Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815.

Bild:
<< vorherige Seite

ich nicht mit euch gehen." Als sie zu der alten
Frau kamen, hatte sie sich auch aufgerichtet:
"Mütterchen, sprachen sie, wollt ihr mit uns
hinaufgehen?" -- "Ist die graue Katze noch
oben in der Küche?" -- "Ja, sie sitzt auf dem
Heerd bei einem Topf und kocht." -- "Das ist
traurig, eh ihr nicht den rothen Schwan, den
schwarzen Hund und die graue Katze tödtet, kön-
nen wir nicht aus dem Keller heraus."

Als die zwei Gesellen wieder oben in die
Küche kamen, wollten sie die Katze streicheln, sie
machte aber feurige Augen und sah ganz wild aus.
Nun war noch eine kleine Kammer übrig, in der
sie nicht gewesen waren, wie sie die aufmachten,
war sie ganz leer, nur an der Wand ein Bogen
und Pfeil, ein Schwert und eine Eisen-Zange.
Ueber Bogen und Pfeil standen die Worte: "das
tödtet den rothen Schwan," über dem Schwert:
"das haut dem schwarzen Hund den Kopf herun-
ter," und über der Zange: "das kneift der grauen
Katze den Kopf ab." "Ach, sagte der Furchtsame,
wir wollen fort von hier," der Soldat aber:
"nein, wir wollen die Thiere aufsuchen." Sie
nahmen die Waffen von der Wand und gingen in
die Küche, da standen die drei Thiere, der Schwan,
der Hund und die Katze beisammen, als hätten sie
was Böses vor. Wie der Furchtsame das sah, lief
er wieder fort; der Soldat sprach ihm ein Herz
ein, er hingegen wollte erst etwas essen; wie er

ich nicht mit euch gehen.“ Als ſie zu der alten
Frau kamen, hatte ſie ſich auch aufgerichtet:
„Muͤtterchen, ſprachen ſie, wollt ihr mit uns
hinaufgehen?“ — „Iſt die graue Katze noch
oben in der Kuͤche?“ — „Ja, ſie ſitzt auf dem
Heerd bei einem Topf und kocht.“ — „Das iſt
traurig, eh ihr nicht den rothen Schwan, den
ſchwarzen Hund und die graue Katze toͤdtet, koͤn-
nen wir nicht aus dem Keller heraus.“

Als die zwei Geſellen wieder oben in die
Kuͤche kamen, wollten ſie die Katze ſtreicheln, ſie
machte aber feurige Augen und ſah ganz wild aus.
Nun war noch eine kleine Kammer uͤbrig, in der
ſie nicht geweſen waren, wie ſie die aufmachten,
war ſie ganz leer, nur an der Wand ein Bogen
und Pfeil, ein Schwert und eine Eiſen-Zange.
Ueber Bogen und Pfeil ſtanden die Worte: „das
toͤdtet den rothen Schwan,“ uͤber dem Schwert:
„das haut dem ſchwarzen Hund den Kopf herun-
ter,“ und uͤber der Zange: „das kneift der grauen
Katze den Kopf ab.“ „Ach, ſagte der Furchtſame,
wir wollen fort von hier,“ der Soldat aber:
„nein, wir wollen die Thiere aufſuchen.“ Sie
nahmen die Waffen von der Wand und gingen in
die Kuͤche, da ſtanden die drei Thiere, der Schwan,
der Hund und die Katze beiſammen, als haͤtten ſie
was Boͤſes vor. Wie der Furchtſame das ſah, lief
er wieder fort; der Soldat ſprach ihm ein Herz
ein, er hingegen wollte erſt etwas eſſen; wie er

