach seinem Vorhaben fragte. „Hast du nicht Lust ein Schneider zu werden?“ „Ach nein, sprach der Junge, das Krummsitzen von Morgens bis Abends, das Hin- und Herfegen mit der Nadel und das Buͤgeleisen will mir nicht in den Sinn.“ „Ei was, antwortete der Mann, bei mir lernst du eine ganz andere Schneiderkunst.“ Da ließ er sich uͤberreden, ging mit und lernte die Kunst des Mannes aus dem Fundament. Beim Abschied gab ihm dieser eine Nadel und sprach: „damit kannst du zusammennaͤhen was dir vorkommt, es sey so weich wie ein Ei <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0286" n="208"/> kommt.“ Da ließ er sich uͤberreden und ward bei dem Manne ein gelernter Dieb und so geschickt, daß vor ihm nichts sicher war, was er einmal haben wollte. Der zweite Bruder begegnete einem Mann, der dieselbe Frage an ihn that, was er in der Welt lernen wolle. „Jch weiß es noch nicht, antwortete er.“ „So geh mit mir und werde ein Sterngucker, nichts besser, als das, es bleibt einem nichts verborgen.“ Er ließ sich das gefallen und ward ein so geschickter Sterngucker, daß sein Meister, als er ausgelernt hatte und weiter ziehen wollte, ihm ein Glas gab und zu ihm sprach: „damit kannst du sehen, was auf Erden und am Himmel vorgeht und kann dir nichts verborgen bleiben.“ Der dritte Bruder begegnete einem Jaͤger, der nahm ihn mit in die Lehre und gab ihm in allem was zur Jaͤgerei gehoͤrte, so guten Unterricht, daß er ein ausgelernter Jaͤger ward. Der Meister schenkte ihm beim Abschied eine Buͤchse und sprach: „die fehlt nicht, was du damit aufs Korn nimmst, das triffst du auch.“ Der juͤngste Bruder begegnete gleichfalls einem Manne, der ihn anredete und nach seinem Vorhaben fragte. „Hast du nicht Lust ein Schneider zu werden?“ „Ach nein, sprach der Junge, das Krummsitzen von Morgens bis Abends, das Hin- und Herfegen mit der Nadel und das Buͤgeleisen will mir nicht in den Sinn.“ „Ei was, antwortete der Mann, bei mir lernst du eine ganz andere Schneiderkunst.“ Da ließ er sich uͤberreden, ging mit und lernte die Kunst des Mannes aus dem Fundament. Beim Abschied gab ihm dieser eine Nadel und sprach: „damit kannst du zusammennaͤhen was dir vorkommt, es sey so weich wie ein Ei </p> </div> </body> </text> </TEI> [208/0286]
kommt.“ Da ließ er sich uͤberreden und ward bei dem Manne ein gelernter Dieb und so geschickt, daß vor ihm nichts sicher war, was er einmal haben wollte. Der zweite Bruder begegnete einem Mann, der dieselbe Frage an ihn that, was er in der Welt lernen wolle. „Jch weiß es noch nicht, antwortete er.“ „So geh mit mir und werde ein Sterngucker, nichts besser, als das, es bleibt einem nichts verborgen.“ Er ließ sich das gefallen und ward ein so geschickter Sterngucker, daß sein Meister, als er ausgelernt hatte und weiter ziehen wollte, ihm ein Glas gab und zu ihm sprach: „damit kannst du sehen, was auf Erden und am Himmel vorgeht und kann dir nichts verborgen bleiben.“ Der dritte Bruder begegnete einem Jaͤger, der nahm ihn mit in die Lehre und gab ihm in allem was zur Jaͤgerei gehoͤrte, so guten Unterricht, daß er ein ausgelernter Jaͤger ward. Der Meister schenkte ihm beim Abschied eine Buͤchse und sprach: „die fehlt nicht, was du damit aufs Korn nimmst, das triffst du auch.“ Der juͤngste Bruder begegnete gleichfalls einem Manne, der ihn anredete und nach seinem Vorhaben fragte. „Hast du nicht Lust ein Schneider zu werden?“ „Ach nein, sprach der Junge, das Krummsitzen von Morgens bis Abends, das Hin- und Herfegen mit der Nadel und das Buͤgeleisen will mir nicht in den Sinn.“ „Ei was, antwortete der Mann, bei mir lernst du eine ganz andere Schneiderkunst.“ Da ließ er sich uͤberreden, ging mit und lernte die Kunst des Mannes aus dem Fundament. Beim Abschied gab ihm dieser eine Nadel und sprach: „damit kannst du zusammennaͤhen was dir vorkommt, es sey so weich wie ein Ei
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Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12546-6) in Bd. 2, S. 305–308 ein Wörterverzeichnis mit Begriffserläuterungen.
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