freute. Nun gab sie ihm zu essen und zu trin- ken und sprach: "geh nun heim, dein Pferd geb' ich dir nicht mit, in drei Tagen aber komm' ich und bring' dir's nach;" also ging Hans heim und sie zeigte ihm den Weg zur Mühle. Sie hatte ihm aber nicht einmal ein neu Kleid gege- ben, sondern er mußte sein altes lumpichtes Kit- telchen behalten, das er mitgebracht hatte, und das ihm in den sieben Jahren überall zu kurz ge- worden war. Wie er nun heim kam, da waren die beiden andern Müllerburschen auch wieder da, jeder hatte zwar ein Pferd mitgebracht, aber des einen seins war blind, des andern seins lahm. Sie fragten ihn: "Hans, wo hast du dein Pferd?" -- "In drei Tagen wird's nachkom- men." Da lachten sie und sagten: "ja, du Hans, wo willst du ein Pferd herkriegen, das wird was rechtes seyn!" Hans ging in die Stube, der Müller sagte aber, er sollte nicht an den Tisch kommen, er wär' zu zerrissen und zerlumpt, man müßte sich schämen, wenn jemand herein käme. Da gaben sie ihm sein Bischen Essen hinaus, und wie sie Abends schlafen gingen, wollten ihm die zwei andern kein Bett geben, und er mußte end- lich in's Gänseställchen kriechen und sich auf ein wenig Stroh hineinlegen. Am Morgen, wie er aufwacht, sind schon die drei Tage herum, und es kommt eine Kutsche mit sechs Pferden, ei! die glänzten, daß es schön war und ein Bedienter der
freute. Nun gab ſie ihm zu eſſen und zu trin- ken und ſprach: „geh nun heim, dein Pferd geb’ ich dir nicht mit, in drei Tagen aber komm’ ich und bring’ dir’s nach;“ alſo ging Hans heim und ſie zeigte ihm den Weg zur Muͤhle. Sie hatte ihm aber nicht einmal ein neu Kleid gege- ben, ſondern er mußte ſein altes lumpichtes Kit- telchen behalten, das er mitgebracht hatte, und das ihm in den ſieben Jahren uͤberall zu kurz ge- worden war. Wie er nun heim kam, da waren die beiden andern Muͤllerburſchen auch wieder da, jeder hatte zwar ein Pferd mitgebracht, aber des einen ſeins war blind, des andern ſeins lahm. Sie fragten ihn: „Hans, wo haſt du dein Pferd?“ — „In drei Tagen wird’s nachkom- men.“ Da lachten ſie und ſagten: „ja, du Hans, wo willſt du ein Pferd herkriegen, das wird was rechtes ſeyn!“ Hans ging in die Stube, der Muͤller ſagte aber, er ſollte nicht an den Tiſch kommen, er waͤr’ zu zerriſſen und zerlumpt, man muͤßte ſich ſchaͤmen, wenn jemand herein kaͤme. Da gaben ſie ihm ſein Bischen Eſſen hinaus, und wie ſie Abends ſchlafen gingen, wollten ihm die zwei andern kein Bett geben, und er mußte end- lich in’s Gaͤnſeſtaͤllchen kriechen und ſich auf ein wenig Stroh hineinlegen. Am Morgen, wie er aufwacht, ſind ſchon die drei Tage herum, und es kommt eine Kutſche mit ſechs Pferden, ei! die glaͤnzten, daß es ſchoͤn war und ein Bedienter der
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freute. Nun gab ſie ihm zu eſſen und zu trin-
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ich dir nicht mit, in drei Tagen aber komm’ ich
und bring’ dir’s nach;“ alſo ging Hans heim
und ſie zeigte ihm den Weg zur Muͤhle. Sie
hatte ihm aber nicht einmal ein neu Kleid gege-
ben, ſondern er mußte ſein altes lumpichtes Kit-
telchen behalten, das er mitgebracht hatte, und
das ihm in den ſieben Jahren uͤberall zu kurz ge-
worden war. Wie er nun heim kam, da waren
die beiden andern Muͤllerburſchen auch wieder da,
jeder hatte zwar ein Pferd mitgebracht, aber des
einen ſeins war blind, des andern ſeins lahm.
Sie fragten ihn: „Hans, wo haſt du dein
Pferd?“ — „In drei Tagen wird’s nachkom-
men.“ Da lachten ſie und ſagten: „ja, du
Hans, wo willſt du ein Pferd herkriegen, das
wird was rechtes ſeyn!“ Hans ging in die Stube,
der Muͤller ſagte aber, er ſollte nicht an den Tiſch
kommen, er waͤr’ zu zerriſſen und zerlumpt, man
muͤßte ſich ſchaͤmen, wenn jemand herein kaͤme.
Da gaben ſie ihm ſein Bischen Eſſen hinaus, und
wie ſie Abends ſchlafen gingen, wollten ihm die
zwei andern kein Bett geben, und er mußte end-
lich in’s Gaͤnſeſtaͤllchen kriechen und ſich auf ein
wenig Stroh hineinlegen. Am Morgen, wie er
aufwacht, ſind ſchon die drei Tage herum, und
es kommt eine Kutſche mit ſechs Pferden, ei! die
glaͤnzten, daß es ſchoͤn war und ein Bedienter der
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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/139>, abgerufen am 19.12.2024.
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