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0252" n="231"/>
ich nicht mit euch gehen.&#x201C; Als &#x017F;ie zu der alten<lb/>
Frau kamen, hatte &#x017F;ie &#x017F;ich auch aufgerichtet:<lb/>
&#x201E;Mu&#x0364;tterchen, &#x017F;prachen &#x017F;ie, wollt ihr mit uns<lb/>
hinaufgehen?&#x201C; &#x2014; &#x201E;I&#x017F;t die <hi rendition="#g">graue Katze</hi> noch<lb/>
oben in der Ku&#x0364;che?&#x201C; &#x2014; &#x201E;Ja, &#x017F;ie &#x017F;itzt auf dem<lb/>
Heerd bei einem Topf und kocht.&#x201C; &#x2014; &#x201E;Das i&#x017F;t<lb/>
traurig, eh ihr nicht den rothen Schwan, den<lb/>
&#x017F;chwarzen Hund und die graue Katze to&#x0364;dtet, ko&#x0364;n-<lb/>
nen wir nicht aus dem Keller heraus.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Als die zwei Ge&#x017F;ellen wieder oben in die<lb/>
Ku&#x0364;che kamen, wollten &#x017F;ie die Katze &#x017F;treicheln, &#x017F;ie<lb/>
machte aber feurige Augen und &#x017F;ah ganz wild aus.<lb/>
Nun war noch eine kleine Kammer u&#x0364;brig, in der<lb/>
&#x017F;ie nicht gewe&#x017F;en waren, wie &#x017F;ie die aufmachten,<lb/>
war &#x017F;ie ganz leer, nur an der Wand ein Bogen<lb/>
und Pfeil, ein Schwert und eine Ei&#x017F;en-Zange.<lb/>
Ueber Bogen und Pfeil &#x017F;tanden die Worte: &#x201E;das<lb/>
to&#x0364;dtet den rothen Schwan,&#x201C; u&#x0364;ber dem Schwert:<lb/>
&#x201E;das haut dem &#x017F;chwarzen Hund den Kopf herun-<lb/>
ter,&#x201C; und u&#x0364;ber der Zange: &#x201E;das kneift der grauen<lb/>
Katze den Kopf ab.&#x201C; &#x201E;Ach, &#x017F;agte der Furcht&#x017F;ame,<lb/>
wir wollen fort von hier,&#x201C; der Soldat aber:<lb/>
&#x201E;nein, wir wollen die Thiere auf&#x017F;uchen.&#x201C; Sie<lb/>
nahmen die Waffen von der Wand und gingen in<lb/>
die Ku&#x0364;che, da &#x017F;tanden die drei Thiere, der Schwan,<lb/>
der Hund und die Katze bei&#x017F;ammen, als ha&#x0364;tten &#x017F;ie<lb/>
was Bo&#x0364;&#x017F;es vor. Wie der Furcht&#x017F;ame das &#x017F;ah, lief<lb/>
er wieder fort; der Soldat &#x017F;prach ihm ein Herz<lb/>
ein, er hingegen wollte er&#x017F;t etwas e&#x017F;&#x017F;en; wie er<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[231/0252] ich nicht mit euch gehen.“ Als ſie zu der alten Frau kamen, hatte ſie ſich auch aufgerichtet: „Muͤtterchen, ſprachen ſie, wollt ihr mit uns hinaufgehen?“ — „Iſt die graue Katze noch oben in der Kuͤche?“ — „Ja, ſie ſitzt auf dem Heerd bei einem Topf und kocht.“ — „Das iſt traurig, eh ihr nicht den rothen Schwan, den ſchwarzen Hund und die graue Katze toͤdtet, koͤn- nen wir nicht aus dem Keller heraus.“ Als die zwei Geſellen wieder oben in die Kuͤche kamen, wollten ſie die Katze ſtreicheln, ſie machte aber feurige Augen und ſah ganz wild aus. Nun war noch eine kleine Kammer uͤbrig, in der ſie nicht geweſen waren, wie ſie die aufmachten, war ſie ganz leer, nur an der Wand ein Bogen und Pfeil, ein Schwert und eine Eiſen-Zange. Ueber Bogen und Pfeil ſtanden die Worte: „das toͤdtet den rothen Schwan,“ uͤber dem Schwert: „das haut dem ſchwarzen Hund den Kopf herun- ter,“ und uͤber der Zange: „das kneift der grauen Katze den Kopf ab.“ „Ach, ſagte der Furchtſame, wir wollen fort von hier,“ der Soldat aber: „nein, wir wollen die Thiere aufſuchen.“ Sie nahmen die Waffen von der Wand und gingen in die Kuͤche, da ſtanden die drei Thiere, der Schwan, der Hund und die Katze beiſammen, als haͤtten ſie was Boͤſes vor. Wie der Furchtſame das ſah, lief er wieder fort; der Soldat ſprach ihm ein Herz ein, er hingegen wollte erſt etwas eſſen; wie er

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/252
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/252>, abgerufen am 23.12.2024.