Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819.würdest." "Gebt euch zufrieden, Vater, ich will's nachholen." "Ja nachholen, sprach der Vater zornig, das hat keine Art." "Habt acht, Vater, den Baum da will ich gleich einhauen, daß er umkrachen soll." Da nahm er sein Pflaster, bestrich die Axt damit und that einen gewaltigen Hieb, aber das Eisen war in Silber verwandelt und die Schärfe legte sich ganz um. "Ei Vater, seht einmal, was habt ihr mir für eine schlechte Axt gegeben, die ist ganz schief geworden!" Da erschrak der Vater und sprach: "ach, was hast du gemacht! nun muß ich die Axt bezahlen und weiß nicht womit; das ist der Nutzen, den ich von deiner Arbeit habe." "Werdet nicht bös, antwortete der Sohn, die Axt will ich schon bezahlen." "O du Dummbart, rief der Vater, wovon willst du sie bezahlen? du hast nichts, als was ich dir gebe; das sind Studentenkniffe, die dir im Kopf stecken, vom Holzhacken hast du keinen Verstand." Ueber ein Weilchen sprach der Schüler: "Vater, ich kann doch nichts mehr arbeiten, wir wollen lieber Feierabend machen." "Ei was, antwortete er, meinst du ich wollte auch die Hände in den Schooß legen, wie du? ich muß noch schaffen, du kannst dich heim packen." "Vater, ich bin zum erstenmal hier in dem Wald, ich weiß den Weg nicht allein, geht nur mit mir." Weil sich der Zorn gelegt hatte, so ließ er sich endlich bereden und ging mit ihm heim. Da sprach er zum Sohn: "geh und verkauf die verschändete Axt und sieh zu, was du dafür kriegst; das übrige muß ich verdienen, um sie zu bezahlen." Der Sohn nahm die Axt und trug sie in die Stadt zu einem Goldschmied, der probirte wuͤrdest.“ „Gebt euch zufrieden, Vater, ich will’s nachholen.“ „Ja nachholen, sprach der Vater zornig, das hat keine Art.“ „Habt acht, Vater, den Baum da will ich gleich einhauen, daß er umkrachen soll.“ Da nahm er sein Pflaster, bestrich die Axt damit und that einen gewaltigen Hieb, aber das Eisen war in Silber verwandelt und die Schaͤrfe legte sich ganz um. „Ei Vater, seht einmal, was habt ihr mir fuͤr eine schlechte Axt gegeben, die ist ganz schief geworden!“ Da erschrak der Vater und sprach: „ach, was hast du gemacht! nun muß ich die Axt bezahlen und weiß nicht womit; das ist der Nutzen, den ich von deiner Arbeit habe.“ „Werdet nicht boͤs, antwortete der Sohn, die Axt will ich schon bezahlen.“ „O du Dummbart, rief der Vater, wovon willst du sie bezahlen? du hast nichts, als was ich dir gebe; das sind Studentenkniffe, die dir im Kopf stecken, vom Holzhacken hast du keinen Verstand.“ Ueber ein Weilchen sprach der Schuͤler: „Vater, ich kann doch nichts mehr arbeiten, wir wollen lieber Feierabend machen.“ „Ei was, antwortete er, meinst du ich wollte auch die Haͤnde in den Schooß legen, wie du? ich muß noch schaffen, du kannst dich heim packen.“ „Vater, ich bin zum erstenmal hier in dem Wald, ich weiß den Weg nicht allein, geht nur mit mir.“ Weil sich der Zorn gelegt hatte, so ließ er sich endlich bereden und ging mit ihm heim. Da sprach er zum Sohn: „geh und verkauf die verschaͤndete Axt und sieh zu, was du dafuͤr kriegst; das uͤbrige muß ich verdienen, um sie zu bezahlen.“ Der Sohn nahm die Axt und trug sie in die Stadt zu einem Goldschmied, der probirte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0161" n="83"/> wuͤrdest.“ „Gebt euch zufrieden, Vater, ich will’s nachholen.