Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819.erworben, zu deinem Unterricht anwenden; wenn du etwas rechtschaffenes lernst, so kannst du mich im Alter ernähren, wenn ich einst daheim sitzen muß und meine Glieder steif geworden sind." Da ging der Junge auf eine hohe Schule und lernte fleißig, so daß ihn seine Lehrer rühmten und blieb eine Zeit lang dort; als er ein paar Schulen durchgelernt hatte, doch aber noch nicht in allem vollkommen war, so war das Bischen Armuth, das der Vater erworben, drauf gegangen und er mußte wieder zu ihm heim kehren. "Ach, sprach der Vater betrübt, ich kann dir nichts mehr geben und kann in der theuern Zeit auch keinen Heller mehr verdienen, als das tägliche Brot." "Lieber Vater, antwortete der Sohn, macht euch darüber keine Gedanken, wenns Gottes Wille also ist, so wird's zu meinem Besten ausschlagen; ich will mich schon drein schicken: ich bleibe bei euch und gehe mit hinaus in den Wald, um etwas am Malterholz (d. h. am Zuhauen und Aufrichten) zu verdienen." "Ja, mein Sohn, sagte der Vater, das soll dir beschwerlich ankommen, du bist an harte Arbeit nicht gewöhnt, du hältst das nicht aus; ich habe auch nur eine Axt und kein Geld übrig, um noch eine zu kaufen." "Geht nur zum Nachbar, antwortete der Sohn, der leiht euch seine Axt so lange, bis ich mir selbst eine verdient habe." Da ging der Vater zum Nachbar und borgte eine Axt und am andern Morgen, wie der Tag anbrach, gingen sie mit einander hinaus in den Wald. Der Sohn half dem Vater und war ganz munter und frisch dabei. Als nun die Sonne über ihnen stand, sprach der Vater: "wir wollen rasten und Mittag halten, erworben, zu deinem Unterricht anwenden; wenn du etwas rechtschaffenes lernst, so kannst du mich im Alter ernaͤhren, wenn ich einst daheim sitzen muß und meine Glieder steif geworden sind.“ Da ging der Junge auf eine hohe Schule und lernte fleißig, so daß ihn seine Lehrer ruͤhmten und blieb eine Zeit lang dort; als er ein paar Schulen durchgelernt hatte, doch aber noch nicht in allem vollkommen war, so war das Bischen Armuth, das der Vater erworben, drauf gegangen und er mußte wieder zu ihm heim kehren. „Ach, sprach der Vater betruͤbt, ich kann dir nichts mehr geben und kann in der theuern Zeit auch keinen Heller mehr verdienen, als das taͤgliche Brot.“ „Lieber Vater, antwortete der Sohn, macht euch daruͤber keine Gedanken, wenns Gottes Wille also ist, so wird’s zu meinem Besten ausschlagen; ich will mich schon drein schicken: ich bleibe bei euch und gehe mit hinaus in den Wald, um etwas am Malterholz (d. h. am Zuhauen und Aufrichten) zu verdienen.“ „Ja, mein Sohn, sagte der Vater, das soll dir beschwerlich ankommen, du bist an harte Arbeit nicht gewoͤhnt, du haͤltst das nicht aus; ich habe auch nur eine Axt und kein Geld uͤbrig, um noch eine zu kaufen.“ „Geht nur zum Nachbar, antwortete der Sohn, der leiht euch seine Axt so lange, bis ich mir selbst eine verdient habe.“ Da ging der Vater zum Nachbar und borgte eine Axt und am andern Morgen, wie der Tag anbrach, gingen sie mit einander hinaus in den Wald. Der Sohn half dem Vater und war ganz munter und frisch dabei. Als nun die Sonne uͤber ihnen stand, sprach der Vater: „wir wollen rasten und Mittag halten, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0157" n="79"/> erworben, zu deinem Unterricht anwenden; wenn du etwas rechtschaffenes lernst, so kannst du mich im Alter ernaͤhren, wenn ich einst daheim sitzen muß und meine Glieder steif geworden sind.