Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819.

Bild:
<< vorherige Seite

Stadt und der Schneider kam vor das Gericht und er ward gerichtet. Da brachte es doch die klare Sonne an den Tag.

116.
Das blaue Licht.

Es war einmal ein König, der hatte einen Soldaten zum Diener, wie der ganz alt wurde und unbrauchbar, schickte er ihn fort und gab ihm nichts. Da wußte er nicht, womit er sein Leben fristen sollte, ging traurig fort den langen Tag und kam Abends in einen Wald. Wie er ein Weilchen gegangen war, sah er ein Licht, dem näherte er sich und kam zu einem kleinen Haus, darin wohnte eine alte Hexe. Er bat um ein Nachtlager und ein wenig Essen und Trinken, sie schlug's ihm aber ab, endlich sagte sie: "ich will dich doch aus Barmherzigkeit aufnehmen, du mußt mir aber morgen meinen ganzen Garten umgraben." Der Soldat versprach's und ward also beherbergt. Am andern Tag hackte er der Hexe den Garten um und hatte damit Arbeit bis zum Abend, nun wollte sie ihn wegschicken, er sprach aber: "ich bin so müd', laß mich noch die Nacht hier bleiben." Sie wollte nicht, endlich gab sie's zu, doch sollt' er ihr andern Tags ein Fuder Holz klein spalten. Der Soldat hackte den zweiten Tag das Holz und hatte sich Abends so abgearbeitet, daß er wieder nicht fort konnte, also bat er um die dritte Nacht; dafür sollte er aber den folgenden Tag das blaue Licht aus dem Brunnen holen. Da führte ihn die Hexe an einen Brunnen und band ihn

Stadt und der Schneider kam vor das Gericht und er ward gerichtet. Da brachte es doch die klare Sonne an den Tag.

116.
Das blaue Licht.

Es war einmal ein Koͤnig, der hatte einen Soldaten zum Diener, wie der ganz alt wurde und unbrauchbar, schickte er ihn fort und gab ihm nichts. Da wußte er nicht, womit er sein Leben fristen sollte, ging traurig fort den langen Tag und kam Abends in einen Wald. Wie er ein Weilchen gegangen war, sah er ein Licht, dem naͤherte er sich und kam zu einem kleinen Haus, darin wohnte eine alte Hexe. Er bat um ein Nachtlager und ein wenig Essen und Trinken, sie schlug’s ihm aber ab, endlich sagte sie: „ich will dich doch aus Barmherzigkeit aufnehmen, du mußt mir aber morgen meinen ganzen Garten umgraben.“ Der Soldat versprach’s und ward also beherbergt. Am andern Tag hackte er der Hexe den Garten um und hatte damit Arbeit bis zum Abend, nun wollte sie ihn wegschicken, er sprach aber: „ich bin so muͤd’, laß mich noch die Nacht hier bleiben.“ Sie wollte nicht, endlich gab sie’s zu, doch sollt’ er ihr andern Tags ein Fuder Holz klein spalten. Der Soldat hackte den zweiten Tag das Holz und hatte sich Abends so abgearbeitet, daß er wieder nicht fort konnte, also bat er um die dritte Nacht; dafuͤr sollte er aber den folgenden Tag das blaue Licht aus dem Brunnen holen. Da fuͤhrte ihn die Hexe an einen Brunnen und band ihn

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0226" n="148"/>
Stadt und der Schneider kam vor das Gericht und er ward gerichtet. Da brachte es doch die klare Sonne an den Tag.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">116.<lb/>
Das blaue Licht.</hi> </head><lb/>
        <p>Es war einmal ein Ko&#x0364;nig, der hatte einen Soldaten zum Diener, wie der ganz alt wurde und unbrauchbar, schickte er ihn fort und gab ihm nichts. Da wußte er nicht, womit er sein Leben fristen sollte, ging traurig fort den langen Tag und kam Abends in einen Wald. Wie er ein Weilchen gegangen war, sah er ein Licht, dem na&#x0364;herte er sich und kam zu einem kleinen Haus, darin wohnte eine alte Hexe. Er bat um ein Nachtlager und ein wenig Essen und Trinken, sie schlug&#x2019;s ihm aber ab, endlich sagte sie: &#x201E;ich will dich doch aus Barmherzigkeit aufnehmen, du mußt mir aber morgen meinen ganzen Garten umgraben.&#x201C; Der Soldat versprach&#x2019;s und ward also beherbergt. Am andern Tag hackte er der Hexe den Garten um und hatte damit Arbeit bis zum Abend, nun wollte sie ihn wegschicken, er sprach aber: &#x201E;ich bin so mu&#x0364;d&#x2019;, laß mich noch die Nacht hier bleiben.&#x201C; Sie wollte nicht, endlich gab sie&#x2019;s zu, doch sollt&#x2019; er ihr andern Tags ein Fuder Holz klein spalten. Der Soldat hackte den zweiten Tag das Holz und hatte sich Abends so abgearbeitet, daß er wieder nicht fort konnte, also bat er um die dritte Nacht; dafu&#x0364;r sollte er aber den folgenden Tag das blaue Licht aus dem Brunnen holen. Da fu&#x0364;hrte ihn die Hexe an einen Brunnen und band ihn
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[148/0226] Stadt und der Schneider kam vor das Gericht und er ward gerichtet. Da brachte es doch die klare Sonne an den Tag. 116. Das blaue Licht. Es war einmal ein Koͤnig, der hatte einen Soldaten zum Diener, wie der ganz alt wurde und unbrauchbar, schickte er ihn fort und gab ihm nichts. Da wußte er nicht, womit er sein Leben fristen sollte, ging traurig fort den langen Tag und kam Abends in einen Wald. Wie er ein Weilchen gegangen war, sah er ein Licht, dem naͤherte er sich und kam zu einem kleinen Haus, darin wohnte eine alte Hexe. Er bat um ein Nachtlager und ein wenig Essen und Trinken, sie schlug’s ihm aber ab, endlich sagte sie: „ich will dich doch aus Barmherzigkeit aufnehmen, du mußt mir aber morgen meinen ganzen Garten umgraben.“ Der Soldat versprach’s und ward also beherbergt. Am andern Tag hackte er der Hexe den Garten um und hatte damit Arbeit bis zum Abend, nun wollte sie ihn wegschicken, er sprach aber: „ich bin so muͤd’, laß mich noch die Nacht hier bleiben.“ Sie wollte nicht, endlich gab sie’s zu, doch sollt’ er ihr andern Tags ein Fuder Holz klein spalten. Der Soldat hackte den zweiten Tag das Holz und hatte sich Abends so abgearbeitet, daß er wieder nicht fort konnte, also bat er um die dritte Nacht; dafuͤr sollte er aber den folgenden Tag das blaue Licht aus dem Brunnen holen. Da fuͤhrte ihn die Hexe an einen Brunnen und band ihn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-06-15T16:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12546-6) in Bd. 2, S. 305–308 ein Wörterverzeichnis mit Begriffserläuterungen.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1819
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1819/226
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1819/226>, abgerufen am 22.11.2024.