Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819.und das letztemal wie wir vorbeikamen, lag da noch schlechter Sand." Weil sie nun neugierig waren, gingen sie hinein und erkundigten sich bei dem Mann, wie er alles so geschwind hätte bauen können. Da sprach er: "das hab' ich nicht gethan, sondern mein Wunderstein." -- "Was ist das für ein Stein?" fragten sie. Da ging er hin und holte ihn und zeigte ihn den Kaufleuten. Die hatten große Lust dazu und fragten, ob er nicht zu erhandeln wäre, auch boten sie ihm alle ihre schönen Waaren dafür. Dem Manne stachen die Waaren in die Augen, und weil das Herz unbeständig ist, ließ er sich bethören, und meinte, die schönen Waaren seyen mehr werth, als sein Wunderstein und gab ihn hin. Kaum aber hatte er ihn aus den Händen gegeben, da war auch alles Glück dahin und er saß auf einmal wieder in dem verschlossenen Kasten auf dem Fluß mit einem Krug Wasser und einem Laib Brot. Die treuen Thiere, Maus, Affe und Bär, wie sie sein Unglück sahen, kamen wieder und wollten ihm helfen, aber sie konnten nicht einmal das Schloß aufsprengen, weil's viel fester war, als das erstemal. Da sprach der Bär: "wir müssen den Wunderstein wieder schaffen, oder es ist alles umsonst." Weil nun die Kaufleute in dem Schloß noch wohnten, gingen die Thiere mit einander hin, und wie sie nah dabei kamen, sagte der Bär: "Maus geh hin und guck durch's Schlüsselloch und sieh, was anzufangen ist, du bist klein, dich merkt kein Mensch." Die Maus war willig, kam aber wieder und sagte: "es geht nicht, ich hab' hinein geguckt, der Stein hängt unter dem Spiegel an einem rothen Bändchen und hüben und drüben und das letztemal wie wir vorbeikamen, lag da noch schlechter Sand.“ Weil sie nun neugierig waren, gingen sie hinein und erkundigten sich bei dem Mann, wie er alles so geschwind haͤtte bauen koͤnnen. Da sprach er: „das hab’ ich nicht gethan, sondern mein Wunderstein.“ — „Was ist das fuͤr ein Stein?“ fragten sie. Da ging er hin und holte ihn und zeigte ihn den Kaufleuten. Die hatten große Lust dazu und fragten, ob er nicht zu erhandeln waͤre, auch boten sie ihm alle ihre schoͤnen Waaren dafuͤr. Dem Manne stachen die Waaren in die Augen, und weil das Herz unbestaͤndig ist, ließ er sich bethoͤren, und meinte, die schoͤnen Waaren seyen mehr werth, als sein Wunderstein und gab ihn hin. Kaum aber hatte er ihn aus den Haͤnden gegeben, da war auch alles Gluͤck dahin und er saß auf einmal wieder in dem verschlossenen Kasten auf dem Fluß mit einem Krug Wasser und einem Laib Brot. Die treuen Thiere, Maus, Affe und Baͤr, wie sie sein Ungluͤck sahen, kamen wieder und wollten ihm helfen, aber sie konnten nicht einmal das Schloß aufsprengen, weil’s viel fester war, als das erstemal. Da sprach der Baͤr: „wir muͤssen den Wunderstein wieder schaffen, oder es ist alles umsonst.“ Weil nun die Kaufleute in dem Schloß noch wohnten, gingen die Thiere mit einander hin, und wie sie nah dabei kamen, sagte der Baͤr: „Maus geh hin und guck durch’s Schluͤsselloch und sieh, was anzufangen ist, du bist klein, dich merkt kein Mensch.“ Die Maus war willig, kam aber wieder und sagte: „es geht nicht, ich hab’ hinein geguckt, der Stein haͤngt unter dem Spiegel an einem rothen Baͤndchen und huͤben und druͤben <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0177" n="99"/> und das letztemal wie wir vorbeikamen, lag da noch schlechter Sand.