Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815.

Bild:
<< vorherige Seite

Worte und fragte, ob sie sich entfernen wollten
oder nicht? da wollten sie ihn fangen, aber er zog
sein Schwert und sprach: "Köpf' alle runter, nur
meiner nicht!" Da lag alles gleich im Blut dar-
nieder und er war wieder König vom goldenen
Berge.

7.
Die Rabe.

Es war einmal eine Mutter mit einem Töch-
terchen, das war noch klein und wurde noch auf
dem Arm getragen. Nun geschah es, daß das
Kind einmal unruhig war und die Mutter mochte
sagen, was sie wollte, es half nicht. Da ward
sie ungeduldig und weil die Raben so um das
Haus herumflogen, machte sie das Fenster auf
und sagte: "ich wollt' du wärst eine Rabe und
flögst fort, so hätt' ich Ruh," und kaum hatte sie
das Wort gesagt, so war das Kind eine Rabe und
flog von ihrem Arm zum Fenster hinaus. Die
Rabe aber flog weg und niemand konnte ihr fol-
gen, sie flog aber in einen dunkelen Wald und
blieb darin. Auf eine Zeit führte einen Mann
sein Weg in diesen Wald und er hörte die Rabe
rufen und er ging der Stimme nach; und als er
näher kam, sagte die Rabe zu ihm: "ich bin ver-
wünscht worden und bin eine Königstochter von

Worte und fragte, ob ſie ſich entfernen wollten
oder nicht? da wollten ſie ihn fangen, aber er zog
ſein Schwert und ſprach: „Koͤpf’ alle runter, nur
meiner nicht!“ Da lag alles gleich im Blut dar-
nieder und er war wieder Koͤnig vom goldenen
Berge.

7.
Die Rabe.

Es war einmal eine Mutter mit einem Toͤch-
terchen, das war noch klein und wurde noch auf
dem Arm getragen. Nun geſchah es, daß das
Kind einmal unruhig war und die Mutter mochte
ſagen, was ſie wollte, es half nicht. Da ward
ſie ungeduldig und weil die Raben ſo um das
Haus herumflogen, machte ſie das Fenſter auf
und ſagte: „ich wollt’ du waͤrſt eine Rabe und
floͤgſt fort, ſo haͤtt’ ich Ruh,“ und kaum hatte ſie
das Wort geſagt, ſo war das Kind eine Rabe und
flog von ihrem Arm zum Fenſter hinaus. Die
Rabe aber flog weg und niemand konnte ihr fol-
gen, ſie flog aber in einen dunkelen Wald und
blieb darin. Auf eine Zeit fuͤhrte einen Mann
ſein Weg in dieſen Wald und er hoͤrte die Rabe
rufen und er ging der Stimme nach; und als er
naͤher kam, ſagte die Rabe zu ihm: „ich bin ver-
wuͤnſcht worden und bin eine Koͤnigstochter von

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0074" n="53"/>
Worte und fragte, ob &#x017F;ie &#x017F;ich entfernen wollten<lb/>
oder nicht? da wollten &#x017F;ie ihn fangen, aber er zog<lb/>
&#x017F;ein Schwert und &#x017F;prach: &#x201E;Ko&#x0364;pf&#x2019; alle runter, nur<lb/>
meiner nicht!&#x201C; Da lag alles gleich im Blut dar-<lb/>
nieder und er war wieder Ko&#x0364;nig vom goldenen<lb/>
Berge.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head>7.<lb/><hi rendition="#g">Die Rabe</hi>.</head><lb/>
        <p>Es war einmal eine Mutter mit einem To&#x0364;ch-<lb/>
terchen, das war noch klein und wurde noch auf<lb/>
dem Arm getragen. Nun ge&#x017F;chah es, daß das<lb/>
Kind einmal unruhig war und die Mutter mochte<lb/>
&#x017F;agen, was &#x017F;ie wollte, es half nicht. Da ward<lb/>
&#x017F;ie ungeduldig und weil die Raben &#x017F;o um das<lb/>
Haus herumflogen, machte &#x017F;ie das Fen&#x017F;ter auf<lb/>
und &#x017F;agte: &#x201E;ich wollt&#x2019; du wa&#x0364;r&#x017F;t eine Rabe und<lb/>
flo&#x0364;g&#x017F;t fort, &#x017F;o ha&#x0364;tt&#x2019; ich Ruh,&#x201C; und kaum hatte &#x017F;ie<lb/>
das Wort ge&#x017F;agt, &#x017F;o war das Kind eine Rabe und<lb/>
flog von ihrem Arm zum Fen&#x017F;ter hinaus. Die<lb/>
Rabe aber flog weg und niemand konnte ihr fol-<lb/>
gen, &#x017F;ie flog aber in einen dunkelen Wald und<lb/>
blieb darin. Auf eine Zeit fu&#x0364;hrte einen Mann<lb/>
&#x017F;ein Weg in die&#x017F;en Wald und er ho&#x0364;rte die Rabe<lb/>
rufen und er ging der Stimme nach; und als er<lb/>
na&#x0364;her kam, &#x017F;agte die Rabe zu ihm: &#x201E;ich bin ver-<lb/>
wu&#x0364;n&#x017F;cht worden und bin eine Ko&#x0364;nigstochter von<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[53/0074] Worte und fragte, ob ſie ſich entfernen wollten oder nicht? da wollten ſie ihn fangen, aber er zog ſein Schwert und ſprach: „Koͤpf’ alle runter, nur meiner nicht!“ Da lag alles gleich im Blut dar- nieder und er war wieder Koͤnig vom goldenen Berge. 7. Die Rabe. Es war einmal eine Mutter mit einem Toͤch- terchen, das war noch klein und wurde noch auf dem Arm getragen. Nun geſchah es, daß das Kind einmal unruhig war und die Mutter mochte ſagen, was ſie wollte, es half nicht. Da ward ſie ungeduldig und weil die Raben ſo um das Haus herumflogen, machte ſie das Fenſter auf und ſagte: „ich wollt’ du waͤrſt eine Rabe und floͤgſt fort, ſo haͤtt’ ich Ruh,“ und kaum hatte ſie das Wort geſagt, ſo war das Kind eine Rabe und flog von ihrem Arm zum Fenſter hinaus. Die Rabe aber flog weg und niemand konnte ihr fol- gen, ſie flog aber in einen dunkelen Wald und blieb darin. Auf eine Zeit fuͤhrte einen Mann ſein Weg in dieſen Wald und er hoͤrte die Rabe rufen und er ging der Stimme nach; und als er naͤher kam, ſagte die Rabe zu ihm: „ich bin ver- wuͤnſcht worden und bin eine Koͤnigstochter von

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/74
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/74>, abgerufen am 18.11.2024.