mit einem Schwert, das hinter seinem Lager ver- borgen ist. "Nein, sagte sie, das thue ich nicht, der Löwe ist doch immer gut gegen mich gewesen." Da sprach der Frosch: "wenn du das nicht thust, wirst du nimmermehr deinen Bruder wiedersehen, und dem Löwen selber thust du auch kein Leid da- mit an." Da faßte sie Muth, nahm die Pastete und brachte sie dem Löwen. "Die sieht ja recht gut aus," sagte der Löwe, schnupperte daran und fing gleich an einzubeißen, aß sie auch ganz auf. Wie er nun fertig war, fühlte er eine Müdigkeit und wollte ein wenig schlafen; also sprach er zur Prinzessin: "komm und setz dich neben mich und krau mir ein Bischen hinter den Ohren, bis ich eingeschlafen bin." Da setzt sie sich neben ihn, kraut ihn mit der Linken und sucht mit der Rech- ten nach dem Schwert, welches hinter seinem Bette liegt. Wie er nun eingeschlafen ist, so zieht sie es hervor, drückt die Augen zu und haut mit einem Streich dem Löwen den Kopf ab. Wie sie aber wieder hinblickt, da war der Löwe verschwun- den und ihr lieber Bruder stand neben ihr, der küßte sie herzlich und sprach: "du hast mich er- löst, denn ich war der Löwe und war verwünscht es so lang zu bleiben, bis eine Mädchenhand aus Liebe zu mir dem Löwen den Kopf abhauen würde." Darauf gingen sie miteinander in den Garten und wollten dem Frosch danken, wie sie aber ankamen, sahen sie, wie er nach allen Seiten herumhüpfte
mit einem Schwert, das hinter ſeinem Lager ver- borgen iſt. „Nein, ſagte ſie, das thue ich nicht, der Loͤwe iſt doch immer gut gegen mich geweſen.“ Da ſprach der Froſch: „wenn du das nicht thuſt, wirſt du nimmermehr deinen Bruder wiederſehen, und dem Loͤwen ſelber thuſt du auch kein Leid da- mit an.“ Da faßte ſie Muth, nahm die Paſtete und brachte ſie dem Loͤwen. „Die ſieht ja recht gut aus,“ ſagte der Loͤwe, ſchnupperte daran und fing gleich an einzubeißen, aß ſie auch ganz auf. Wie er nun fertig war, fuͤhlte er eine Muͤdigkeit und wollte ein wenig ſchlafen; alſo ſprach er zur Prinzeſſin: „komm und ſetz dich neben mich und krau mir ein Bischen hinter den Ohren, bis ich eingeſchlafen bin.“ Da ſetzt ſie ſich neben ihn, kraut ihn mit der Linken und ſucht mit der Rech- ten nach dem Schwert, welches hinter ſeinem Bette liegt. Wie er nun eingeſchlafen iſt, ſo zieht ſie es hervor, druͤckt die Augen zu und haut mit einem Streich dem Loͤwen den Kopf ab. Wie ſie aber wieder hinblickt, da war der Loͤwe verſchwun- den und ihr lieber Bruder ſtand neben ihr, der kuͤßte ſie herzlich und ſprach: „du haſt mich er- loͤſt, denn ich war der Loͤwe und war verwuͤnſcht es ſo lang zu bleiben, bis eine Maͤdchenhand aus Liebe zu mir dem Loͤwen den Kopf abhauen wuͤrde.“ Darauf gingen ſie miteinander in den Garten und wollten dem Froſch danken, wie ſie aber ankamen, ſahen ſie, wie er nach allen Seiten herumhuͤpfte
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mit einem Schwert, das hinter ſeinem Lager ver-
borgen iſt. „Nein, ſagte ſie, das thue ich nicht,
der Loͤwe iſt doch immer gut gegen mich geweſen.“
Da ſprach der Froſch: „wenn du das nicht thuſt,
wirſt du nimmermehr deinen Bruder wiederſehen,
und dem Loͤwen ſelber thuſt du auch kein Leid da-
mit an.“ Da faßte ſie Muth, nahm die Paſtete
und brachte ſie dem Loͤwen. „Die ſieht ja recht
gut aus,“ ſagte der Loͤwe, ſchnupperte daran und
fing gleich an einzubeißen, aß ſie auch ganz auf.
Wie er nun fertig war, fuͤhlte er eine Muͤdigkeit
und wollte ein wenig ſchlafen; alſo ſprach er zur
Prinzeſſin: „komm und ſetz dich neben mich und
krau mir ein Bischen hinter den Ohren, bis ich
eingeſchlafen bin.“ Da ſetzt ſie ſich neben ihn,
kraut ihn mit der Linken und ſucht mit der Rech-
ten nach dem Schwert, welches hinter ſeinem
Bette liegt. Wie er nun eingeſchlafen iſt, ſo zieht
ſie es hervor, druͤckt die Augen zu und haut mit
einem Streich dem Loͤwen den Kopf ab. Wie ſie
aber wieder hinblickt, da war der Loͤwe verſchwun-
den und ihr lieber Bruder ſtand neben ihr, der
kuͤßte ſie herzlich und ſprach: „du haſt mich er-
loͤſt, denn ich war der Loͤwe und war verwuͤnſcht
es ſo lang zu bleiben, bis eine Maͤdchenhand aus
Liebe zu mir dem Loͤwen den Kopf abhauen wuͤrde.“
Darauf gingen ſie miteinander in den Garten und
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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/247>, abgerufen am 23.12.2024.
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