“ Weil sie nun neugierig waren, gingen sie hinein und erkundigten sich bei dem Mann, wie er alles so geschwind haͤtte bauen koͤnnen. Da sprach er: „das hab’ ich nicht gethan, sondern mein Wunderstein.“ — „Was ist das fuͤr ein Stein?“ fragten sie. Da ging er hin und holte ihn und zeigte ihn den Kaufleuten. Die hatten große Lust dazu und fragten, ob er nicht zu erhandeln waͤre, auch boten sie ihm alle ihre schoͤnen Waaren dafuͤr. Dem Manne stachen die Waaren in die Augen, und weil das Herz unbestaͤndig ist, ließ er sich bethoͤren, und meinte, die schoͤnen Waaren seyen mehr werth, als sein Wunderstein und gab ihn hin. Kaum aber hatte er ihn aus den Haͤnden gegeben, da war auch alles Gluͤck dahin und er saß auf einmal wieder in dem verschlossenen Kasten auf dem Fluß mit einem Krug Wasser und einem Laib Brot. Die treuen Thiere, Maus, Affe und Baͤr, wie sie sein Ungluͤck sahen, kamen wieder und wollten ihm helfen, aber sie konnten nicht einmal das Schloß aufsprengen, weil’s viel fester war, als das erstemal. Da sprach der Baͤr: „wir muͤssen den Wunderstein wieder schaffen, oder es ist alles umsonst.“ Weil nun die Kaufleute in dem Schloß noch wohnten, gingen die Thiere mit einander hin, und wie sie nah dabei kamen, sagte der Baͤr: „Maus geh hin und guck durch’s Schluͤsselloch und sieh, was anzufangen ist, du bist klein, dich merkt kein Mensch.“ Die Maus war willig, kam aber wieder und sagte: „es geht nicht, ich hab’ hinein geguckt, der Stein haͤngt unter dem Spiegel an einem rothen Baͤndchen und huͤben und druͤben </p> </div> </body> </text> </TEI> [99/0177]
und das letztemal wie wir vorbeikamen, lag da noch schlechter Sand.“ Weil sie nun neugierig waren, gingen sie hinein und erkundigten sich bei dem Mann, wie er alles so geschwind haͤtte bauen koͤnnen. Da sprach er: „das hab’ ich nicht gethan, sondern mein Wunderstein.“ — „Was ist das fuͤr ein Stein?“ fragten sie. Da ging er hin und holte ihn und zeigte ihn den Kaufleuten. Die hatten große Lust dazu und fragten, ob er nicht zu erhandeln waͤre, auch boten sie ihm alle ihre schoͤnen Waaren dafuͤr. Dem Manne stachen die Waaren in die Augen, und weil das Herz unbestaͤndig ist, ließ er sich bethoͤren, und meinte, die schoͤnen Waaren seyen mehr werth, als sein Wunderstein und gab ihn hin. Kaum aber hatte er ihn aus den Haͤnden gegeben, da war auch alles Gluͤck dahin und er saß auf einmal wieder in dem verschlossenen Kasten auf dem Fluß mit einem Krug Wasser und einem Laib Brot. Die treuen Thiere, Maus, Affe und Baͤr, wie sie sein Ungluͤck sahen, kamen wieder und wollten ihm helfen, aber sie konnten nicht einmal das Schloß aufsprengen, weil’s viel fester war, als das erstemal. Da sprach der Baͤr: „wir muͤssen den Wunderstein wieder schaffen, oder es ist alles umsonst.“ Weil nun die Kaufleute in dem Schloß noch wohnten, gingen die Thiere mit einander hin, und wie sie nah dabei kamen, sagte der Baͤr: „Maus geh hin und guck durch’s Schluͤsselloch und sieh, was anzufangen ist, du bist klein, dich merkt kein Mensch.“ Die Maus war willig, kam aber wieder und sagte: „es geht nicht, ich hab’ hinein geguckt, der Stein haͤngt unter dem Spiegel an einem rothen Baͤndchen und huͤben und druͤben
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Zitationshilfe: | Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1819/177>, abgerufen am 16.02.2025. |