“ Da ging der Junge auf eine hohe Schule und lernte fleißig, so daß ihn seine Lehrer ruͤhmten und blieb eine Zeit lang dort; als er ein paar Schulen durchgelernt hatte, doch aber noch nicht in allem vollkommen war, so war das Bischen Armuth, das der Vater erworben, drauf gegangen und er mußte wieder zu ihm heim kehren. „Ach, sprach der Vater betruͤbt, ich kann dir nichts mehr geben und kann in der theuern Zeit auch keinen Heller mehr verdienen, als das taͤgliche Brot.“ „Lieber Vater, antwortete der Sohn, macht euch daruͤber keine Gedanken, wenns Gottes Wille also ist, so wird’s zu meinem Besten ausschlagen; ich will mich schon drein schicken: ich bleibe bei euch und gehe mit hinaus in den Wald, um etwas am Malterholz (d. h. am Zuhauen und Aufrichten) zu verdienen.“ „Ja, mein Sohn, sagte der Vater, das soll dir beschwerlich ankommen, du bist an harte Arbeit nicht gewoͤhnt, du haͤltst das nicht aus; ich habe auch nur eine Axt und kein Geld uͤbrig, um noch eine zu kaufen.“ „Geht nur zum Nachbar, antwortete der Sohn, der leiht euch seine Axt so lange, bis ich mir selbst eine verdient habe.“</p><lb/> <p>Da ging der Vater zum Nachbar und borgte eine Axt und am andern Morgen, wie der Tag anbrach, gingen sie mit einander hinaus in den Wald. Der Sohn half dem Vater und war ganz munter und frisch dabei. Als nun die Sonne uͤber ihnen stand, sprach der Vater: „wir wollen rasten und Mittag halten, </p> </div> </body> </text> </TEI> [79/0157]
erworben, zu deinem Unterricht anwenden; wenn du etwas rechtschaffenes lernst, so kannst du mich im Alter ernaͤhren, wenn ich einst daheim sitzen muß und meine Glieder steif geworden sind.“ Da ging der Junge auf eine hohe Schule und lernte fleißig, so daß ihn seine Lehrer ruͤhmten und blieb eine Zeit lang dort; als er ein paar Schulen durchgelernt hatte, doch aber noch nicht in allem vollkommen war, so war das Bischen Armuth, das der Vater erworben, drauf gegangen und er mußte wieder zu ihm heim kehren. „Ach, sprach der Vater betruͤbt, ich kann dir nichts mehr geben und kann in der theuern Zeit auch keinen Heller mehr verdienen, als das taͤgliche Brot.“ „Lieber Vater, antwortete der Sohn, macht euch daruͤber keine Gedanken, wenns Gottes Wille also ist, so wird’s zu meinem Besten ausschlagen; ich will mich schon drein schicken: ich bleibe bei euch und gehe mit hinaus in den Wald, um etwas am Malterholz (d. h. am Zuhauen und Aufrichten) zu verdienen.“ „Ja, mein Sohn, sagte der Vater, das soll dir beschwerlich ankommen, du bist an harte Arbeit nicht gewoͤhnt, du haͤltst das nicht aus; ich habe auch nur eine Axt und kein Geld uͤbrig, um noch eine zu kaufen.“ „Geht nur zum Nachbar, antwortete der Sohn, der leiht euch seine Axt so lange, bis ich mir selbst eine verdient habe.“
Da ging der Vater zum Nachbar und borgte eine Axt und am andern Morgen, wie der Tag anbrach, gingen sie mit einander hinaus in den Wald. Der Sohn half dem Vater und war ganz munter und frisch dabei. Als nun die Sonne uͤber ihnen stand, sprach der Vater: „wir wollen rasten und Mittag halten,
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Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12546-6) in Bd. 2, S. 305–308 ein Wörterverzeichnis mit Begriffserläuterungen.
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