“ „Ja nachholen, sprach der Vater zornig, das hat keine Art.“ „Habt acht, Vater, den Baum da will ich gleich einhauen, daß er umkrachen soll.“ Da nahm er sein Pflaster, bestrich die Axt damit und that einen gewaltigen Hieb, aber das Eisen war in Silber verwandelt und die Schaͤrfe legte sich ganz um. „Ei Vater, seht einmal, was habt ihr mir fuͤr eine schlechte Axt gegeben, die ist ganz schief geworden!“ Da erschrak der Vater und sprach: „ach, was hast du gemacht! nun muß ich die Axt bezahlen und weiß nicht womit; das ist der Nutzen, den ich von deiner Arbeit habe.“ „Werdet nicht boͤs, antwortete der Sohn, die Axt will ich schon bezahlen.“ „O du Dummbart, rief der Vater, wovon willst du sie bezahlen? du hast nichts, als was ich dir gebe; das sind Studentenkniffe, die dir im Kopf stecken, vom Holzhacken hast du keinen Verstand.“</p><lb/> <p>Ueber ein Weilchen sprach der Schuͤler: „Vater, ich kann doch nichts mehr arbeiten, wir wollen lieber Feierabend machen.“ „Ei was, antwortete er, meinst du ich wollte auch die Haͤnde in den Schooß legen, wie du? ich muß noch schaffen, du kannst dich heim packen.“ „Vater, ich bin zum erstenmal hier in dem Wald, ich weiß den Weg nicht allein, geht nur mit mir.“ Weil sich der Zorn gelegt hatte, so ließ er sich endlich bereden und ging mit ihm heim. Da sprach er zum Sohn: „geh und verkauf die verschaͤndete Axt und sieh zu, was du dafuͤr kriegst; das uͤbrige muß ich verdienen, um sie zu bezahlen.“ Der Sohn nahm die Axt und trug sie in die Stadt zu einem Goldschmied, der probirte </p> </div> </body> </text> </TEI> [83/0161]
wuͤrdest.“ „Gebt euch zufrieden, Vater, ich will’s nachholen.“ „Ja nachholen, sprach der Vater zornig, das hat keine Art.“ „Habt acht, Vater, den Baum da will ich gleich einhauen, daß er umkrachen soll.“ Da nahm er sein Pflaster, bestrich die Axt damit und that einen gewaltigen Hieb, aber das Eisen war in Silber verwandelt und die Schaͤrfe legte sich ganz um. „Ei Vater, seht einmal, was habt ihr mir fuͤr eine schlechte Axt gegeben, die ist ganz schief geworden!“ Da erschrak der Vater und sprach: „ach, was hast du gemacht! nun muß ich die Axt bezahlen und weiß nicht womit; das ist der Nutzen, den ich von deiner Arbeit habe.“ „Werdet nicht boͤs, antwortete der Sohn, die Axt will ich schon bezahlen.“ „O du Dummbart, rief der Vater, wovon willst du sie bezahlen? du hast nichts, als was ich dir gebe; das sind Studentenkniffe, die dir im Kopf stecken, vom Holzhacken hast du keinen Verstand.“
Ueber ein Weilchen sprach der Schuͤler: „Vater, ich kann doch nichts mehr arbeiten, wir wollen lieber Feierabend machen.“ „Ei was, antwortete er, meinst du ich wollte auch die Haͤnde in den Schooß legen, wie du? ich muß noch schaffen, du kannst dich heim packen.“ „Vater, ich bin zum erstenmal hier in dem Wald, ich weiß den Weg nicht allein, geht nur mit mir.“ Weil sich der Zorn gelegt hatte, so ließ er sich endlich bereden und ging mit ihm heim. Da sprach er zum Sohn: „geh und verkauf die verschaͤndete Axt und sieh zu, was du dafuͤr kriegst; das uͤbrige muß ich verdienen, um sie zu bezahlen.“ Der Sohn nahm die Axt und trug sie in die Stadt zu einem Goldschmied, der probirte
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Zitationshilfe: | Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1819/161>, abgerufen am 16.02.2025. |